Sensationsfund aus Eiche in Langenzenn

23.8.2015, 13:00 Uhr
Sensationsfund aus Eiche in Langenzenn

© Foto: Brigitte Riemann

Wo ein Archäologe innerhalb der Langenzenner Altstadt zu graben beginnt, ist fast egal, er findet immer etwas. Siedlungsfunde aus dem Stadtgebiet belegen, dass an der Zenn schon in der Mittelsteinzeit Menschen gelebt haben. Es geht den Historikern und Archäologen aber nicht darum, irgendetwas zu finden, sondern sie wollen die Lücken in der Geschichte schließen.

In besiedelten Gebieten kann der Abriss alter Gebäude zum Glücksfall für die Wissenschaftler werden. Umso mehr, wenn ein Gebiet vorübergehend frei wird, von dem bereits bekannt ist, dass sich ein wichtiger Fund in der Erde befindet, wie es bei dem Grundstück an der Langenzenner Milchgasse der Fall ist.

Als hier in den 1960er Jahren eine Wasserleitung verlegt wurde, entdeckte der historisch interessierte Bauarbeiter Reinhold Hitschfel eine Gitterkonstruktion aus mächtigen Eichenbalken. Akribisch zeichnete er seine Entdeckung auf, denn er war davon überzeugt, dass er das Fundament eines alten Gebäudes entdeckt hatte.

Der damalige Heimat- und Denkmalpfleger Martin Weber war sich schnell sicher, dass Hitschfel den Standort einer lange vermuteten Mühle gefunden hatte, denn aus historischen Aufzeichnungen ist bekannt, dass sich im Langenzenner Stadtgebiet einmal eine Mühle befunden haben muss. Genauso sicher ist, dass die Zenn im 14. Jahrhundert für den Bau der Stadtmauer ein Stück nach Norden verlegt wurde, die Mühle kann also durchaus an der heutigen Milchgasse gestanden haben.

Als dort vergangenes Jahr Gebäude abgerissen wurden, beschloss der Stadtrat eine erneute Untersuchung. In den Pfingstferien startete das Team des Archäologen Dr. Thomas Liebert genau an der von Reinhold Hitschfel genannten Stelle mit den Grabungen. Mühselig trugen sie Schicht für Schicht ab und zum Vorschein kam: nichts. Aber auch keine Wasserleitung, bei deren Verlegung Hitschfel das alte Eichenholzgitter entdeckt hatte.

Deshalb wagte Liebert an anderer Stelle einen zweiten Anlauf. Er stieß auf besagte Wasserleitung und darunter auf die dicken Eichenbalken. „Ein absoluter Sensationsfund. Das Holz ist wie neu“, erklärt der Archäologe, der auf mittelalterliche Feuchtbodenfunde spezialisiert ist.

Haltbar im feuchten Boden

„Die Leute damals wussten, dass nasses Eichenholz im Boden ewig hält.“ Deshalb errichteten die damaligen Bauherren auf dem feuchten Boden zunächst ein Eichenholzfundament, das sie zusätzlich durch senkrecht in den Boden gerammte Pfähle sicherten.

Was die Forscher jedoch verblüffte, war die hervorragende Zimmermannskunst: „Statt die Balken einfach übereinander zu legen, was durchaus genügt hätte, sind sie aufwändig miteinander verzahnt.“ Eine weitere Auffälligkeit sind die mächtigen Steinquader, die wie eine Mauer auf dem Holz liegen. Für eine einfache Hauswand sind sie nach Einschätzung der Fachleute zu dick. Stand hier vielleicht ein wesentlich bedeutenderes Bauwerk als eine Mühle?

Schon länger wird in Fachkreisen vermutet, dass es in Langenzenn bereits vor der jetzigen Stadtmauer einen Befestigungsring gegeben haben muss. Einige Indizien sprechen dafür: Bereits um 1360 gab es in Langenzenn eine Münzpräge, also muss die Stadt schon damals gesichert gewesen sein. Des Weiteren erzählt ein Schriftstück aus der Zeit des Städtekrieges (1387 – 1389) von der Einnahme einer „gemauerten“ Stadt, was auch auf eine Mauer hinweist.

Gleichzeitig scheinen Holzfunde, die vermutlich das Fundament des oberen Tores in Langenzenn bildeten, wesentlich jünger zu sein, sie wurden auf die Zeit um 1400 datiert. Vielleicht wurde die aktuelle Mauer also erst nach der Zerstörung der Stadt im Städtekrieg gebaut? Und dann wesentlich großzügiger, als die alte, was wiederum dem damaligen sprunghaften Städtewachstum entspräche.

In der Erde bei der Milchgasse könnten also nicht die Reste einer Mühle entdeckt worden sein, sondern der Beweis, dass die Langenzenner Stadtmauer einen Vorgänger hatte. „Sicher wissen wir das aber erst, wenn das Alter des entdeckten Holzes durch eine Jahresringdatierung fest steht, aber es könnte passen“, erläutert Liebert mit dem Hinweis auf den parallelen Verlauf der gefundenen Mauerreste zur bestehenden Stadtmauer, 100 Meter weiter nördlich.

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