Als Schroth Hitzfelds Comeback versaute

16.11.2012, 06:58 Uhr
Ich ergebe mich, ihr dürft mich feiern! Robert Vittek freut sich mit den Spielkameraden Jan Polak, Markus Schroth und Vratislav Gresko nach seinem Treffer zum 3:0-Endstand gegen den großen FC Bayern. Besonders Sturmpartner Schroth erwischte im Februar 2007 einen Sahne-Tag.

© dpa Ich ergebe mich, ihr dürft mich feiern! Robert Vittek freut sich mit den Spielkameraden Jan Polak, Markus Schroth und Vratislav Gresko nach seinem Treffer zum 3:0-Endstand gegen den großen FC Bayern. Besonders Sturmpartner Schroth erwischte im Februar 2007 einen Sahne-Tag.

"Wir hatten bereits Ende 2006 einen Riesenlauf, haben viele Heimspiele gewonnen. Dies hat es möglich gemacht, auch die Bayern zu schlagen", erinnert sich Schroth. Im Februar 2007 gastierte ein kriselnder FCB bei formstarken Franken.

Ottmar Hitzfeld feierte sein Comeback auf der Trainerbank, Schroth & Co. feierten nach "gutem Spiel und hartem Fight" mit der Nordkurve. "Wir haben das voll ausgekostet, vor allem wenn man die fränkisch-bayerische Rivalität kennt." Nach Vorarbeit des baumlangen Angreifers umkurvte Ivan Saenko Olli Kahn und schob den Ball ins leere Tor. Ein weiterer offensiver Schachzug setzte die Bayern im zweiten Durchgang matt: Schroth verwertete eine Gresko-Flanke zum vorentscheidenden 2:0 - "per Flugkopfball am langen Pfosten", beschreibt der jetzige Assistenztrainer der Münchner Löwen den besonderen Erfolgsmoment. Robert Vittek steigerte die Festtagslaune, indem er die Gästeabwehr mit exquisiter Ballbehandlung narrte und das Spielgerät anschließend per präzisem Aufsetzer im linken Eck unterbrachte. "Die Stimmung im Stadion war sensationell", erzählt der heute 37-Jährige. Ein halbes Jahre später wurde er mit dem Club Pokalsieger – die Krönung einer "wunderbaren Zeit in Nürnberg".

Die Geschichte des innerbayerischen Kräftemessens ist reich an Brisanz und besonderen Fußball-Momenten. Damals wie heute werden auf dem Rasen Stellvertreter-Duelle ausgetragen: Franken gegen Bayern, Klein gegen Groß. Geltungsbedürfnis trifft Arroganz, der Underdog eine Fußball-Macht. Letzterer Kontrast war lange Zeit nicht so scharf. Erst 1987 überholte der Verein von der Säbener Straße den FCN als Rekordmeister. Geschwindigkeit aufgenommen hatte der Überholvorgang mit dem Aufstieg der Bayern ins Bundesliga-Oberhaus (1965).

Beim letzten Aufeinandertreffen in Nürnberg im März 2012 machte Dominic Marohs kapitaler Ballverlust gepaart mit Arjen Robbens Handlungsschnelligkeit den Unterschied. In der 88. Minute hätte er sich der FCB dennoch nicht über den Ausgleich beklagen dürfen: Schlussmann Manuel Neuer lenkte Almog Cohens Flatterball aus rund 30 Metern unorthodox mit den Fäusten und Glück ans Aluminium. Die vorletzte Begegnung in der Noris gestaltete der Club zufriedenstellender. Nach einem missratenen Abschlag von Thomas Kraft besiegelte Christian Eigler im April 2011 spektakulär den 1:1-Endstand - und das Arbeitsende von Bayern-Coach Louis van Gaal.

Ottmar Hitzfeld war übrigens schon im Mai 1999 in Nürnberg zu Gast gewesen. Der von ihm trainierte, bereits feststehende Meister trat äußerst reduziert auf. Dies spielte dem FCN in die Karten, der sein Chancenplus zunächst aber nicht in die Führung ummünzte. So dauerte es bis in die Schlussphase, bis Kapitän Sasa Ciric den Bann brach und Sturmpartner Martin Driller den 2:0-Endstand erzielte. Nach dem Abpfiff schickte Trainer Friedel Rausch Kusshändchen ins Publikum. Club-Präsident Michael A. Roth sprach davon, dass der Klassenerhalt zu "98 Prozent" perfekt sei – das böse Erwachen folgte am letzten Spieltag.

Entenmann: Ein Derbysieger wird gefeuert

Im November 1993 hatte der FCN die Bayern ebenfalls mit 2:0 nach Hause geschickt. André Golke besorgte das 1:0. Kurz nach der Pause gab Hans-Jörg Criens dem Ball mit der Hacke den richtigen Dreh und FCB-Keeper Raimond Aumann das Nachsehen. Doch Willi Entenmann genoss den Sieg nicht. Zermürbt von einer Dauerfehde mit Präsident Gerhard Voack trat der Club-Coach in der Kabine zunächst in voller Montur unter die Dusche, danach mit Tränen in den Augen vor die Presse. Seine Entlassung stand kurz bevor.

Als Schroth Hitzfelds Comeback versaute

© NN / Herbert Voll

Beim glanzvollen 4:0-Triumph vor beinahe exakt 23 Jahren zelebrierten die Schützlinge von "Tiger" Hermann Gerland auf schneebedecktem Rasen einen Rückrundenstart, der Weihnachten vorverlegte. Auf der gegnerischen Trainerbank musste Jupp Heynckes miterleben, wie Nürnbergs Kapitän Thomas Brunner einen Foulelfmeter sicher verwandelte. Aumann ermöglichte durch sein halbherziges Herauslaufen Frank Türr auf 2:0 aufzustocken; das 3:0 gelang Ralf Dusend durch einen “Tunnel“. Die Produktion des beliebten Aufklebers: "4:0 – ich war dabei". veranlasste Thomas Kristl.

Zarate zeigt Effenberg, wie's funktioniert

Eine andere Derby-Sternstunde hatten die Club-Fans in der letzten Meistersaison ihres Lieblingsvereins erlebt: Im Dezember 1967 watschte der FCN die Bayern aus dem Städtischen Stadion. Rekord-Torschütze Heinz Strehl, Franz Brungs und Schorsch Volkert trafen in der ersten Hälfte. In der zweiten setzte sich die Demontage von Beckenbauer & Co. fort. Goldköpfchen Brungs netzte noch vier weitere Male ein. Am Ende fand ein furioser 7:3-Sieg Eingang in die Fußball-Annalen.

Die Club-Auftritte in München gestalteten sich meist unerfreulich, nicht erst seit Thomas Helmers Phantomtor im April 1994. Letztmals für Partylaune beim Club-Anhang sorgte ein Ausflug in die ungeliebte Landeshauptstadt im März 1992. Die Bayern begannen im Olympiastadion stürmisch, Mazinho belohnte die vehementen Angriffsanstrengungen durch eine gelungene Einzelaktion. Wenig später hatte der Brasilianer das 2:0 auf dem Fuß, knallte den Ball aber volley an den Querbalken. Die Münchner machten Druck und dem FCN gelang durch seinen Joker vom Dienst der Ausgleich: Christian Wück, für Dieter Eckstein eingewechselt, war exakt 18 Sekunden auf dem Feld, als er den Ball mit dem Kopf über den Umweg Lattenunterkante über die Linie beförderte. Und die Entenmann-Truppe legte vor der Pause nach: Jan Wouters stoppte einen unnachahmlichen Sololauf von Sergio Zarate plump auf der Strafraummarkierung. Der Gefoulte trat selbst an und verlud Aumann.

Die Bayern drängten nach Wiederanpfiff wütend nach vorne. Die Gäste konnten sich aber auf einen Andy Köpke verlassen und setzten bei Kontern fortwährend Nadelstiche. Nachdem Stefan Effenberg per Foulelfmeter an Nürnbergs Schlussmann gescheitert war, brachte ein solcher Gegenstoß die Entscheidung. Christian Wück passte von rechts flach ins Zentrum. Zaubermaus Zarate veredelte die maßgenaue Hereingabe und tütete vor 15.000 mitgereisten Fans den verdienten 3:1-Erfolg ein.

Brungs wiederholt sich, Strehl macht die Meisterschaft perfekt

Eine Ausnahme bei den meist tristen München-Auftritten bildet auch die Saison 1967/68, als der Club am vorletzten Spieltag an der Grünwalder Straße seine bislang letzte Meisterschaft unter Dach und Fach brachte. Wenig verwunderlich, dass zwei Dauer-Torschützen sich im Mai 1968 für den 2:0-Coup verantwortlich zeichneten: Franz Brungs bezwang Sepp Maier in Minute 29 ein erstes, FCN-Rekordtorschütze Heinz Strehl zehn Minuten später ein zweites Mal.

Der legendäre 7:3-Heimtriumph des FCN gegen die Bayern Anfang Dezember 1967! Am 16. Spieltag der Saison 67/68 schossen die Clubberer den FCB fulminant aus dem eigenen Stadion. Nürnbergs Goalgetter Franz Brungs hat eben den ersten seiner fünf Treffer gegen chancenlose Bayern markiert.

Der legendäre 7:3-Heimtriumph des FCN gegen die Bayern Anfang Dezember 1967! Am 16. Spieltag der Saison 67/68 schossen die Clubberer den FCB fulminant aus dem eigenen Stadion. Nürnbergs Goalgetter Franz Brungs hat eben den ersten seiner fünf Treffer gegen chancenlose Bayern markiert. © Friedl Ulrich

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