Bleisteiner geht in Roth durch "die Hölle"

21.7.2014, 09:52 Uhr
Vom Solarer Berg verschluckt: Sebastian Bleisteiner aus Nürnberg.

© Salvatore Giurdanella Vom Solarer Berg verschluckt: Sebastian Bleisteiner aus Nürnberg.

Es wurde gefeiert in Roths neuem Triathlonstadion, edler Champagner verspritzt und der alkoholfreie Inhalt überdimensionaler Weizengläser öffentlichkeitswirksam über Köpfen entleert. Vor allem aber wurde an diesem Sehnsuchtsort gelitten. Stramme Männer, zu Eisenmännern trainiert, torkelten durch den Zielbogen und brachen Zentimeter nach der Lichtschranke zusammen, als hätte man ihnen sämtliche Flüssigkeit entzogen.

Auch Sebastian Bleisteiner sah man die Qualen sofort an. Der Nürnberger, 30 Jahre alt, seit einem Jahr als Profi geführt, verharrte nach 8:48:22 Stunden unter dem Zielbogen, so als hätte sein Körper seinem Gehirn just in diesem Moment die Folgschaft verweigert. Offenbar nur um möglichst schnell im Schatten zu verschwinden, nur um sich möglichst schnell auf eine Massagebank zu legen, konnte er seine Muskeln noch einmal überreden.

Bleisteiner war einst Schwimmer beim 1. FC Nürnberg, aber die Trainer waren ehrlich zu ihm: Ein neuer Michael Groß würde er wohl nicht werden. Also widmete er sich dem Kraftsport, Joggen war da nicht vorgesehen – eine Viertelstunde vielleicht, mehr schaffte er nicht. Seine Triathlonkarriere begann, wie bei so vielen, nach seinem ersten Besuch in Roth. Bleisteiner schwamm in einer Staffel mit und hatte ein neues Ziel, er wollte Triathlet werden. Vier Jahre später war er Triathlet und Weltmeister (auf der Halbdistanz der Altersklasse 25). Im Vorjahr wagte er sich zum ersten Mal auf die Langdistanz – natürlich in Roth. Bleisteiner wurde bei seinem Debüt achtbarer 21., wertvoller war seine Zeit von 8:36 Stunden.

Dass er ein Jahr später Fünfzehnter wurde, obwohl er zwölf Minuten langsamer war, zeigt, wie hart dieses Rennen zu den Frauen und Männern aus Eisen war. Auf dem Weg in den Schatten wurde Bleisteiner gerufen. Für ein Interview gaben sie sich dann auch noch her, seine geschundenen Muskeln. Wie es denn da draußen so gewesen sei, wurde er gefragt. Seine Antwort: „Es war die Hölle.“ Bleisteiner aber meinte damit nicht die Hitze, die Sonne, die Distanz. Bleisteiner hatte kein Glück, es kam auch noch das Pech hinzu. „Ich musste 3,5 Kilometer ohne Brille schwimmen.“ Ganz langsam hatte sich nach dem Start die Mütze gelöst – und mit ihr die Schwimmbrille. Beinahe neun Stunden danach war das Bleisteiners Augen noch immer anzusehen. Seine Zeit von 52:22 Minuten macht das nur wertvoller.

Kurz nachdem Bleisteiner auf die Radstrecke gebogen war, verlor er eine Radflasche. Das ist bei 25 Grad unangenehm, bei 35 Grad sind die Auswirkungen höllisch. Dazu kam, dass er in einer Radgruppe mitmischen wollte, „die ein bisschen zu schnell für mich war“. Bleisteiner hielt trotzdem lange mit, setzte auf „hopp oder topp“ und bekam irgendetwas dazwischen. Im Ziel konnte er stolz auf seinen Willen und seinen Körper sein. Vor allem aber musste Sebastian Bleisteiner aus Nürnberg nicht aus dem Triathlonstadion getragen werden.

Verwandte Themen


Keine Kommentare