Crailsheim statt Chicago: Der Club setzt auf Fannähe

23.7.2018, 14:11 Uhr
Mit Präsenz in der Region will der 1. FC Nürnberg die fränkischen Fußballfans begeistern.

© Sportfoto Zink / DaMa Mit Präsenz in der Region will der 1. FC Nürnberg die fränkischen Fußballfans begeistern.

Wenn man Michael Zorc richtig verstanden hat, dann ist er einigermaßen glücklich darüber, dass er nicht der Sportvorstand des 1. FC Nürnberg ist, sondern diese Funktion bei Borussia Dortmund ausübt. Gut, Zorc hat den 1. FC Nürnberg nicht explizit erwähnt, als er am Samstagabend dem Fernsehsender Sky ein Interview gegeben hat, aber man konnte den Club schon mitdenken, als man Zorc zuhörte. Zorc stand in Chicago, gerade hatte er mitangesehen, wie seine Borussia das Manchester City Pep Guardiolas mit 1:0 bezwungen hatte, und nun sagte er also in die Kamera: "Ich habe lieber solche Spiele gegen Man City oder gegen Liverpool, als über die Dörfer zu tingeln."

Der 1. FCN dürfte sich da gerade auf der Heimfahrt aus Würzburg befunden haben, das zwar kein Dorf ist, aber auch keine Stadt im Zorc’schen Sinne. Der 1. FC Nürnberg setzt ja gerade der Globalisierung des Fußballs eine eigene Strategie entgegen. Das liegt zum einen daran, dass niemand auf die Idee kommen würde, den Club für ein Testspiel gegen Manchester City nach Chicago zu karren, zum anderen daran, dass man im Verein hofft, sich wenigstens die Liebe der Menschen in der Nachbarschaft durch Präsenz erhalten zu können.

Vollkontakt mit den Fans

Sie tingeln mit großer Ernsthaftigkeit über die Dörfer, waren in dieser Sommer-Vorbereitung schon beim FSV Erlangen-Bruck zu Gast, in Weismain, in Crailsheim und in Seligenporten. Den regionalen Charakter wollen sie betonen, was nicht schlecht sein muss in einer Welt, in der der FC Schalke 04 einen Teil seiner Trainingsarbeit nach China verlagert.

Der Club hingegen setzt auf den Vollkontakt mit den Fans, am Sonntag war dann kaum noch ein Dorf vor ihnen sicher, das nicht bei drei auf dem nächsten Baum verschwand, was — zugegebenermaßen — Dörfern einigermaßen schwerfällt. Der Club trieb seine Leidenschaft auf die Spitze und schwärmte aus zu Fanklub-Besuchen. Man kennt das schon vom FC Bayern, der das aus Tradition macht und oft für Bilder gesorgt hat, die man sehr leicht mit Satire verwechseln konnte, wenn der für viele Millionen Euro eingekaufte Brasilianer sich plötzlich an einem Ort wiederfand, den schon in München keiner mehr kennt und mit der örtlichen Blaskapelle posieren muss oder mit Kühen oder mit beiden.

Chicago? Kann noch dauern

Vom Club sah man solche Bilder am Sonntag zunächst nicht, nur eines, das aufgenommen war im vereinseigenen Museum und auf dem noch nicht alle Beteiligten so aussehen, als wären sie überzeugt von dieser Idee. Zweifel waren erlaubt, Absagen nicht — und so fuhr zum Beispiel Edgar Salli nach Sonneberg, Michael Köllner durfte nach Nittenau, Eduard Löwen schaute in Merkendorf vorbei und Patrick Erras durfte sich in Marktredwitz erklären lassen, warum die Einheimischen nur von Rawetz sprechen.

Bei 18 ihrer knapp 700 Fanklubs haben sie am Sonntag vorbeigeschaut, 90 Minuten dauerte jeder Besuch — und damit in etwa so lange wie der Auftritt in Würzburg am Samstag. Da ging es gegen die Kickers, die in einer Woche in die Drittligasaison starten und im Nachhinein nicht allzu glücklich sein dürften, dass sie die Nürnberger eingeladen haben. 4:0 hieß es am Ende, Edgar Salli traf zweimal, Eduard Löwen und Federico Palacios je einmal. Danach war Michael Köllner sehr zufrieden, bis sie nach Chicago eingeladen werden, dürfte es trotzdem noch etwas dauern.

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