1. FC Nürnberg: Wölfe auf Beutezug im Schlaraffenland

13.4.2014, 22:04 Uhr
1. FC Nürnberg: Wölfe auf Beutezug im Schlaraffenland

© Zink

Der nächste Glückwunsch musste dann aber dem Kollegen Dieter Hecking gelten. Für dessen Elf war der 4:1 (2:1)-Sieg gegen phasenweise desolate Franken eine vergleichsweise leichte Geburt gewesen.

Nur für den Fall, dass einige Profis den Ernst der Lage doch noch nicht so ganz realisiert haben sollten, gaben die Fans eine kleine Hilfestellung: „Die letzte Chance nutzen“, mahnte ein Transparent im Gästeblock der Volkswagen-Arena. Und der Tabellenvorletzte schien diese Vorgabe zunächst sogar erfüllen zu wollen: Acht Minuten waren gespielt, als Markus Feulner nach einer schönen Kombination über Martin Angha und Hiroshi Kiyotake den Ball bekam, Naldo mit einer simplen Körperdrehung düpierte und aus knapp 16 Metern fulminant zum 1:0 einschoss.

Das Glücksgefühl sollte nur kurz währen – weil der Club weiter fröhlich nach vorne rannte und dem VfL viel zu viel Raum ließ. Ein Kopfball von Ivica Olic (14.) vermittelte eine erste Ahnung vom Offensivpotenzial des Champions-League-Aspiranten. Die nächste Chance ließ sich der schlitzohrige Kroate dann nicht mehr nehmen. Nach Fehlpass von Kiyotake präsentierte sich Nürnbergs linke Seite, wo Marvin Plattenhardt und Adam Hlousek jegliche Feinabstimmung vermissen ließen, völlig entblößt. Der überragende Kevin de Bruyne hatte freie Bahn und fand in der Mitte Olic, der Angha enteilt war und aus sechs Metern zum 1:1 einschoss (19.).

Und die „Wölfe“ blieben bissig: Mike Frantz verlor in der eigenen Hälfte den Ball an den energisch einsteigenden Luiz Gustavo, de Bruyne leitete schnell weiter auf Ivan Perisic, der Raphael Schäfer mit einem gefühlvollen Lupfer überwand (22.). Mit diesem frühen Doppelschlag waren die Weichen auch schon gestellt. Die Niedersachsen präsentierten sich den biederen Gästen, bei denen José Campaña den angeschlagenen Frantz ersetzte, in allen Belangen überlegen – spielerisch, läuferisch und erschreckenderweise auch kämpferisch. Mit etwas mehr Konsequenz im Abschluss hätten Olic (30.) und Perisic (38.) bereits bis zur Pause alles klar machen können.

So blieb zumindest noch ein Fünkchen Hoffnung. Und tatsächlich fand der Club in einer dezenten Drangphase nach der Halbzeit eine Lücke in Wolfsburgs Deckung, doch verpasste Feulner eine Hereingabe von Plattenhardt um Fußesbreite (54.). Es war aber nur ein kurzes Aufbäumen. De Bruyne, Olic & Co. mischten Nürnbergs überforderte Abwehr, der auch die beiden Rückkehrer Niklas Stark und Emanuel Pogatetz keine Stabilität geben konnten, munter auf. Als Junior Malanda in der 69. Minute einen Konter mit einem platziertem Flachschuss aus 17 Metern ins linke Eck zum 3:1 abschloss, war das ungleiche Duell entschieden. Und es passt ins Bild, dass selbst Torjäger Josip Drmic seine Kaltschnäuzigkeit abhanden gekommen zu sein scheint. Nach Pass von Kiyotake steuerte der Schweizer auf Keeper Max Grün zu, ließ sich aber noch entscheidend stören (75.).

Anders die Hecking-Elf: Perisic musste einen Querpass des agilen Olic nur noch zum 4:1 einschieben (82.), und hätte der eingewechselte Robert Mak kurz vor Schluss nicht Vieirinhas Versuch artistisch auf der Linie geklärt, der Club wäre zum dritten Mal in dieser Saison mit fünf Gegentoren abgestraft worden. Verbeek wollte denn auch die Berechtigung der siebten Niederlage in den letzten acht Spielen gar nicht erst anzweifeln. Kämpferisch habe man alles gegeben, befand der Niederländer, letztlich fehle es eben schlicht an der Qualität.

Stimmt. In der aktuellen Besetzung ist der 1. FCN in der Bundesliga wohl schlichtweg nicht konkurrenzfähig. Und auch wenn Verbeek gebetsmühlenartig betont, dass man „mit dieser Mannschaft nicht verteidigen kann“, drängt sich immer mehr der Eindruck auf, als könne man mit dieser Mannschaft eben auch nicht angreifen. Zu Recht haderte Kapitän Schäfer mit Fehlern, „die auch jede Zweit- oder Drittliga-Mannschaft ausnutzen würde. Wenn man die Bälle in der Vorwärtsbewegung verliert und dann so ungeordnet steht, ist es für jeden Gegner ein Schlaraffenland.“ Zudem habe man ja auch „kein offensives Feuerwerk abgebrannt“, wie Schäfer süffisant anmerkte. Insgesamt, so des Torhüters ernüchterndes Fazit, „war das in unserer Situation einfach zu wenig. Wenn wir so weiterspielen, steigen wir definitiv ab.“

Und es braucht schon viel Fantasie, um sich angesichts des anspruchsvollen Restprogramms noch ein Happy End auszumalen – auch wenn der Relegationsplatz nach wie vor nur einen Punkt entfernt ist und die Distanz zum rettenden Ufer überschaubare zwei Zähler beträgt. Selbst eine weitere Pleite gegen Bayer Leverkusen würde deshalb den achten Abstieg noch nicht besiegeln. Gefühlt ist das Heimspiel am Ostersonntag aber eben doch: die letzte Chance. Vielleicht sollte man es sicherheitshalber noch einmal auf ein Transparent schreiben.

Wolfsburg: Grün – Träsch, Naldo, Knoche, Rodriguez – Luiz Gustavo (84. Polak), Malanda – De Bruyne, Arnold (73. Caligiuri), Perisic (86. Vieirinha) – Olic / Nürnberg: Schäfer – Angha (78. Pekhart), Stark, Pogatetz, Plattenhardt – Frantz (25. Campaña), Balitsch – Feulner, Kiyotake, Hlousek (63. Mak) – Drmic / SR: Dankert (Rostock) / Tore: 0:1 Feulner (8.), 1:1 Olic (19.), 2:1 Perisic (22.), 3:1 Malanda (69.), 4:1 Perisic (82.) / Zuschauer: 28 431 / Gelbe Karten: – Hlousek (5), Plattenhardt (3).

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