Als Trunk den Turbo-Boost-Knopf drückte

28.11.2014, 06:23 Uhr
Als Trunk den Turbo-Boost-Knopf drückte

© Foto: Peter Vrbata

Für einen Vergleich müssen schon die derzeit Besten ihres Fachs herhalten. "Ich bin so schnell gelaufen wie Arjen Robben. Und so viel wie Thomas Müller." Wenn der heute 55-jährige Dieter Trunk den 24-jährigen Dieter Trunk Anfang der 80er charakterisieren soll, dann macht er das so, wie er gespielt hat: trocken im Abzug, selbstbewusst, nach vorne gerichtet.

Mit Sprints über den halben Platz sicherte sich der Stürmer damals die Zuneigung der Fans und am 16. September 1983 mit einem seiner Sololäufe dem FCN die Führung. Eine Viertelstunde ist im Städtischen Stadion absolviert, als der Trunk-Motor gegen Braunschweig zum ersten Mal sensationelle Schubkraft entwickelt. Fans der TV-Action-Serie "Knight Rider" - zum gleichen Zeitpunkt in den USA produziert - wissen, was kommt. Nur, dass Trunk keine Autobahnsperren durchbricht wie das von David Hasselhoff gesteuerte Wunderauto, sondern die Abwehrreihen des Gegners.

Zehn, zwanzig, dreißig, am Ende sind es vierzig Meter Rasenfläche, die der Oberfranke - von Manni Burgsmüller auf die Reise geschickt - überbrückt, ohne dass ihn ein Braunschweiger aufhalten kann. Und auch, als couragierte Gäste beim Stand von 2:2 drauf und dran sind, die Partie zu drehen, sind es Trunks Alleinunterhalterkünste, die den Club auf der Siegerstraße halten.

Nach einer erneut rasanten Soloaktion setzt der Hochgeschwindigkeitsfußballer den schnauzbärtigen Herbert Heidenreich in Szene – 3:2! Horst Weyerich ist es, der in der Schlussphase den 4:2-Endstand fixiert. Es ist entspanntes Entertainment in einer Spielzeit, die zusehends jedoch zur Horror-Saison wird. Daheim läuft es für Nürnberg mal mehr, mal weniger. Auf fremden Plätzen helfen auch Trunks herzerfrischende Laufleistungen nicht weiter.

Mit der unerreichten Auswärtsbilanz von 0:34-Punkten sichert sich der Club einen Negativrekord. Nach einem Führungswechsel an der Vereinsspitze, drei Trainerentlassungen und abschließend zehn Niederlagen in Serie ist der Albtraum zu Ende, der FCN als Tabellenletzter abgestiegen. "Klar, dass man dann irgendwann nur noch für sich selbst spielt", gesteht Trunk. Im Gegensatz zu den Kollegen gelingt ihm das einigermaßen gut. Acht Tore stehen bei ihm am Saisonende als Empfehlung zu Buche. Durch einen Wechsel zum 1. FC Kaiserslautern bleibt Trunk erstklassig.

Plädoyer für die Jugend

Noch drei Jahre zuvor hatte wenig darauf hingedeutet, dass sich Trunk in Deutschlands Eliteklasse etablieren würde. Aus Reichmannsdorf, einer kleinen Ortschaft in der Nähe von Schlüsselfeld, war er an den Neuen Zabo gewechselt - mit knöchelhohen Fußballstiefeln als Schutz für die bereits strapazierten Bänder. In der ersten Halbserie der Saison 1981/82 kommt der Angreifer allenfalls als Einwechselspieler zum Zug, in der Rückrunde wird er an Zweitligist Fortuna Köln verliehen. Doch bereits in der darauf folgenden Spielzeit lässt Trunk durchschimmern, was in ihm steckt.

Am 9. Spieltag ist er beim FCN wieder im Einsatz. In Braunschweig sticht er als Joker - vier Minuten nach seiner Einwechslung. Nach einem parierten Weyerich-Elfmeter und der nachfolgenden Ecke macht Trunk an der Hamburger Straße seine erste Bundesliga-Bude. "Mit dem Kopf" - erinnert sich Nürnbergs künftiger Knight Rider, für den es fortan aufwärts geht. Dies hofft der Steigerwald-Export, der nach dem Karriereende auch als Sport-Animateur und Masseur arbeitete, auch für den Club. Voraussetzung dafür ist seiner Meinung nach aber, dass man auf die Jugend setzt. Als Co-Trainer einer bayerischen Juniorenauswahl (Jahrgang 2000) weiß Trunk, wovon er spricht. Schließlich spielen drei seiner Schützlinge, die bereits jetzt zum erweiterten Nationalmannschaftskader gehören, für den 1. FC Nürnberg.

Verwandte Themen


Keine Kommentare