Montenegro: Aytekin bricht Spiel ab - Zuschauer gesteht

29.3.2015, 14:29 Uhr
Pfiff das EM-Qualifikationsspiel zwischen Montenegro und Russland ab: Schiedsrichter Deniz Aytekin.

© dpa Pfiff das EM-Qualifikationsspiel zwischen Montenegro und Russland ab: Schiedsrichter Deniz Aytekin.

Der Skandal beim EM-Qualifikationsspiel zwischen Montenegro und Russland wird ein Nachspiel haben. Der russische Fußball-Verband RFS werde Protest bei der UEFA einlegen, kündigte RFS-Präsident Nikolai Tolstych kurz nach dem Abbruch der Partie in Podgorica an. Auch in Montenegro wird mit empfindlichen Strafen durch den Europäischen Fußball-Verband (UEFA) gerechnet, nachdem das Spiel am Freitagabend in der Hauptstadt Podgorica wegen Zuschauerausschreitungen vom deutschen Schiedsrichter Deniz Aytekin in der 67. Minute beim Stand von 0:0 vorzeitig beendet werden musste.

„Es ist eine Schande“, sagte Montenegros sichtlich erschütterter Trainer Branko Brnovic. „Die Frage ist, was jetzt mit dem Fußball in Montenegro passieren wird.“ Verbands-Generalsekretär Momir Djurdjevac klagte über die Hooligans: „Sie singen 'Ich liebe Montenegro', aber sie tun das Gegenteil.“ Die Zeitung „Vijesti“ schrieb am Samstag: „Schmach und Schande.“ Das bedeute das Ende des Fußballs in Montenegro „als zivilisierter Sport; wenigstens auf absehbare Zeit“, befürchtete das Blatt.

Zuschauer-Ausschluss droht

Tolstych erwartet, dass das Spiel zugunsten seiner Mannschaft gewertet wird. Die UEFA kündigte an, zunächst die Berichte ihrer Delegierten und von Aytekin abzuwarten, ehe ein Disziplinarverfahren eröffnet wird. Montenegro drohen unter anderem Sanktionen wie der Ausschluss der Zuschauer in den kommenden Spielen. Vor der Entscheidung der UEFA liegen Russland und Montenegro in der Gruppe G mit je fünf Punkten auf den Plätzen drei und vier hinter Österreich (13) und Schweden (9).

Schon 20 Sekunden nach dem Anpfiff war es zum ersten Vorfall gekommen: Der russische Torhüter Igor Akinfejew bekam einen Feuerwerkskörper an den Kopf und musste verletzt in ein Krankenhaus gebracht werden. Er erlitt eine Nackenblessur und kleinere Brandverletzungen. „Ich möchte mich bei allen bedanken, die mich unterstützt haben. Ich fühle mich jetzt gut“, gab der 28-Jährige am Samstag auf der RFS-Webseite Entwarnung.

Der mutmaßliche Werfer gab seine Tat lokalen Medienberichten zu, nachdem er zuvor eindeutig auf Videoaufzeichnungen identifiziert worden sein soll. Der 25-Jährige entschuldigte sich „bei dem verletzten Mann, seinem Fußballverband sowie auch unserer Elf und beim ganzen Staat. Erst jetzt habe ich die Folgen des Feuerwerkwurfs begriffen.“ Allerdings gab er den Berichten zufolge auch zu Protokoll, dass er den Feuerwerkskörper „instinktiv“ auf das Spielfeld geworfen habe, nachdem dieser von der Zuschauertribüne zuerst auf ihm gelandet sei.

Tumulte unter den Spielern

Nach dem Vorfall wurde die Partie nach 33-minütiger Unterbrechung fortgesetzt. Doch sie beruhigte sich nicht. Nach einem verschossenen Elfmeter des Russen Roman Schirokow warfen die Zuschauer erneut Gegenstände auf das Spielfeld. Schirokows Teamkollege Dimitri Kombarow wurde getroffen und meldete dies Aytekin. Der hatte keine andere Wahl und brach die Partie in der 67. Minute ab. Auch unter den Spielern kam es zu Tumulten – der Skandal war perfekt.

„Das Spiel hätte nicht fortgesetzt werden dürfen, nachdem Akinfejew von dem Feuerwerkskörper getroffen wurde“, kritisierte Russlands Trainer Fabio Capello, nahm Aytekin aber in Schutz. Die Entscheidung, das Spiel fortzusetzen, habe nicht der Referee getroffen. „Die UEFA-Verantwortlichen haben gesagt, dass wir weiterspielen sollen.“

Die russischen Medien lobten ihre Team. „Unsere Spieler haben Edelmut bewiesen und einer Fortsetzung des Spiels zugestimmt. Russland hat ein reines Gewissen“, schrieb der „Sport-Express“. Die „Komsomolskaja Prawda“ fragte indes: „Kann man das überhaupt ein Spiel nennen?“

Dieser Artikel wurde am 29. März um 14.29 Uhr aktualisiert.

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