1:0 - Club belohnt sich für besondere Dynamik

5.3.2012, 10:00 Uhr
1:0 - Club belohnt sich für besondere Dynamik

© Zink

Wie Kontraste aussehen, zeigte am Ende auch ein Blick aufs Spielfeld. Juan Arango und Marco Reus zum Beispiel, zwei der besten Fußballer der Bundesliga, die im Frankenstadion mit einem Selbstvertrauen angetreten waren, das für die Zuschauer bis auf die Oberränge hinauf spürbar war, erschöpften sich in kleinen Disputen – untereinander und mit den Kollegen.

Die Borussia, die schönste Überraschung dieser Spielzeit, hatte sich aufgerieben während eines Spiels, das vom Widerstandsgeist der Nürnberger geprägt war. Der Versuch, dieses beinahe perfekt abgestimmte Ensemble so lange am Spielen zu hindern, bis es aufgeben würde, war nach gut einer Stunde schon gelungen, und ein torloses Remis wäre eine schöne Belohnung für eine sehr disziplinierte und konzentrierte Verteidigungsarbeit gewesen.

Aber je länger die Partie dauerte, desto mehr verkehrten sich die Verhältnisse – bis zu dem Moment, als Dieter Heckings Assistenten tatsächlich auf die Idee kamen, „jetzt auf Sieg zu spielen“, wie der Cheftrainer hinterher berichtete. Zu diesem Zeitpunkt hätte Lucien Favre ein torloses Remis bereits als ein dem wechselseitigen Bemühen angemessenes Resultat betrachtet, wie der Mönchengladbacher Trainer später erklärte, aber alle Details und Statistiken waren am Ende doch bloß Makulatur, weil die schönsten Überraschungen beim Fußball die einzelnen, ganz besonderen Momente bleiben.

Hecking brachte Stürmer Albert Bunjaku für Mittelfeldspieler Jens Hegeler ins Spiel, als es fast vorüber war, und nur Augenblicke später leistete sich ein leicht frustrierter Arango einen etwas lässigen Zweikampf mit Philipp Wollscheid. Der Nürnberger setzte energisch nach und bediente Alexander Esswein, der, zu schnell für Martin Stranzl, über die linke Seite losrannte und flankte – Bunjakus Linksschuss aus zehn Metern schlug unhaltbar für Torwart Marc-Andre ter Stegen ein; das rund zwei Stunden zuvor noch völlig unvermutete Glück eines Heimsiegs gegen eine fußballerisch eigentlich überlegene Spitzenmannschaft war perfekt, und ein bisschen stand der Moment für den bisherigen Verlauf einer Saison, in der Nürnberg über harte, oft zähe, aber vor allem disziplinierte kollektive Arbeit wieder zu einem Team geworden ist, das es als Einheit mit fast allen aufnehmen kann.

Der dritte Sieg hintereinander hievte den Club auf Rang neun, neun Punkte beträgt der Vorsprung auf die Abstiegszone, „und jetzt“, erklärte Innenverteidiger Dominic Maroh, der neben Timmy Simons beste Nürnberger an diesem Tag, „haben wir auch den Glauben wieder, dass uns nach vorne etwas gelingen kann“. Von „unserer überragenden mannschaftlichen Geschlossenheit“ schwärmte der Schweizer Bunjaku, nachdem ihn die Kollegen beinahe erdrückt hatten vor Freude. Gerade Bunjaku hat besonders lange kämpfen müssen für diesen Augenblick, fast ein Jahr lang war er verletzt, vor zwei Jahren (beim 2:1 in Berlin) war ihm sein bis gestern letztes Tor gelungen – jetzt dankte er „dem Glück, dass ich in dem Moment da stehe“ und „dem ganzen Verein, unseren Fans und dem Trainerteam, das mir so geholfen hat“.

„Fast schon abgeschrieben“

Dieter Hecking gab den Dank zurück, ihr Glück, sagte er, hätten sich seine Fußballer verdient – an diesem Tag und als Belohnung für die letzten Monate, in denen auch dieser seriöse Trainer mit öffentlichen Zweifeln leben musste. „Er war von manchen ja fast schon abgeschrieben“, sagte Hecking über Albert Bunjaku, was man auch über den ganzen 1.FC Nürnberg schon ähnlich hätte sagen können. Und es war auch Heckings bekannt sicherer Blick für Strategien, der den bisher schönsten Saison-Erfolg erst ermöglicht hatte. Seine kleine Kurskorrektur zur Pause – Hegeler rückte neben Simons auf die Position vor der Abwehr-Viererkette – verschaffte Nürnberg mehr Spielanteile; der läuferische Aufwand, der bis dahin nicht unwesentlich darin bestanden hatte, eigene Ballverluste zu korrigieren, gewann an Effizienz, während die Gladbacher immer weniger Raum zur Spielgestaltung bekamen.

Er habe „noch nie ein Spiel mit so viel Ballbesitz für Mönchengladbach gesehen“, rätselte Lucien Favre, dem es noch etwas unerklärlicher war, wie wenig seine Elf daraus gemacht hatte. Ein einziges Mal, kurz nach Seitenwechsel, musste Nürnbergs Torwart Raphael Schäfer energisch eingreifen; gegen Arango klärte er glänzend, viel mehr kam nicht mehr.

„Es tut weh“, sagte Favre, nachdem der Rückstand aufs enteilte Dortmunder Meisterteam auf acht Punkte angewachsen war. Die schönen Frühlingsträume vom Meistertitel dürften jetzt beendet sein für eine Mannschaft, die noch vor einen Jahr als sicherer Absteiger in die zweite Liga gelten musste. Borussia Mönchengladbach ist eine Attraktion dieser Saison – und der 1.FC Nürnberg nutzte die besondere Gelegenheit zu zeigen, wie viel Freude Fußball auch mit dem Club machen kann.

Nürnberg: Schäfer – Feulner, Maroh, Wollscheid, Hlousek - Simons, Hegeler (84. Bunjaku) – Chandler (69. Eigler), Didavi (79. Cohen), Esswein – Pekhart.

Mönchengladbach: ter Stegen; Jantschke, Stranzl, Dante, Daems – Nordtveit (90. Brouwers), Neustädter – Reus, Arango – Hanke, de Camargo (81. Wendt).

Schiedsrichter: Welz (Wiesbaden) – Zuschauer: 45.675. – Tor: 1:0 Bunjaku (87.). – Gelbe Karten: Pekhart (5) / Daems (1).

 

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