Sonnige Aussichten

10.7.2013, 16:00 Uhr
Sonnige Aussichten

© Michael Müller

Die Natur treibt die schönsten Blüten. Da ranken sich Erbsen um Gerstenhalme, Kornblumen und Hafer recken sich gen Himmel. Alles zusammen auf ein- und demselben Erdboden. Ein Stück heile Landschaft, das zwischen monotonen Maisäckern auf weiten Flächen Frankens selten geworden ist.

Bio-Bauer Gerald Weghorn aus Puschendorf im Landkreis Fürth hat auf einem Flecken Erde verschiedene Feldfrüchte zusammengesetzt. Seine Saat ist aufgegangen: Heute ist der Acker eine Augenweide an Artenreichtum. Wenn die Früchte blühen, sind sie ein Paradies für Insekten.

Natürlicher Kreislauf

Und noch mehr: Ohne Unkrautvernichter, nur mit Mist gedüngt, und mit einer durchdachten Fruchtfolge hat Bio-Bauer Weghorn nachhaltig gewirtschaftet. Vor allem aber wirft das Feld eiweißreiches Kraftfutter für seine Kälber ab. „So geht’s auch, bei mir ist das ein Kreislauf“, sagt er und schaut dabei etwas skeptisch auf die Busladung von Menschen, die an seinem Feldrand ausgesetzt worden sind.

Ein ganzer Bus voll sieht sich in Puschendorf an, was Frankens Bauern an Ernte heuer erwarten. Prächtigen Weizen vor allem, die Hauptgetreideart. Allen voran läuft Landwirtschaftsminister Helmut Brunner (CSU), im Schlepptau Ministeriumsmitarbeiter, Landtagsabgeordnete, die gesamte Spitze des Bayerischen Bauernverbands und weit mehr Menschen, die bei der Hitze den Schlips brav anbehalten haben. Eine hochoffizielle Fahrt zum Auftakt der Ernte, die dieses Wochenende in Unterfranken beginnt.

Erstmals hat es für den alljährlichen Termin Brunner und sein Gefolge auf fränkische Felder verschlagen. Keine einfache Sache. Denn trotz Sonnenschein und schönen Ernte-Aussichten sind die Bauern hier nicht bereit, alles aus dem Ministerium wortlos hinzunehmen.

Kampf um Flächen

Zwar sind die Ernteaussichten besser als in allen anderen Teilen Bayerns. Der Dauerregen im Mai hat die sonst trockenen Feldern in Franken in fruchtbare Böden verwandelt. Doch „nicht alles ist eitel Sonnenschein“, bemerkt Landwirt Hermann Höfler, der ebenfalls in Puschendorf einen Hof auf konventionelle Art betreibt.

Denn intakt ist die Natur in dem Landstrich längst nicht mehr. Die nächsten Maisfelder, monotone Energie-Äcker, liegen zwar außer Sichtweite, weil das Münchner Ministerium es so wollte. Aber Bauer Höfler und Weghorn erzählen trotzdem vom Konkurrenzkampf um Flächen.

„Wir verlieren die Pachtflächen reihenweise an Biogas-Erzeuger“, sagt Höfler. Bei den Preisen, die Biogasanlagen-Betreiber dafür bieten, könne der normale Landwirt nicht mehr mithalten. Dabei sind die Bauern auf die gepachteten Felder dringend angewiesen. „Zum Teil kommen wir schon nicht mehr an Stroh für die Ställe“, sagt Höfler. Landwirtschaftsminister Brunner mag darauf nicht wirklich eingehen: „Seit dem Erneuerbaren-Energien-Gesetz gibt es kaum mehr einen Zuwachs an Biogasanlagen“, erklärt er. Und weiter geht’s zum nächsten, gut bestellten Feld.

Denn an den Ernteaussichten gibt es nichts zu mäkeln. Weizen, Roggen und Gerste versprechen gute Erträge. Nach einem sonnenarmen Jahresanfang hat die Natur durch Regen und Sonne in Franken kräftig aufgeholt. Wenn das Wetter jetzt noch die nächsten Wochen warm bleibt, ist die Ernte perfekt.

Schlechter sieht es im Süden Bayerns aus: Auf 650 Quadratkilometern sei der Ertrag durch die Nässe beschädigt worden, sagt Brunner. Spargel- und Erdbeerpflanzen haben stark gelitten. Auch bei Mais, Kartoffeln und Zuckerrüben sind die Erntaussichten durch die späte Aussat und Nässe nur verhalten.

Bio-Landwirt Weghorn ist vom Wetter so abhängig wie all seine Kollegen. Jeden Tag schaut er ins Internet, wie es wird. Doch im Grunde braucht er weit mehr für seine Zukunft als Sonnenschein: „Ich brauch mehr Forschung im Bio-Bereich“, sagt er. Und: Ein paar Flächen im Umfeld, auf denen nicht gerade Mais steht.