Aus Erlangen durch die Hölle ins Glück

9.11.2018, 19:50 Uhr
Aus Erlangen durch die Hölle ins Glück

© Shawna Coulter

Vera Licha kann sich kaum bewegen. Ein Muskelkater hat sie nach dem Crossfit zurück in Erlangen gepackt, so schlimm, wie sie ihn lang nicht mehr hatte. "Ich war einfach zu faul gewesen in letzter Zeit", sagt sie. Doch faul ist sie nie – vor kurzem hat sie erst wieder Höllenqualen durchlebt.

Vera Licha ist Feuerwehrfrau bei der Werkfeuerwehr bei Siemens in Erlangen. Dort, aber auch in ihrer Freizeit, macht die 25-Jährige High Intensity Training, also kurze, extreme Belastungen, um für das Leben, aber auch für die Extremsituationen in den Feuerwehreinsätzen vorbereitet zu sein. Zum einen geht das dank der Sportart Crossfit, zum anderen gibt es die Firefighter Combat Challenge, einen Wettbewerb Feuerwehrfrau gegen Feuerwehrfrau.

Es gilt, so schnell wie möglich einen mörderisch anstrengenden Parcour zu durchlaufen, in dem alle Anforderungen aus dem Einsatz abgefragt werden: Vom schnellen Treppenlaufen über das Einholen eines Schlauchs in ein Obergeschoss, einer Hammerschlagmaschine, einem Parcour, dem Ausziehen eines Wasserschlauchs und dem anschließenden Zielspritzen bis hin zum Retten einer verletzten Person, dem "Rescue Randy", einem Dummy.

"Es war die beste WM meines Lebens", erzählt Licha über die zehn Tage in Sacramento in Kalifornien, von denen sie sechs allein mit dem Wettkampf beschäftigt war. In vier Kategorien, vom Einzel über das Frauen-Tandem, das Mixed-Tandem bis zur Staffel trat die Erlangerin an – in jeder Disziplin erreichte sie die Finalrunde. "Das war das Ziel, das habe ich geschafft. Deshalb bin ich überglücklich."

 

Wenngleich sie im Einzel und im Mixedtandem (mit Philipp Kaiser aus Südbaden) auf den hinteren Rängen landete sowie sich im Frauentandem etwas mehr als Rang fünf ausgerechnet hatte. Dafür war die Überraschung zum Schluss umso größer: Mit zwei tschechischen Kolleginnen, einer Norwegerin und einer Slowakin begab sich Vera Licha in den Staffelwettbewerb, der seit eh und je von den Kanadierinnen und den USA dominiert wird. Im Halbfinale rechnete Licha schon mit dem sicheren Aus gegen die Amerikanerinnen, "doch dann hatten wir den Lauf unseres Lebens": Neun Sekunden schneller als in der Vorrunde und unglaubliche 15 unter der Zeit, die vor kurzem zur Vize-Europameisterschaft reichte, kamen die drei Feuerwehrfrauen ins Ziel und stürzten die USA ins Trauertal. Die unterlagen dann auch noch im Wettkampf um Rang drei den Neuseeländerinnen – Vera Licha stand im Finale.

Gefeiert wie einen WM-Sieg

"Wir haben das gefeiert wie den WM-Titel, weil wir wussten, dass wir, selbst wenn wir alles herausholen und noch einmal schneller sind, gegen Kanada vermutlich trotzdem keine Chance haben werden." Der Gegner hält den aktuellen Weltrekord und die Feuerwehrfrauen sind das Nonplusultra des Firefighter Combat Challenge – Vorbilder, denen man "mit viel Ehrfurcht" (Licha) begegnet. So gesehen war es schon ein Erfolg, überhaupt in so einem Wettbewerb gegen diese Übermacht starten zu dürfen.

Aus Erlangen durch die Hölle ins Glück

Und wie erwartet kam es dann auch: Über vier Sekunden waren die Kanadierinnen schneller, obwohl sie noch vier Strafsekunden oben drauf gerechnet bekamen. "Das war schon sehr okay so, wir waren trotzdem glücklich", sagt die neue Vize-Weltmeisterin.

Verla Licha war vor allem über das Gesamtergebnis stolz: "Ich bin meine Jahresbestleistung gelaufen, endlich mal wieder unter 3:30 Minuten geblieben und habe allesamt schöne Läufe gehabt — da musste mir diesmal gar nichts peinlich sein."

Keine Kommentare