Dart-Lektionen vom deutschen Vizemeister

31.12.2017, 16:00 Uhr
Dart-Lektionen vom deutschen Vizemeister

© Hans Winckler

Derzeit sind im Londoner Alexandra Palace – die eingefleischten Fans sagen "Ally Pally" – die besten Dartspieler der Welt zu bestaunen. Mit einer Präzision und Geschwindigkeit fliegen die Pfeile in die "Triple 20", ins "Bulls Eye" oder in genau das eine Doppelfeld, das man benötigt, um die Runde zu beenden. Ähnlich präzise schafft das der Fürther Marco Salmen, den ich für einen Crashkurs besucht habe.

Natürlich habe ich schon das eine oder andere Mal einen Pfeil auf die Dartscheibe geschmissen. Doch einen Pfeil einfach nehmen und schmeißen? Nein, so macht ein echter Dartspieler das nicht. Aus einer Kiste mit Einzelteilen baut mir Salmen einen Pfeil zusammen. Spitze, Barrel, Schaft und Flight sind aufeinander abgestimmt.

Als Anfänger bekomme ich einen Pfeil, der zwar eher langsam fliegt, dafür aber eine stabilere Flugkurve hat. Die Qualität des Materials ist bei mir nicht ganz so entscheidend, bei Salmens Set durchaus: Seine drei Pfeile kosten rund 180 Euro.

"Die Hauptsache ist", sagt der Experte, "dass du dich wohlfühlst." Also versuche ich es so, wie ich es sonst auch gemacht habe. Nach zwei, drei Würfen mit – wie soll es auch anders sein? – mäßigem Erfolg unterbricht er mich. Die Armbewegung sei falsch, der Pfeil dürfe die Hand erst bei fast ausgestrecktem Arm verlassen. Ich werfe und werfe.

Klingt leicht, ist es aber nicht

Dart-Lektionen vom deutschen Vizemeister

© Hans Winckler

Salmen erklärt mir, am Anfang sei es wichtig, dass alle drei Pfeile nach Möglichkeit nah beieinander auf der Scheibe auftreffen. Klingt leicht, ist es aber nicht. Trotz gefühlt immer gleicher Bewegung ist meine Streuung groß. Die Grundlagen kenne ich nun, nach fast zwei Stunden beim Experten aber war kaum eine Besserung in Sicht. Stehe ich falsch? Halte ich den Pfeil krumm? "Dafür gibt es keine feste Regel, man muss sich wohlfühlen", wiederholt sich der Meister.

Würde ich eine Karriere verfolgen, käme nun Stufe zwei ins Spiel: üben, üben, üben. Er selbst tut das regelmäßig. Als Wirt spielte er anfangs mit seinen Gästen – und verlor regelmäßig. Vom Ehrgeiz gepackt, "spickerte" er wochenlang jeden Tag. "Bis ich irgendwann derjenige war, den kein Gast mehr besiegt hat." Seine Ziele wurden größer: Marco Salmen wollte in die Nationalmannschaft und trainierte von nun an sechs Tage pro Woche mehrere Stunden. Vor sechs Jahren schließlich ging der Traum, für Deutschland anzutreten, in Erfüllung.

Könnte ich das also auch schaffen? Salmen meint, Kontinuierliches Üben, vor allem dann, wenn es mal nicht vorangeht, und eine Portion Talent seien maßgeblich. Hinzu komme der Kopf. Er selbst trainiert kaum mehr. Er beschreibt es so: "Ab einem gewissen Level passiert Darts nur noch im Kopf."

Er rät mir, nicht auf meinen Gegner zu achten, "das macht dich nur verrückt". Auch nachdenken über Technik, Haltung und Bewegung dürfe man nicht zu viel. Nicht umsonst gibt es im Profibereich mehr und mehr Mentaltrainer. Selbst als Experte könne er mir lediglich Tipps geben, den Sport jemandem beizubringen, schaffe kein Trainer. Und wieder dieser Satz: "Du musst dich eben wohlfühlen."

Mich interessiert noch eine Frage: Wie ist das mit dem Alkohol unter den Dartspielern? Helfen zwei Bier, um ein ruhiges Händchen zu bekommen? Um nicht zu viel nachzudenken? Oder ist das nur das Image, das Laien diesem Sport – oder ist es nur ein Spiel? – zuordnen?

Salmen und seine Frau, die ebenfalls Dart spielt, haben diese Fragen sicher schon öfter gehört. Der Sport, so erklären sie, sei in den vergangenen Jahren schon professioneller geworden. Bei Wettkämpfen ist Alkohol auf der Bühne verboten. Das sei auch wichtig und gut so. Dennoch: Auch bei der PDC-Tour, sozusagen der Champions-League des Darts, werde in der "Players’ Lounge" durchaus getrunken. Salmen hat’s selbst erlebt.

"Ein striktes Alkoholverbot würde dem einen oder anderen Profi- oder Amateurspieler wohl Probleme bereiten", meint Salmen vielsagend. Müsste ich mir also einen antrinken? "Der gute Darter hält seinen Pegel", lautet das Motto in der Szene. "Der Sport ist nun mal in der Kneipe entstanden, das Grundkonzept soll auch bestehen bleiben", spricht aus Salmen der Wirt, auch wenn er selbst meist ohne Alkohol vor die Scheibe tritt.

Ich selbst bin nüchtern geblieben. Ob es mit einem Bier besser gelaufen wäre, wage ich zu bezweifeln. Ab jetzt wird geübt – wohl auch mal in der Kneipe.

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