1. FC Nürnberg: Die Zwei-Minuten-Explosion

23.2.2014, 13:33 Uhr
Kein ausgewiesener "Elfmeter-Killer", gegen Braunschweig aber der Held: Club-Kapitän Raphael Schäfer.

© Sportfoto Zink Kein ausgewiesener "Elfmeter-Killer", gegen Braunschweig aber der Held: Club-Kapitän Raphael Schäfer.

Minutenlang feierten sie in der Nordkurve, applaudierten, besangen ihren 1. FC Nürnberg. Auch etwa eine Viertelstunde nach der Partie wollte keiner das Grundig-Stadion verlassen. Raphael Schäfer wurde mit Sprechchören bejubelt, Javier Pinola auch. Es war das emotionalste Spiel der Saison. Vielleicht sogar der letzten Jahre. Auf jeden Fall aber ein enorm wichtiger Sieg im Abstiegskampf.

Sie haben gewankt, gewackelt, sind sogar gefallen. Dann aber stand der 1. FC Nürnberg wieder auf. Ob der Sieg verdient war, darüber lässt sich freilich streiten. Eintracht Braunschweig war nahezu die ganze Partie die bessere Mannschaft, scheiterte eher am eigenen Unvermögen als am Gegner. In den entscheidenden Momenten aber setzte der Club die richtigen Akzente. Und eben diese Momente spielten sich rund um den Elfmeterpunkt ab.

Drei Strafstöße wurden verschossen - ein Novum in der Bundesliga. Zweimal parierte Nürnbergs Raphael Schäfer, hielt den Club damit im Spiel. "Ich bin nicht gerade als Elfmetertöter bekannt", sagte Schäfer selbst später im aktuellen Sportstudio. "Natürlich bekommen wir die Schützen vom Torwarttrainer vorher zugesagt. Am Ende habe ich aber nach Gefühl entschieden." Und das Gefühl beim 1. FC Nürnberg stimmt derzeit.

Der Abstiegskampf als Nervenschlacht

Den Unterschied hat aber eben nicht nur Raphael Schäfer gemacht. Mit Hiroshi Kiyotake und Tomas Pekhart trafen Spieler, die seit Wochen in der Kritik stehen. Gerade Kiyotakes Einsatz war vor der Partie noch unklar, Campaña soll eine Option gewesen sein. Zu ballverliebt, zu inkonsequent sei der Japaner, kritisierte Verbeek noch unter der Woche. Kiyotake bekam dennoch das Vertrauen - und bezahlte mit dem Ausgleich.

Zwei Minuten haben dem 1. FC Nürnberg gereicht. Zwei Minuten, in denen der Club genau das gespielt hat, was Gertjan Verbeek fordert. Schnell, mutig, clever, zielstrebig. Noch vor wenigen Wochen implodierte der FCN in Hannover förmlich, kassierte beim 3:3-Drama in etwas mehr als zehn Minuten drei Gegentreffer. Nun eine Leistungs-Explosion, wenn auch nur für wenige Minuten.

Während das ganze Stadion, ganz Nürnberg feierte, drückte Gertjan Verbeek auf die Euphoriebremse. "Die erste Hälfte war schrecklich, so kann man kein Fußball spielen", tobte der Holländer. "Wir haben in den kommenden Tagen viel zu besprechen." Gerade die vielen individuellen Fehler, etwa der haarsträubende Rückpass von Frantz auf Schäfer unmittelbar vor dem ersten Elfmeter, dürften den Club-Trainer erzürnt haben.

"Ich hoffe, dass ich 90 Jahre alt werde", sagte Gertjan Verbeek unmittelbar nach der Partie. "Dann kann ich sagen, ich hätte 100 werden können. Aber ich habe in Nürnberg gearbeitet." Dieser Abstiegskampf ist eine echte Nervenschlacht. Und auch der Held des Spiels Raphael Schäfer gestand ein: "Ich bin müde. Das war ein hochanstrengendes Spiel, vor allem emotional."

Nun steht der 1. FC Nürnberg auf Rang 12, in der Rückrundentabelle sogar auf einem Champions-League-Platz. Der Club ist ganz klar der Gewinner des Spieltags, hat sich etwas Luft im Abstiegskampf  verschafft. Wirklich ruhig wird es aber auch in Zukunft nicht werden, so viel scheint sicher. Bis zum Saisonfinale. Nächster Halt in dieser irrwitzigen Achterbahn-Saison: Dortmund. Überraschungen wie immer nicht ausgeschlossen.

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