Der Club-Code: Geduld und der beste Eckenschütze der Liga

3.2.2018, 11:53 Uhr
Präzisionsarbeiter: Kein anderer Zweitligaspieler hat heuer mehr Tore per Eckball vorbereitet. Enrico Valentinis Standards sind echte Waffen.

© Sportfoto Zink / WoZi Präzisionsarbeiter: Kein anderer Zweitligaspieler hat heuer mehr Tore per Eckball vorbereitet. Enrico Valentinis Standards sind echte Waffen.

Verdient war er, durchaus auch "souverän", wie Doppelpacker Kevin Möhwald befand. Der 4:1-Heimsieg des FCN gegen abstiegsbedrohte Gäste aus Aue geriet am Freitagabend nie wirklich in Gefahr, was gar nicht zwingend an einer großen Überlegenheit des fränkischen Tabellenzweiten lag. Vielmehr entschied: die individuelle Qualität.

Die von Trainer Köllner im Vorfeld geäußerte Vermutung vom zähen Spielverlauf gegen zweikampf- und laufstarke Auer sollte sich in 90 kalten Februar-Minuten tatsächlich bewahrheiten. Die Kicker aus dem Erzgebirge foulten öfter als der Club (11:8), der FCN verzeichnete mehr Torschüsse (11:7) - die übrigen Statistiken waren komplett ausgeglichen. Die Ballbesitzphasen teilten sich die beiden Kontrahenten gerecht auf, in Sachen Zweikämpfe hatte Nürnberg hauchdünn die Nase vorn (51 Prozent). Auch die Eckballstatistik (4:4) diente nach Abpfiff nicht unbedingt als Indikator für den tatsächlichen Spielausgang.

Den Unterschied machte, nicht nur, aber besonders in der letztgenannten Rubrik: die individuelle Qualität. Denn wenn der Unparteiische dem 1. FC Nürnberg einen Eckstoß zuspricht, macht sich meist Enrico Valentini auf den Weg an die Fahne, der momentan beste Eckenschütze der Liga. Das Kopfballtor von Patrick Erras war bereits die vierte Flanke des laufstarken Rechtsverteidigers, die vom Viertelkreis den Weg ins Netz fand. Dazu gesellen sich ein Assist nach einem Freistoß und zwei weitere aus dem Spiel heraus. Sieben Treffer legte der 28-Jährige in der Zweitligasaison 2017/18 bereits auf, im Pokal zudem zwei weitere. Kein anderer Nürnberger ist servierfreudiger.

Apropos Torvorlagen: Valentinis neuerliche Präzisionsarbeit ging am Abend beinahe ein wenig unter, weil sich Neuzugang Federico Palacios mit gleich drei Assists - bei allen drei Situationen bewies er ein gutes Auge und das nötige technische Feingefühl - ein gutes Stück näher an die Herzen des Nürnberger Anhangs arbeitete. Damit hat der von RB Leipzig fest verpflichtete Angreifer bereits jetzt mehr Vorbereitungen auf dem Konto, als sein rotgesperrter Konkurrent auf dieser Position, Edgar Salli.

In den "richtigen Momenten" hat sein FCN getroffen, befand Erras nach Schlusspfiff, freilich auch ein Qualitätsmerkmal. Damit spielte er vor allem auf die beiden sehenswerten Tore Kevin Möhwalds an, eines kurz vor, das andere kurz nach der Pause. Der Doppelschlag hat es Aue nicht einfacher gemacht, wie ein konsternierter Pascal Köpke (14 Prozent gewonnene Zweikämpfe) richtig feststellte. Der Sohn der Nürnberger Torwartlegende Andreas war bei FCN-Abwehrchef Ewerton (107 Ballkontakte) und Kollegen abgemeldet.

Für den Club stand am Ende der fünfte Heimsieg auf der Anzeigetafel. Seit acht Spielen ist die Köllner-Truppe nun schon unbezwungen - womit übrigens auch die Serie von Torwart Fabian Bredlow Bestand hat: Der 22-Jährige hat im FCN-Dress noch überhaupt kein Ligaspiel verloren.

Zufrieden bilanzierte sein Trainer: "Man hat heute wieder die Qualität unserer Mannschaft gesehen", meinte dabei aber gar nicht vordergründig die individuelle Klasse der Valentinis, der Palacios', der Möhwalds. Er sprach vom Kollektiv: "Wir haben uns als richtiges Team präsentiert. Das gibt uns Kraft und Energie für die nächsten Wochen."

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