Ausgetourt: Kittel gibt in den Alpen auf

19.7.2017, 15:56 Uhr
Ausgetourt: Kittel gibt in den Alpen auf

© AFP

Mit schmerzverzerrtem Gesicht quälte sich Marcel Kittel die ersten Rampen in den Alpen hinauf, dann stieg der deutsche Tour-Held vom Rad. Aus und vorbei – nach einem Sturz zu Beginn der 17. Etappe endete für "Le Kaiser", wie er schon gefeiert wurde, die wunderbare Reise über Frankreichs Landstraßen. Kein sechster Etappensieg, kein Grünes Trikot in Paris – der Traum vom krönenden Abschluss blieb dem in den Massensprints überragenden Supersprinter Kittel verwehrt.

Die Schmerzen sind zu groß

Der 29-Jährige vom Quick-Step-Team war am Mittwoch bereits nach wenigen Kilometern in einen Sturz mit mehreren Fahrern verwickelt worden. Kittel fiel auf die rechte Seite und musste am medizinischen Begleitfahrzeug behandelt worden. Den Col d'Ornon und den Col de la Croix Fer nahm er noch in Angriff, doch die Schmerzen an Arm und Schulter waren zu groß. Der Sturz war gar so heftig, dass Kittel das Rad und seinen rechten Schuh wechseln musste.

Damit verlässt der beste Sprinter der Tour 2017 das Peloton. Mit fünf Etappensiegen hatte er deutsche Rekorde purzeln lassen und Uralt-Bestmarken von Eddy Merckx ins Wanken gebracht. Und in diesem Jahr war die Chance auf das erste Grüne Trikot eines deutschen Radprofis seit Erik Zabel 2001 zum Greifen nah – zumal der ausgeschlossene Seriensieger Peter Sagan nicht mehr im Feld war. Mit einem Vorsprung von 29 Punkten auf den Australier Michael Matthews war Kittel auf die fünftletzte Etappe gegangen.

Gescheitert an der letzten Hürde

Noch am Ruhetag am Montag in Saint-Ètienne hatte Kittel Zuversicht ausgestrahlt. "Das Grüne Trikot wäre ein Traum, der wahr werden würde. Ein Traum, den ich eigentlich schon abgehakt hatte", hatte Kittel betont. Dafür wollte er sich auch über die Bergriesen quälen. "Ich freue mich nicht wahnsinnig auf die Alpen, aber es ist die letzte große Hürde. Das Ziel Grün bringt mich darüber."

Kittel hatte aber auch immer wieder angemerkt, wie schnell nach einem Sturz alles vorbei sein kann. So kam es dann auch. Wie bei seiner ersten Tour-Teilnahme im Jahre 2012, als er krank wurde, erreichte der Wahl-Schweizer die Champs Èlysees in Paris nicht mehr. Trotzdem zählt er zu den ganz großen Siegern dieser Rundfahrt. In Lüttich, Troyes, Nuits-Saint-Georges, Bergerac und Vittel hatte er die Konkurrenz mit zum Teil spielerischer Leichtigkeit düpiert und als erster Deutscher seit Didi Thurau 1977 fünf Etappen gewonnen. Auch der Rekord von Erik Zabel mit insgesamt zwölf Tagesssiegen wurde übertroffen, Kittel steht nun bei 14.

Die dritte Tour-Woche hatte für den Strahlemann der ersten Tage denkbar schlecht begonnen. Das deutsche Sunweb-Team – Kittels früherer Arbeitgeber – machte am Dienstag derart früh Druck, dass Kittel abgehängt wurde und mit über 16 Minuten Rückstand das Ziel erreichte. Sunweb-Sprinter Matthews siegte und sammelte auch am Mittwoch beim Zwischensprint in den Alpen weiter Punkte. Dem Australier, der bis auf neun Punkte an Kittel herangekommen war, dürfte nach Kittels Ausstieg das Grüne Trikot kaum mehr zu nehmen sein.

Roglic richtet's - Die gelben Froome-Tage gehen weiter

Am Ende der 17. Etappe jedenfalls feierte Primoz Roglic den ersten Etappensieg seiner Karriere. Der frühere Skispringer aus Slowenien hatte am letzten Anstieg hinauf zum Col du Galibier angegriffen. Nach 183 Kilometern siegte Roglic als Solist. An der Spitze des Gesamtklassements gibt Chris Froome weiter den Ton an: Der Brite, der am Mittwoch alle Attacken konterte, führt jetzt mit 27 Sekunden vor den zeitgleichen Romain Bardet aus Frankreich und Rigoberto Uran aus Kolumbien.

Dieser Artikel wurde am 19. Juli um das Ergebnis der Etappe ergänzt.

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