Bornemann: "Wird keine schlechte Saison mehr werden"

22.4.2018, 15:21 Uhr
Trifft in Kiel sicherlich auf ein paar alte Bekannte: Nürnbergs Sportvorstand Andreas Bornemann.

© Sportfoto Zink / WoZi Trifft in Kiel sicherlich auf ein paar alte Bekannte: Nürnbergs Sportvorstand Andreas Bornemann.

NZ: Herr Bornemann, Sie hat bestimmt viel Interesse aus Ihrer früheren beruflichen Heimat erreicht. Welche war die drängendste Frage?

Andreas Bornemann: Welche Bedeutung die Partie hat.

Und wie wichtig ist sie?

Bornemann: In diesem Spiel wird
keine Entscheidung über den Aufstieg fallen. Es wird aber richtungweisend sein, man braucht das auch nicht künstlich herunterspielen. Doch egal, wie es ausgeht, es gibt danach noch drei Spiele, in denen einiges korrigiert werden kann. Für uns, wie auch für Kiel.

Wie geht der Club es am besten an? Offenes Visier oder taktieren?

Bornemann: Wir können nicht auf Ergebnis spielen. Das entspricht auch nicht dem Charakter oder der Idee dieser Mannschaft. Wir sind immer darauf bedacht, eine gute, stabile Defensive zu haben und streben an, ohne Gegentor zu bleiben. Gleichzeitig haben wir immer den Anspruch, selbst eines zu schießen.

Der Club hat als Zweiter mit zwei Punkten Vorsprung die bessere Ausgangsposition. Ein Remis würde ihm mehr helfen als Kiel...

Bornemann: Ich kann mir nicht vorstellen, dass unser Trainer Michael Köllner am 31. Spieltag plötzlich damit anfängt, unsere Idee zu verändern. Ich denke, dass beide Teams wissen, um was es geht und was auf dem Spiel steht. Deshalb wollen sich beide auch eine bessere Ausgangsposition für den Endspurt verschaffen.

Also spielt der Club auf Sieg...

Bornemann: Ich vertrete die Ansicht, dass es immer besser ist, etwas gewinnen zu wollen, anstatt etwas nicht verlieren zu wollen oder nur zu verteidigen. Wir wollen agieren und nichts verhindern. So gehen wir das auch in Kiel an.

Im Hinspiel reichte es nach einer 2:0-Führung nur zu einem 2:2. Was hat der Club bis auf den einen Punkt noch mitgenommen?

Bornemann: Ich denke, man hat in diesem Spiel gesehen, dass uns eine Mannschaft wie Kiel, die nicht nur destruktiv unterwegs ist, sondern auch mitspielen will, liegt. Man darf auch nicht vergessen, dass wir damals zuvor zwei Spiele verloren hatten und Kiel die Mannschaft der Stunde war. Wir haben damals gegen ein gutes Team Lösungen gefunden, wenn wir auch das 2:0 am Ende nicht über die Linie gebracht haben.

Damals lag der 1. FCN sieben Zähler hinter Spitzenreiter Kiel. Jetzt hat Nürnberg sich ein kleines Polster erarbeitet. Ein Beleg, wie gut die Mannschaft in dieser Zeit abgeliefert hat?

Bornemann: Das ist für mich tatsächlich das Interessante. Im Fußball wird meist der Blick nur auf die kurzfristige Perspektive gelegt. Da wird dann schnell vergessen, dass wir aus einem nicht unerheblichen Rückstand einen Vorsprung, wenn auch nur einen kleinen, gemacht haben. Das spricht schon dafür, dass wir eine gewisse Stabilität erreicht haben. Wir sind nie untergegangen oder eingebrochen. Deshalb sehe ich das als Indiz dafür, dass wir schon eine gute Saison spielen. Abschließend werden wir nach dem 34. Spieltag beurteilen, ob es eine gute, eine sehr gute oder eine herausragende Saison war.

Kein Taktieren im Endspurt

Wenn sie auf dem Relegationsplatz 3 endet, war es aber doch eher eine enttäuschende Saison, oder?

Bornemann: Wenn man vor der Saison gesagt hätte, dass wir Dritter werden, dann hätten wir das sicher unterschrieben. Wenn du aber mal Erster oder Zweiter über einen so langen Zeitraum warst, dann willst du das nicht mehr hergeben. Wenn es doch passiert, ist das zu Recht gefühlt mit einer gewissen Enttäuschung verbunden. Aber es ist immer eine Frage der Perspektive und des Betrachtungszeitpunktes. Eine schlechte Saison wird es objektiv betrachtet nicht mehr werden können, höchstens gefühlt.

Gibt es einen übergeordneten Masterplan, um ein Endspiel am letzten Spieltag zu Hause gegen Düsseldorf zu verhindern?

Bornemann: Dort einen Punkt, da vielleicht drei? Nein. Taktieren bringt jetzt keinem Team mehr etwas. Jeder ist gut beraten, jedes Spiel einzeln zu betrachten, weil der Ausgang der anderen Begegnungen auch wieder die Gesamtsituation verändert. Aber alle vier zu gewinnen, würde sicherlich reichen. Vielleicht ist das der richtige Masterplan (lacht). Aber ich habe gelernt, dass das nächste Spiel das wichtigste ist und immer auch das am schwersten zu gewinnende.

Zwischen Schwarzmalerei und schlechtem Gewissen

Die Schwarzmaler befürchten schon ein Scheitern am letzten Spieltag. Stichwort Last-Minute-Abstieg in der Saison 1998/99...

Bornemann: Damit werde ich zum Glück in Ruhe gelassen. In Kiel haben sie damals auch immer versucht, alte Dinge hervorzukramen. Aber was habe ich denn damit zu tun? Oder die Mannschaft, die Spieler? Kein Verein trägt in seiner DNS, dass er grundsätzlich verliert, wenn es um alles geht. Es verändert sich doch auch immer wieder so viel, die Personen, die Umstände. Diese Liga gibt es her, dass man die letzten vier Spiele verlieren, aber alle auch gewinnen kann. Da darf man sich nichts einreden lassen. Das entspricht auch nicht meiner Denkweise.

Wie viel Bornemann steckt denn eigentlich noch in Kiel?

Bornemann: Ich habe mit der Mannschaft natürlich nicht mehr so wahnsinnig viel zu tun. Dass sie noch meine Handschrift tragen könnte, wäre ohnehin Quatsch. Wir haben damals viel an den professionellen Strukturen im Verein gearbeitet und viel von dem, was wir uns vorgenommen haben, auch umgesetzt. Wir wollten aus Kiel mit seinen Möglichkeiten einen stabilen Zweitligisten machen.

Kiel mit einem Sieg möglicherweise den direkten Bundesligaaufstieg zu verbauen, müsste bei Ihnen also kein schlechtes Gewissen auslösen?

Bornemann (lacht): Nein, das hätte ich nicht. Aber das müsste ich auch nicht haben, weil ich nicht das Gefühl habe, dass ich damals etwas hinterlassen habe, was den Verein vor große Probleme gestellt hätte.

33 Kommentare