Das schwierige Doppelleben von homosexuellen Fußballern

17.7.2011, 18:28 Uhr
Das schwierige Doppelleben von homosexuellen Fußballern

© Wolfgang Zink

Walther-Ahrens, die zwischen 1995 und 1999 in der Frauen-Bundesliga für Turbine Potsdam auflief, setzt sich seit Jahren für die Belange von lesbischen und schwulen Sportlern ein. Als DFB-Beraterin und Delegierte der European Gay and Lesbian Federation ist sie eine echte Insiderin. Die Autorin befasst sich in ihrem Buch „Seitenwechsel“ mit einem heißen Eisen: Homosexualität im Fußball. Doch auch die Sportwelt insgesamt wird beleuchtet.

Für Hetero- oder Homosexuelle gelte grundsätzlich dieselbe Ausgangsbasis. Entweder liebe man den Sport oder man hasse ihn. Doch für Schwule mutiere oft bereits der Schulsport zum traumatischen Erlebnis. Nämlich dann, wenn man das geforderte Männlichkeitsideal nicht erreiche. „Auch homosexuelle Spitzensportler haben Angst, nur auf ihre Sexualität reduziert zu werden. So haben sich Stars wie Martina Navratilova erst nach ihrer aktiven Karriere geoutet“, erläutert Walther-Ahrens. Besonders im Bereich Teamsport würden viele ein zutiefst belastendes Doppelleben führen müssen.

Ein Teil der Anstrengungen liege nämlich permanent darauf gerichtet, dass niemand etwas merkt. Deutlich äußerte sich der ehemalige Coach des kroatischen Nationalteams Otto Baric. Der stellte einst klipp und klar fest: „Ich weiß, dass es in meiner Mannschaft keine Homosexuellen gibt. Ich erkenne einen Schwulen innerhalb von zehn Minuten, und ich möchte sie nicht in meinem Team haben." Deshalb würden schwule und lesbische Vereine einen wichtigen Anspruch an die heterosexuelle Welt formulieren. Dieser lautet: Es gibt uns und wir lieben unseren Sport. DFB-Präsident Theo Zwanziger heißt heute öffentlich Schwule und Lesben in den Vereinen willkommen. Noch 1995 verbot der Deutsche Fußball-Bund lesbischen Nationalspielerinnen, bei den Gay Games teilzunehmen.

Ihre eigene Vita behandelt die gebürtige Hessin im Zeitraffer. „Jungs fand ich immer nur toll, wenn ich gegen sie kickte“, erinnert sie sich. Als Walther-Ahrens für Tennis Borussia Berlin auflief, bekam sie eine gewisse Homophobie zu spüren. Die Managerin des Frauen-Teams verbot ihr nämlich, Hand in Hand mit ihrer damaligen Lebensgefährtin zum Training zu erscheinen.

Unterstützung von Seiten ihrer Mannschaftskolleginnen gab es keine. Walther-Ahrens hat prominente Spielerinnen wie Fatmire Bajramaj zum Thema befragt. „Es stört mich ungemein, wenn Frauenfußball zum lesbischen Wuchtbrummensport degradiert wird“, ärgert sich Bajramaj. Eine vollkommen andere Sicht habe man in den USA. Dort gilt Fußball als Sport von Frauen und Schwulen.

Echte Kerle spielen dagegen American Football. Der Playboy vom Juni 2011 warb mit entblätterten Bundesligaspielerinnen. Das Setzen auf nackte Tatsachen sieht Walther-Ahrens eher zwiespältig. Sex sells, okay, doch zur breiten Anerkennung des Frauenfußballs trage ein blanker Busen eher wenig bei. Am Ende zieht die 40-Jährige einige der gängigsten Klischees durch den Kakao. So sei das gemeinsame Duschen von Homo- und Heterosexuellen eine durch die Bank fade Angelegenheit.

Stammgast bei „Kaltblütig verwandelt“ ist Hans Meyer. Der ehemalige Club-Coach berichtete von seinen Erfahrungen. Er habe während seiner Trainer-Karriere rund 580 Fußballer betreut. Kein einziger schwuler Spieler sei darunter gewesen. Die Erklärung hierfür entpuppe sich als eigentlich ziemlich banal. „Schwule fühlen sich in einem homophoben Männersport wie Fußball nicht wohl“, unterstreicht Meyer.

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