Sanierungsfall Nürnberger Opernhaus

6.3.2012, 12:28 Uhr
Sanierungsfall Nürnberger Opernhaus

© Harald Sippel

Es mag ja sein, dass in Eurokrisen-Zeiten, wo die Milliarden nachrichtlich nur so umeinander schwirren, Millionenbeträge ihre Schrecken verlieren. Aber eine Kleinigkeit sind sie dennoch nicht. Von den rund 700 Millionen Euro für Baumaßen, die Kunstminister Wolfgang Heubisch (FDP) in den nächsten Jahren in die Sanierung verschiedenster Kultureinrichtungen in Bayern stecken will, sollen insgesamt rund 25 Millionen in das neue Tiefgebäude für das Germanische Nationalmuseum fließen. Darin werden ein Depot und technische Einrichtungen untergebracht. Freistaat und Bund teilen sich die Kosten für den Bau, der bis 2016 fertiggestellt sein soll, im Verhältnis zwei Drittel zu einem Drittel.

Gleich nebenan, im Opernhaus, hatte man vor Jahren die Idee, sich an diesem Tiefbau zu beteiligen und damit eine Lösung für eine erneuerte Unterbühne mit moderner Hydraulik und die fehlenden Stauflächen für Bühnenbilder des Musiktheaters zu ermöglichen. Aber daraus wurde nichts.

Erbauungszustand 1905

Auch wenn die historistische Hülle des Hauses am Frauentorgraben seit der letzten Generalsanierung von 1995 bis 1998 wunderbar erstrahlt, im Innern häufen sich die Sanierungsfälle. Die Heizungsanlage entspricht dem Erbauungszustand von 1905 und ist energetisch einfach nicht mehr haltbar. Die Obermaschinerie wird vom Technischen Überwachungsverein (TÜV) von Spielzeit zu Spielzeit nur noch zähneknirschend für den laufenden Betrieb genehmigt. „Hier sanieren wir aber bereits mit Bordmitteln“, erläutert Christian Ruppert, der geschäftsführende Direktor des Staatstheaters.

Das größte Problem des Opernhauses, das bei seiner Errichtung eines der modernsten in Europa war, ist für die Zuschauer unsichtbar: Die kaum vorhandene Hinterbühne. Sie ist für zweidimensionale Rollenbühnenbilder ausgelegt, wie sie am Anfang des 20. Jahrhunderts noch üblich waren.

Heutzutage baut man Bühnenbilder für Opern, Operetten, Musicals und Ballette dreidimensional und oft sehr komplex. Die passen aber nicht mehr durch den höchstens 1,80 Meter breiten Durchlass vom Stauraum auf die Bühne. Folglich müssen die Bauten nicht nur zerlegbar sein, sondern ihr Auf- und Abbau ist zeit- wie personalintensiv, was sich wiederum massiv auf die Kosten auswirkt. Hier könnten Baumaßnahmen helfen, letztlich große Posten einzusparen.

Um eine grundlegende Sanierung des Opernhauses, wie sie etwa auch derzeit beim Münchner Gärtnerplatz-Theater für 71 Millionen Euro angegangen wird, kommt man nicht mehr herum. Das weiß auch der Freistaat. Allerdings können dafür keine Mittel aus dem Heubisch-Etat entnommen werden, weil die Stiftungssatzung des Staatstheaters vorsieht, dass Gelder für den Bauunterhalt ausschließlich aus dem Finanzausgleichsgesetz (FAG) entnommen werden können.

Hoffnungen auf Söder

Und die verteilt das Finanz- und nicht das Kunstministerium. Oberster Finanzhüter in Bayern ist derzeit ein Nürnberger und der sitzt seit kurzem auch im Stiftungsrat der Bühne. Entsprechend große Hoffnungen liegen hier auf Markus Söder.

Wenn es zu der nötigen Sanierung kommt, rechnet Theaterfinanzchef Christian Ruppert mit einer Schließung des Opernhauses für zwei bis drei Spielzeiten. Da stellt sich die Frage nach einer Ersatzspielstätte. Kulturreferentin Julia Lehner warnt vor einer Zeltlösung wie sie derzeit in Heidelberg praktiziert wird. „Wir müssen da auf Nachhaltigkeit bei der Verwendung der Mittel achten“, ist ihr Argument. Denkbar wäre für die CSU-Politikerin ein Übergangsasyl für das Musiktheater in der Meistersingerhalle.

Aber noch hat die Referentin nicht einmal die Mittel dafür, das städtische Hochbauamt die etwaigen Kosten für die Gesamtmaßnahme Opernhaus berechnen zu lassen.

Immerhin: Die Ausschreibung für das dringend benötigte Werkstätten- und Magazingebäude ist in vollem Gange. Bis Ende April können für das Projekt Angebote unterbreitet werden, das in „öffentlich-privater Partnerschaft“ (ÖPP) finanziert werden soll. Wo der Bau errichtet wird, steht erst fest, wenn ein Anbieter den Zuschlag erhält, denn der muss das Gelände mitbringen. Christian Ruppert rechnet mit einem Baubeginn noch in diesem Herbst und mit einem Bezug im Sommer kommenden Jahres. Zur Zeit sind die Werkstätten und Teile des Magazins auf einem ehemaligen Industriegelände in der Südstadt zur Miete ausgelagert. Vor allem für Heizkosten gibt das Theater in den unisolierten Räumen immense Kosten aus.

Energetisch saniert werden sollen auch die denkmalgeschützten Gebäude der Nürnberger Kunstakademie an der Bingstraße. Hierfür, für die Sanierung des Zuleitungskanals und die Errichtung eines Neubaus will der Freistaat 24 Millionen Euro aufwenden (wir berichteten). Der bald 350-jährigen Akademie kam ihr Jubiläum hilfreich entgegen. Im Februar feierte man Richtfest für den Neubau und auch für die anderen Maßnahmen wurden bereits Planungsaufträge erteilt.

Wenn es soweit auch bei der Oper wäre, würde man in der Intendanz drei Kreuze schlagen. Noch übt sich Christian Ruppert in Diplomatie und spricht von einem „Zeitpunkt X“. Aber vielleicht schafft der TÜV — ähnlich wie beim Schauspielhaus — einfach Fakten, die kein Politiker verschieben kann...
 

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