Zum Semesterstart: Tipps für Studenten in der Region

15.10.2018, 14:49 Uhr
Zum Semesterstart: Tipps für Studenten in der Region

© Foto: Tina Brandl

In eine andere Stadt ziehen

Ich hatte gute Gründe, in Erlangen zu studieren. Und auch, in Nürnberg zu wohnen. Wie viel Zeit ich im Bus nach Erlangen verbracht habe, möchte ich allerdings gar nicht mehr nachrechnen. Und wie viel Geld die Semesterkarten gekostet haben, schon gar nicht. Was ich verpasst habe: Wirklich richtiges Studentenleben mit Stammkneipen, Treffen in Parks, Angeboten der Uni, die ich nicht wahrgenommen habe, weil ich irgendwann abends auch mal nach Hause wollte. Oder am Wochenende nicht auch noch nach Erlangen fahren wollte.

Im Nachhinein hätte ich aber nicht nur dort wohnen sollen, sondern die Chance nutzen sollen, in eine andere Stadt zu gehen. Das wäre sicher nicht einfach geworden, aber ich wäre gezwungen gewesen, mich an meine Mitstudenten zu hängen, in einer WG zu wohnen, zum Unisport zu gehen und so weiter. Einfach, um Anschluss zu finden. Im Ausland wäre das noch viel interessanter gewesen, dort gibt es teilweise auch mehr Campusleben als in deutschen Uni-Städten. Und genau das hat mir immer etwas gefehlt.

Durchgreifen bei Gruppenarbeiten

"Verlassen Sie den Raum bitte möglichst ruhig – nicht, dass der erste Referent aufwacht." An diesen Satz eines Dozenten kann ich mich auch nach Jahren noch ganz genau erinnern. Und an den ersten Referenten – nennen wir ihn einfach Markus – auch. Nicht, weil er besonders gut, schlau, lustig oder attraktiv gewesen wäre. Nein, er war einfach eine Zumutung, und ich war mit ihm in einer Referatsgruppe. Schon die Absprachen, wer nun welchen Teilaspekt bearbeiten soll, waren eine Katastrophe. Markus hatte nämlich nie Zeit.

Das Ende vom Lied war, dass ich zusammen mit der dritten Referentin seinen Vortrag eben auch ausgearbeitet habe – am Abend vor dem Termin haben wir ihm alles per Mail geschickt. Nachdem er den Vortrag dann brav abgelesen hatte, hat er im Seminar dann ein Nickerchen eingelegt. Das Ergebnis: mehr Arbeit für mich, eine schlechtere Note gab es trotzdem, schließlich macht so eine Referatsgruppe nicht gerade den besten Eindruck. Klar, man soll in der Uni auch lernen, mit Menschen auszukommen, die nicht angenehm sind – ich hätte aber auch lernen müssen, einfach mal durchzugreifen. Den Kerl härter angehen und im Notfall eben verpetzen – wäre für mich wohl die stressfreiere Variante gewesen.

Nicht verrückt machen lassen

Die Uni ist ein seltsamer Ort. Ein Ort, an dem große Karrieren starten, Träume zerplatzen und die Angst vor dem Scheitern ebenso allgegenwärtig ist wie die Hoffnung auf ein erfülltes Leben. Sieben Jahre habe ich diesen Ort besucht, manchmal auch nur dort ausgehalten. Ich kann mich noch gut an den Moment zu Beginn meines Studiums erinnern, als mir ein Professor, nachdem ich eine seiner Fragen falsch beantwortet hatte, den schönen Satz mit auf den Weg gab: "Wenn Sie nicht einmal das verstanden haben, sehe ich schwarz für Sie." Oder als mir eine Dozentin mit bedeutungsschwangerer Miene mitteilte, dass ein ECTS-Punkt 30 Arbeitsstunden erfordern soll.

Hält man sich an die Vorgabe von 30 ECTS pro Semester, kämen so jedes Mal 900 Stunden zusammen. Fristen, Termine, Prüfungen, Durchfallquoten, Hausarbeiten – jedes dieser Worte besitzt für Erstsemester eine Menge Angstpotential. Einschüchtern lassen sollte sich davon jedoch niemand. Wer Vorlesung und Übungen regelmäßig besucht und in der Lage ist, den Onlineauftritten der Fakultäten und Institute die für ihn wichtigen Informationen zu entnehmen, kann entspannt durchatmen.

Und selbst wenn es einmal doch nicht so klappt wie gedacht, gibt es immer noch Möglichkeiten, die Dinge zum Guten zu wenden. Studienzeitverlängerung, Fachwechsel oder Härtefallantrag sind nur einige der Stichworte. Der Professor, der mir einen eher unglücklichen Verlauf meines Studiums prognostizierte, betreute ein paar Jahre später übrigens meine Zulassungsarbeit. Note: Sehr gut. In diesem Sinne: Lasst euch nicht verrückt machen!

Arbeit teilen und Zeit sparen

Zwar ist im Studium genügend Platz für Einzelkämpfer, doch machen die es sich unnötig schwer. Denn, das habe ich aber leider erst nach dem Ende meiner Unizeit erkannt, die Arbeit lässt sich auch verteilen. Nicht jeder muss alle vier Texte à 50 Seiten für das nächste Seminar lesen. Sinnvoller ist es, diese einzeln zu vergeben. Der Ausgewählte soll dann die wichtigsten Thesen extrahieren, niederschreiben – aber bitte per PC, damit man es auch lesen kann – und an die anderen verteilen.

Wenn dann noch Zeit bleibt und Interesse besteht, kann sich jeder auch die anderen Texte zu Gemüte führen und sich per Skript durch den Text hangeln. Im Seminar geht es dem Dozenten in den meisten Fällen nur um die Hauptthesen des Autors. Nach Feinheiten wird kaum gefragt. Das Kniffligste am Arbeitsaufteil-Appell ist es, die richtigen Leute zu finden, die nicht nur von der Aufteilung profitieren wollen, sondern der Gruppe auch etwas zurückgeben. Spätestens im zweiten Semester kennt man diesbezüglich aber die anderen Kommilitonen sehr gut.

Keinen Nebenjob machen

Was habe ich mich damals beeilt – nach der Vorlesung schnell zurück nach Nürnberg fahren und dort dann für 7 Euro und 2 Cent in der Stunde Modeschmuck verkaufen. Hätte ich die Zeit in die Uni gesteckt, sie wäre garantiert besser investiert gewesen. Nebenjobs sind schön und gut – aber man sollte sie mit Bedacht auswählen.

Was bringt es etwa einem angehenden Geologen, wenn er besonders gut Pizza servieren kann? Wie profitiert eine Politikwissenschaftlerin von Modekenntnissen? Und warum muss sich ein BWLer für wenig Geld hinter irgendeine Bar stellen? Würde ich noch einmal studieren, ich würde meine Nebenjobs sorgfältiger auswählen. Kann ich meine Kenntnisse aus dem Studium einbringen? Kann ich wichtige Kontakte knüpfen? Brauche ich das Geld überhaupt, oder lerne ich lieber mehr für die Uni? Das sind die Fragen, die ich mir heute stellen würde. In der Pizzeria oder dem Schmuckgeschäft würde ich damit heute nicht mehr landen.

Ins Ausland gehen

Es gibt viele Gründe, die dagegen sprechen. In meinem Studiengang war ein Auslandssemester nicht vorgesehen. Dadurch hätte ich erst ein Jahr später die nächsten Kurse belegen können. Ich hätte meinen Abschluss nicht mit meinen Kommilitonen – inzwischen Freunden – feiern können. Wenn ich im Ausland studiert hätte, hätte ich meinen Freund lange nicht gesehen. Und es wäre sicher schwierig gewesen, Journalismus in einer fremden Sprache zu studieren.

Aber ein Grund spricht eindeutig dafür: Es ist nie wieder so einfach, in einem anderen Land zu leben wie während des Studiums. Nutzt diese Chance! An jeder Hochschule gibt es einen Ansprechpartner, der bei der Organisation hilft. Gaststudenten bekommen schneller einen Wohnheimplatz, es gibt Willkommensfeiern und jede Menge Gleichaltrige, mit denen ihr Land und Leute kennenlernt. Die drei bis vier Monate im Ausland gehen rasend schnell vorbei. Die Erfahrung bleibt ein Leben lang.

Mehr über den Tellerrand schauen

In meinem Abschlusszeugnis steht noch "Diplom". Was hatte ich im Vergleich zu meiner WG-Mitbewohnerin, die sich modularisiertes Lehramt antat, nicht für ein entspanntes Leben: Nur eine Hausarbeit pro Semester statt sieben Prüfungen, keine Anwesenheitspflicht und freitags immer frei. Was man in dieser Zeit alles anfangen könnte! Sich was zum Studium dazuverdienen, eine Fremdsprache lernen, ein Zweitstudium beginnen. Das mit dem Nebenjob habe ich gemacht, Portugiesisch aber schnell wieder fallen lassen.

Und zu einem Zweitstudium habe ich es auch nie gebracht, dafür aber wenigstens in einige Neuere-und-neueste-Geschichte-Vorlesungen, obwohl ich Germanistik studiert habe. Und genau dafür sollte man sich Zeit nehmen oder Platz schaffen, selbst wenn das Bachelor-Studium fast keinen Raum dafür bietet: Einen Blick über den Tellerrand des eigenen Studiums wagen. Sich Vorlesungen anhören in Gebieten, die einen schon immer interessiert haben, egal ob Orientalistik, Archäologie, Kunstgeschichte oder BWL. Denn wo sonst als an der Uni gibt es so viele verschiedene Bildungsangebote – und das auch noch kostenlos?

Den Anfang nicht verpassen

Hätte ich die Möglichkeit, mein Studium noch einmal zu beginnen, würde ich mich mehr reinhängen. Vor allem am Anfang. Ich dachte immer, die ersten Noten wären nicht so wichtig. Es kommen ja noch so viele Semester, habe ich mir gedacht. Jetzt betrachte ich meinen Notenspiegel und ärgere mich darüber, obwohl ich nie so sehr auf Noten fixiert war. Aber es wäre mehr drin gewesen. Manche Sachen habe ich zu locker genommen, dafür andere Dinge überbewertet. Ich war faul, aber nicht faul genug, und an der falschen Stelle pflichtbewusst.

Zwar war ich nie der typische Partystudent. aber ich hätte zumindest ab und zu einer sein sollen. Denn was hat es mir tatsächlich gebracht, abends zu meinen Mitbewohnern im Wohnheim zu sagen: "Nein, zum Feiern komme ich nicht mehr mit, ich habe morgen früh Vorlesungen bei denen ich nicht fehlen sollte." Rein gar nichts. Das Studium ist die letzte Station vor dem Berufsleben. Der ein oder andere Exzess mehr hätte es daher ruhig sein dürfen. Bald ist damit nämlich Schluss. Etwas mehr Einsatz auf der einen Seite, dann wäre auch für angemessene Trägheit auf der anderen Seite Zeit gewesen.

Mehr auf Studentenpartys gehen

Studieren bedeutet, Bücher in der Bibliothek zu wälzen, seitenlange Hausarbeiten zu schreiben und die Dinge so zu sehen, wie die Professoren. Dramatisch ausgedrückt: Das Studium ist kein Zuckerschlecken. Allerdings geht es in dieser turbulenten Phase des Lebens nicht nur um das Anhäufen von Wissen für das spätere Berufsleben. Es geht auch um das Formen des eigenen Charakters. Dazu müssen Studenten Erfahrungen sammeln – und zwar auch außerhalb des Hörsaals.

In jeder Studentenstadt gibt es – täglich – Partys. Gefeiert wird in WGs, Wohnheimen, Bars, Diskotheken oder spontan auf dem Campus. Einen besonderen Anlass braucht es dafür nicht. Außenstehende schimpfen oft, dass Studenten zu viel feiern würden. Vielleicht trifft das auch zu. Allerdings haben Partys eine wichtige Funktion. Sie sind bedeutender Bestandteil der Persönlichkeitsbildung eines Studenten und zugleich Umschlagplatz für Informationen, Klatsch und Tratsch.

Studierende brauchen Leute um sich und müssen etwas erleben, um später im Leben ein gutes Netzwerk zu haben und taff genug zu sein. Jeder Student muss selbst entscheiden lernen, wo er seine persönliche Party-Grenze ziehen will. Den letzten Zehner im Geldbeutel noch für Schnaps ausgeben, der hübschen Bedienung zustecken oder lieber doch stecken lassen und am nächsten Tag in ein hilfreiches Buch für die Abschlussarbeit investieren? Egal wie die Entscheidung ausfällt, jeder wird daraus irgendeine Erkenntnis für sein späteres Leben ziehen. Schon allein deshalb haben Studentenpartys ihre Daseinsberechtigung.

Einfach mal den Professor fragen

Ich kam einfach nicht dahinter, welche zentrale Aussage der Autor treffen wollte. Ehrlich gesagt, verstand ich keine Zeile des Textes. Ich suchte nach Sekundärliteratur in der Bibliothek. Doch auch die war reinstes Kauderwelsch. Ich besorgte mir daher Sekundärliteratur für die Sekundärliteratur – und begann zu verzweifeln. Schließlich schlurfte ich zu meinem Professor und fragte, ob er mir erklären könne, was mir der Autor eigentlich sagen wolle.

Zu meiner Überraschung war er sogar dankbar, dass ein Student etwas genauer wissen wollte. Die Lehre, die ich daraus gezogen habe: Studenten sollten ihre Professoren viel häufiger fragen, wenn sie mit Lerninhalten Schwierigkeiten haben. Dazu sind sie da. Dafür werden sie bezahlt. Professoren sind nicht nur Lehrende, sondern auch Dienstleister.

Nicht zu viel vornehmen

Der perfekte Student bereitet alle Vorlesungen vor und nach, liest immer alle Texte und engagiert sich in verschiedenen Arbeitskreisen. Motiviert wie ich war, habe ich meinen Stundenplan im ersten Semester super vollgepackt. Morgens um halb neun zur Uni? Kein Problem! Vom Uni-Radio bis zur Menschenrechtsorganisation – ich war überall dabei. Aber schon nach der ersten Woche habe ich gemerkt: Das wird nichts. Das Studium an sich nahm schon extrem viel Zeit in Anspruch. Nachdem ich drei Treffen des Radioteams verpasst hatte, beschloss ich, es sein zu lassen. Je mehr Dinge ich absagen musste, desto größer wurde mein schlechtes Gewissen.

Dann kam die Prüfungszeit: Mir standen sechs Prüfungen in zwei Wochen bevor, die ich natürlich alle bestehen wollte. In den Weihnachtsferien wollte ich alle Texte und Skripte durcharbeiten – und unterschätzte den Umfang total. Der folgende Monat wurde extrem stressig. Ich bestand fünf der sechs Klausuren – aber die Noten waren wenig berauschend. Im Nachhinein würde ich mir weniger vornehmen und mich lieber auf ein paar Sachen konzentrieren. Es reicht völlig, nur bei einem Arbeitskreis mitzuwirken und sich dafür dort richtig zu engagieren. Und es ist auch nicht schlimm, nicht alle Vorlesungen und Seminare im ersten Semester zu belegen, wenn man sich dafür bei einigen ausgesuchten Mühe gibt und gut abschließt. Das erste Semester ist oft überfordernd, aber spätestens im dritten Semester schmunzelt man über seine Fehler.

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