Club: Kein Star soll Geschlossenheit stören

4.1.2011, 08:17 Uhr
Die Richtung stimmt auch im neuen Jahr: Trainer Hecking schenkt dem bisherigen Personal Vertrauen.

© Wolfgang Zink Die Richtung stimmt auch im neuen Jahr: Trainer Hecking schenkt dem bisherigen Personal Vertrauen.

Nur die sintflutartigen Regenfälle stören ein wenig, ansonsten ist Dieter Hecking rundum zufrieden in Belek. Aufregen kann er sich höchstens über Fußballer, die mit ihren Gedanken woanders sind. Die nach Ballverlusten stehen bleiben, wenn eigentlich energisches Nachsetzen gefordert wäre. Julian Schieber und Mehmet Ekici mussten sich gestern Vormittag jedenfalls einiges anhören von ihrem rund 30 Meter entfernten Chef.

Viele seiner Fußballer müssen eben noch einiges lernen. Von den 22 Feldspielern, die mit in die Türkei fliegen durften, sind immerhin 13 erst 23 oder jünger. Darunter auch weniger berühmte wie Junior Markus Mendler (17) oder Christoph Sauter (19) und Timothy Chandler (20) aus der Regionalliga-Reserve. Letztgenannten möchte man als rechten Verteidiger aufbauen.

„Den Druck erhöhen“

Deshalb ist Belek für die Mendlers und Chandlers weit mehr als eine sportliche Lustreise. „Wir sind von ihnen überzeugt“, sagt Hecking, ihr Chef; rasche Lernerfolge vorausgesetzt, sollen die zahlreichen Talente „den Druck im Kader erhöhen“. Der ohnehin schon größer ist, als man vielleicht annehmen könnte; aus dem zuletzt von Hecking in der Liga nominierten 18-köpfigen Aufgebot müssen bereits zwei für die damals verletzten Stammkräfte Per Nilsson und Mike Frantz weichen, andere drängen nach.

Auch deswegen braucht man heuer nicht unbedingt Millionen auszugeben auf dem Transfermarkt. Vor einem Jahr war das anders. Als sportlich kaum noch etwas zusammenlaufen wollte beim Vorletzten und es auch intern nicht mehr stimmte. Mit Breno, Andreas Ottl und Mickael Tavares lieh man sich für viel Geld erfahrene Stabilisatoren, die Nürnbergs Elf auch prompt wieder mehr Halt und Struktur geben sollten. So viel davon, dass es zum Klassenverbleib reichte.



Seitdem hat sich eine auf und neben dem Platz gut funktionierende Mannschaft entwickelt, deren Geschlossenheit man nicht leichtfertig durch die Verpflichtung von teuren Stars gefährden möchte. Selbst Edel-Reservisten wie Österreichs viermaliger Nationalspieler Rubin Okotie, wenn man so will der erste Winter-Zugang, müssen sich erst mal hinten anstellen. „Wir sind ein gutes Team“, sagt der lange verletzte Angreifer, „da sollte man nicht unnötig Öl ins Feuer gießen.“ Mit eventuell missverständlichen Aussagen. Dass es sein Anspruch ist, wieder regelmäßig dabei zu sein, versteht sich eigentlich von selbst.

Und Okoties Neustart verläuft einigermaßen vielversprechend. Ganze zwei Minuten konnte er sich in der Hinserie zeigen, es waren die letzten zwei im letzten Vorrunden-Spiel gegen Hannover. „Ich will jetzt eigentlich richtig durchstarten“, sagt der kräftige Strafraumstürmer, der sich bis 2014 an den 1. FC Nürnberg gebunden hat. Internationale Top-Vereine waren zuvor an dem Torjäger von Austria Wien interessiert, es schien für Okotie nur eine Richtung zu geben, nach oben. Bis ihn ein Knorpelschaden jäh aus sämtlichen Karriere-Träumen riss.

„Ich war am Boden“, sagt Okotie rückblickend — fühlt sich nun aber stark genug, um es allen zu zeigen. „Bei fast 100 Prozent“ seiner Leistungsfähigkeit wähnt er sich mittlerweile, was Hecking aber noch zu wenig ist. „Ich zweifle nicht an ihm, aber Rubin muss es uns erst noch beweisen.“ Dass er eine echte Alternative zu Schieber sein kann, von denen Hecking nicht viele hat. Eigentlich gar keine. Albert Bunjaku, mit zwölf Treffern immerhin Nürnbergs erfolgreichster Profi der Vor-Saison, fällt noch mindestens bis April aus — ebenfalls mit einem Knorpelschaden.

Trotzdem will man sich nicht verrückt machen lassen vom aktuellen Kaufrausch der Kölner, Mönchengladbacher oder Stuttgarter. Allesamt Vereine, die in der Tabelle hinter Nürnberg stehen. „Wenn man von sich überzeugt ist und sich keine Blöße gibt, können die anderen machen, was sie wollen.“ Sagt Hecking. Und der muss es eigentlich wissen.