Bambergs Umbruch: Vom Champion zum Herausforderer

10.8.2018, 13:35 Uhr
Maodo Lô ist Geschichte bei Bambergs Basketballern, das Abo auf Trophäen vorerst wohl auch.

© Sportfoto Zink / HMI Maodo Lô ist Geschichte bei Bambergs Basketballern, das Abo auf Trophäen vorerst wohl auch.

Dass die Mannschaft nach dem Sommer ein anderes Gesicht haben würde, zeichnete sich bereits im Frühling ab. Einen Neustart kündigte Michael Stoschek, der Chef des Aufsichtsrates und des Namensgebers von Brose Bamberg, an – noch bevor die Spielzeit 2017/18 abgeschlossen war; den "Reset-Knopf" wolle er drücken, Alba Berlin müsste in Zukunft das Vorbild sein, sprich: Junge Spieler integrieren und trotzdem ambitioniert spielen – so lautet der neue Ansatz.

Das ist nicht weniger als eine Kehrtwende in der Ausrichtung. Noch vor einem Jahr hatte man in Bamberg den Angriff auf das Viertelfinale in der Euroleague ausgegeben – und zumindest den Biografien nach entsprechendes Personal verpflichtet, Stoschek fragte die Fans und die Stadtverwaltung, ob man sich in der Bundesliga den Rang als Serienmeister einfach vom FC Bayern München ablaufen lassen wolle oder ob man bereit sei dagegenzuhalten. Das Viertelfinale im anspruchsvollsten europäischen Vereinswettbewerb verpasste das Team dann recht deutlich, die Meistertrophäe ging erstmals seit 2014 wieder nach München und wird dort möglicherweise auch noch etwas länger bleiben.

"Zermürbende" Diskussionen

"Ich weiß, es klingt etwas abgedroschen, die BVB-Rolle zu formulieren", sagt Rolf Beyer, der Geschäftsführer, tut dann aber genau das. Sie wollen jetzt erst einmal nur noch Herausforderer sein. Dass man deswegen trotzdem ab und zu mal Meister werden und die großen Bayern besiegen kann, haben Dortmunds Fußballer ja schon bewiesen. "Es ist der ehrlichere Weg", findet Beyer, und langfristig auch der gesündere. Stoschek wollte offenbar nicht mehr alleine den Großteil des Budgets stemmen, sie setzen jetzt wieder vermehrt auf die Breite ihres Sponsorenpools.

Es hat ein bisschen gedauert, bis sich in Bamberg alle Beteiligten mit der neuen Rolle angefreundet haben, das gibt Beyer zu, und auch, dass es für ihn nicht ganz leicht war, erneut einen großen Umbruch und eine neue Ausrichtung zu moderieren. "So erträumt habe ich mir das nicht", sagt er und lacht das Lachen von einem, der nach aufreibenden Monaten endlich einmal ein paar Tage Urlaub hat; "zermürbend" fand er mitunter die Diskussionen und vor allem die Anfeindungen mancher Fans, die in den Tiefen des Internets und im Schutz der Anonymität geäußert wurden.

Fast hätte man bei all der Aufregung meinen können, erzählt Beyer, dass 80 Prozent ihre Dauerkarte kündigen wollten, es waren dann aber doch nur sieben Prozent, über 4200 Menschen planen weiterhin den regelmäßigen Besuch der Heimspiele. Auch wenn sie jetzt nur noch die Champions- und nicht mehr die Euroleague bieten können. Und das neue Aufgebot nicht garantiert, dass es kommenden Juni Lametta von der Decke auf Bambergs Basketballer regnet.

Den nach einer Verletzung reichlich indisponierten Luka Mitrovic sind sie losgeworden, der Vertrag mit Lucca Staiger (wechselt nach Teneriffa) wurde nicht verlängert, den mit dem sehr gut entlohnten, bei den Fans aber in Ungnade gefallenen Ricky Hickman werden sie demnächst auch auflösen. Leon Radosevic und Daniel Hackett haben von ihren Ausstiegsklauseln Gebrauch gemacht, genauso wie der junge Maodo Lô, den sie gerne gehalten hätten, der sich aber wie Radosevic dem FC Bayern angeschlossen hat.

"Schauen jetzt nur noch in die Zukunft"

Gekommen sind stattdessen der erfahrene US-Amerikaner Tyrese Rice, der bereits die Euroleague gewinnen konnte, auch der Serbe Stevan Jelovac passt mit 29 Jahren nicht ganz zum neuen Anforderungsprofil, ansonsten setzt Brose Bamberg auf junge hoffnungsvolle Rückkehrer wie Arnoldas Kulboka oder Leon Kratzer sowie auf die Rückkehr von Langzeitverletzten wie Elias Harris, Bryce Taylor und Patrick Heckmann.

Wettbewerbsfähig nennt Rolf Beyer die Struktur der Mannschaft, gleichzeitig erlaube es sie, junge Spieler einzubauen. Er hat den Reset-Knopf bereits gedrückt, zumindest offiziell ist die gründlich missratene Vorsaison abgehakt. "Wir haben unsere Vergangenheit bewältigt, wir schauen jetzt nur noch in die Zukunft", sagt er.

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