"Den halten wenige": Köllner beerdigt Club-Torwartdebatte

10.4.2018, 05:51 Uhr
Den hat er: Fabian Bredlows Glanzparade in der Schlussminute.

© Sportfoto Zink / WoZi Den hat er: Fabian Bredlows Glanzparade in der Schlussminute.

Der Wahnsinn wollte einfach kein Ende nehmen am Samstagnachmittag. In der 90. Minute bekam der 1. FC Heidenheim noch einen Freistoß zugesprochen, doch einige Meter vom Strafraum des FCN entfernt, aber nah genug, um zur späten Bedrohung zu werden für den knappen Vorsprung. Knapp 30.000 Menschen hielten den Atem an, als der linke Verteidiger Arne Feick den Ball elegant über die Abwehrmauer zirkelte. Nur einer konnte den Ausgleich noch verhindern.

"Im ersten Moment bin ich kurz erstarrt", erzählt Fabian Bredlow am nächsten Tag; so eine Glanzparade tut natürlich jedem Torwart gut und ihm gerade ganz besonders, nachdem er sich einiges hatte anhören müssen nach seinem folgenschweren Patzer beim 1:1 in Dresden. Selbst sein Trainer wollte ihn zunächst nicht mehr in Schutz nehmen vor den Kritikern. "Die Woche war nicht einfach für mich", gestand Nürnbergs Nummer eins, für den Kopf. Und dann so was.

Nach einer halben Stunde lag plötzlich der Heidenheimer John Verhoek in Nürnbergs Platzhälfte herum, Bredlow eilte zu ihm, um kollegial erste Hilfe zu leisten. "Er sagt: Ruf mal bitte die Physiotherapeuten, ich habe einen Muskelfaserriss und kann nicht weiterspielen." Also rief Bredlow die Physiotherapeuten, der Arbeitstag des Stürmers schien vorbei zu sein. Doch siehe da, wenig später schlich Verhoek wieder aufs Feld. "Ich glaube wirklich: Er hat nur geschossen, weil er nicht mehr laufen konnte", sagt Bredlow, "und dann knallt er das Ding da rein, ich dachte, ich bin im falschen Film." Aus über 35 Metern Entfernung, über den Schlussmann hinweg.

Mitspielen und mitdenken

"Ein Schlag ins Gesicht" sei das 0:1 gewesen, erst recht, da sich Verhoek danach feiern und auswechseln ließ. Bredlow sah nicht glücklich aus bei Verhoeks Traumtor und verletzte sich beim verzweifelten Rettungsversuch auch noch am Ellenbogen, konnte aber insgesamt wenig dafür. Sein Trainer möchte schließlich einen mitspielenden und mitdenkenden Torwart haben, einen, der auch mal einen Steilpass abläuft, wenn die Abwehrreihe aufgerückt ist. Somit wäre es eher kontraproduktiv, wenn er 90 Minuten auf der Linie kleben würde.

Auch vor dem zweiten Gegentreffer war seine Feldposition nicht ideal, bei einer nicht besonders hart getretenen Flanke von der linken Seite. "Falsches Stellungsspiel" sollte sein Trainer später auf der Pressekonferenz knurren, "ich stand direkt am vorderen Pfosten, so ist der Weg dann ziemlich lang", entschuldigte sich Bredlow. Es folgte eine "50:50-Entscheidung" und letztlich eine falsche, über die hinterher aber kaum noch jemand reden wollte. Nicht nach seiner Glanzparade in der 90. Minute. "Ich glaube", schwärmte auch Köllner, "den halten wenige in der Liga."

Bredlow hielt ihn, den fantastischen Freistoß, "Balsam für die Seele" seien die Sekunden gewesen für den in letzter Zeit nicht mehr ganz Unumstrittenen. Am Sonntagnachmittag in Ingolstadt wird Bredlow, sofern er gesund bleibt, seinen 19. Einsatz haben in der Zweiten Liga, erst seinen 19., die meisten zuvor gerieten ihm tadellos. Mit Verweis auf seine bisherigen Leistungen hält Köllner am 23 Jahre alten Bredlow fest, es wäre das falsche Signal, den Torwart "nach einem Fehler gleich anzuzählen". Oder nach zwei.

"Intern", sagt Bredlow, "hab ich nicht so den Druck verspürt, da wurde mir auch das Vertrauen ausgesprochen." Hängen geblieben ist trotzdem etwas nach dem Spiel bei Dynamo Dresden; umso wichtiger war seine Rettungstat eine Woche später. In letzter Minute.

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