Als Heiner Stuhlfauth meisterlich durchdrehte

22.8.2014, 09:03 Uhr
Heiner Stuhlfauth war Deutschlands erste Torwartlegende. Der Mann mit der Mütze hechtete nicht nur für seinen 1. FC Nürnberg, sondern auch für die Nationalmannschaft über den Platz.

© Friedl Ulrich Heiner Stuhlfauth war Deutschlands erste Torwartlegende. Der Mann mit der Mütze hechtete nicht nur für seinen 1. FC Nürnberg, sondern auch für die Nationalmannschaft über den Platz.

Tasso Wild betätigte sich gegen den FSV einst als Doppeltorschütze. Auch Hans Walitza, Norbert Schlegel und der Isländer Bjarki Gunnlaugsson - wie Zwillingsbruder Arnar ein rot-schwarzer Teenie-Traum vergangener Tage - drückten zweimal die Klingel. Am 23. Dezember 1979 legte sich der von Zapf Gebhardt trainierte Club einen 6:0-Heimerfolg auf den Gabentisch. Heinz Höher war im August 1986 nach einem 8:2-Pokalsieg im Frankfurter Osten unzufrieden - dabei hatten mit Roland Grahammer, Achim Wilbois und Jörn Andersen sogar drei Nürnberger doppelt getroffen. Doch die beste Geschichte, welche beide Vereine verbindet, ist eine andere.

In den 20er Jahren reihte der FCN Titel an Titel. Die Voraussetzung dafür war ein starker Schlussmann. Ein Rückhalt, wie ihn der Club mit Heiner Stuhlfauth hatte. Ein Mann, mehr Mythos als Mensch. Mit riesigen Bratpfannen als Hände, unüberwindbar für gegnerische Angreifer. Deutschlands erste Torwartlegende war aber nicht nur Mythos. Der Wirt der Sebaldusklause war jemand, den alle Nürnberger kannten. Einer, der den Trainingsbetrieb mit einem fränkisch reduzierten "Dou bin i" aufnahm. Einer, der diese Souveränität zwischen den Pfosten verkörperte, Spiele alleine entschied.

Laut einer Abstimmung des Fachmagazins kicker war der Torwart-Titan, der in fünf Endspielen keinen einzigen Gegentreffer kassierte, auch 30 Jahre nach seiner letzten Meisterschaft (1927) immer noch der populärste Fußballer der Republik. Als Identifikationsfigur und Namensgeber der Vereinsgaststätte lebt der 1966 Gestorbene weiter. Im Kollektivgedächtnis der Stadt, im Kasten von Nürnbergs Lieblingsverein.

So auch am 7. Juni 1925, als zwischen dem FCN und dem FSV der deutsche Meister ermittelt wird. Im Gegensatz zum Club waren die Frankfurter zuvor nicht groß in Erscheinung getreten. Doch der FCN, der damals im Spiel zuvor noch wenig Probleme mit Duisburg hatte, tut sich schwer.

Stuhlfauth sorgt für Aufregung

In der Anfangsviertelstunde fordert der FSV Stuhlfauth einige Arbeitsproben ab. Danach beherrschen starke Defensivreihen die Szenerie. Im ersten Durchgang ist es so einzig der Heiner selbst, der noch mal für Aufregung sorgt. Als er Jean Klump den Ball an den Kopf wirft. Der Stürmer des Fußballsportvereins hat zuvor mehrmals versucht, Stuhlfauth mitsamt Spielgerät und Schiebemütze über die Linie zu bugsieren.

Nachdem Carl Riegel auf der Gegenseite einen Elfer in den Armen von FSV-Keeper Koch platziert hat, geht es wieder im Nürnberger Strafraum rund. Als ein Bornheimer dort liegenbleibt, stürmt FSV-Vorstandsmitglied Rothschild auf den Rasen, adressiert aus der Nahdistanz mehr oder weniger freundliche Worte an den Schlussmann. Unterhaltung in Form von Toren gibt es nur einmal - in der Nachspielzeit. Ludwig Wieder ist es, der dem FCN in der Verlängerung nach einem famosen Solo den Endspielsieg sichert.

In Erinnerung an diese Geschichte warfen sie vor dem letzten fränkisch-hessischen Duell die Zeitmaschine am Bornheimer Hang an. "Endspiel-Revanche" heißt im April 2009 der sympathisch-kraftstrotzende Slogan, den der FSV auf 1000 Plakate drucken und in der ganzen Main-Metropole aushängen lässt. Und auch wenn es am 29. Spieltag dieser Zweitliga-Saison nur um Punkte geht, für Gennadi Bliznyuk, der statt Jean Klump nun vor dem Nürnberger Gehäuse auftaucht, und seine Mitstreiter, dürfte es sich ein klein bisschen angefühlt haben, als ob sie eine Rechnung beglichen hätten.

Mintal sieht Rot

Beim 1:2 gegen Bornheim, das aufgrund diverser Animier- und Äppelwoistuben auch als "lustiges Dorf" bekannt wurde, hat der zuvor fünfmal siegreiche FCN das Nachsehen, steigt wenig später aber dann doch noch auf.

Unverständnis: Marek Mintal und Dario Vidosic (rechts) können nicht fassen, dass der Slowake in der Commerzbank-Arena eben die Rote Karte vorgehalten bekommen hat.

Unverständnis: Marek Mintal und Dario Vidosic (rechts) können nicht fassen, dass der Slowake in der Commerzbank-Arena eben die Rote Karte vorgehalten bekommen hat. © dpa

Christian Eigler bringt einen zu pomadig auftretenden Altmeister nach einer seltenen Tempoverschärfung in Front. Doch der sträflich ungedeckte Angelo Barletta egalisiert die Gästeführung noch vor der Pause. Nach dieser schüttelt der von den Mokhtari-Brüdern angetriebene FSV die Oenning-Truppe erst mal ordentlich durch. Christian Mikolajczak ist es schließlich, der Frankfurts historische Mission mit einem Schuss aus spitzem Winkel erfüllt.

Treppenwitz der Fußballgeschichte: Mehr als 80 Jahre nach Stuhlfauths Unbeherrschtheit muss diesmal ein Club-Idol vorzeitig vom Feld. Marek Mintal hat dem Schiedsrichterassistenten nach einer aus seiner Sicht falschen Eckball-Entscheidung ein paar mehr oder weniger freundliche Worte mit auf den Weg gegeben. Mehr wohl aber ist es die spontane, ungestüme und missverständliche Gestik,  die aus Sicht von Referee Christian Fischer in der Nachspielzeit den Phantom-Ausschluss erforderlich macht.

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