Die Lilien verpassen dem Club ein Veilchen

27.10.2014, 22:08 Uhr
Die Lilien verpassen dem Club ein Veilchen

© Sportfoto Zink

Eigentlich müsste sich mal einer finden, der den SV Darmstadt 98 und sein Stadion so wie sie sind in ein Museum für Fußball-Romantik steckt. So etwas gibt es ja im Deutschland der Hochglanz-Arenen und der Retorten-Vereine kaum noch: Eine Stadionuhr, die eine Phantasiezeit irgendwo zwischen Sommer- und Winterzeit anzeigt, ein Polizeibus, der unter dieser Uhr auf der Tribüne einen recht prominenten Platz einnimmt, Zuschauer, die auf den meisten Plätzen in diesem Stadion ohne Dach auskommen müssen – und eine Mannschaft, die in der vergangenen Saison mit bescheidensten Mitteln aufgestiegen ist. Dieser Aufstieg ist auch der Grund, warum sie sich gegen das Museum wahrscheinlich doch wehren würden in Darmstadt, sie wollen beweisen, dass man auch unter diesen Voraussetzungen in der 2. Liga mithalten kann.

Bislang war ihnen das vorzüglich gelungen, gegen den 1. FC Nürnberg änderte sich das am Montagabend auch nicht. Das 0:3 (0:1) vor 16.150 Zuschauern stoppte Nürnbergs Serie von zuletzt drei Spielen ohne Niederlage recht abrupt.

Dabei war der 1. FC Nürnberg doch nach Darmstadt gekommen, um die einigermaßen passable Form der letzten Wochen zu konservieren. Hilfreich, das sagte Trainer Valerien Ismael vor der Partie, wäre in dieser Hinsicht, dass man den Gastgebern nicht zu viele Standardsituationen in Tornähe erlauben würde. Der SV spielt Zweitliga-Fußball, Tore nach Eck- oder Freistößen sind da ein anerkanntes Stilmittel. Es waren dann aber nur sechs Minuten gespielt, als die Lilien sich schon an zwei Eckstößen und einem Freistoß in Tornähe hatten versuchen dürfen – erst einmal ohne Erfolg. Sieben Minuten waren vergangen, als auch der Club erstmals Gefahr andeutete: Alessando Schöpfs Versuch aus 20 Metern verfehlte sein Ziel nur knapp.

Es entwickelte sich nun ein recht flotter Zweitliga-Kick, in dem Nürnberg die besseren Möglichkeiten hatte. Nach einer Candeias-Hereingabe verpasste erst Sylvestr den Ball, den Füllkrug dann vor dem Tor nicht mehr unter Kontrolle bekam, ehe Darmstadt klären konnte (12.). Die Gastgeber hatten ihrerseits immer dann Gelegenheiten, wenn sie beim 1. FCN Fehler machten wie Jürgen Mössmer, der nach einer Viertelstunde Hanno Behrens zum Schuss kommen ließ, dafür aber nicht bestraft wurde.

Für ein wenig Entspannung bei seinen Kollegen hätte nach 31 Minuten Daniel Candeias sorgen können, er scheiterte aber schön freigespielt von Robert Koch alleine vor dem Tor an Keeper Christian Mathenia. Nürnberg schien das Spiel nun zu kontrollieren, lag aber nach 39 Minuten und ganz ohne Zutun einer Standardsituation dennoch zurück: Marcel Heller lief durchs Mittelfeld, bediente Darmstadts Torjäger Dominik Stroh-Engel, der Rakovsky keine Abwehrmöglichkeit ließ. Dass der Torschütze bei seinem Treffer im Abseits stand, half dem Club auch nichts, weil der Schiedsrichter die Situation zum Leidwesen der Nürnberger anders einschätzte.

Der zweite Durchgang begann dann gleich mit Stress für Patrick Rakovsky: Vom Anstoß weg schoss Jerome Gondorf auf sein Tor, Rakovsky konnte mit Mühe zur nächsten Ecke klären. Den Gästen fiel zunächst nicht mehr viel Konstruktives ein, zumal das "System" der letzten drei Partien diesmal nicht griff: Wann immer die Nürnberger den Ball weit und hoch nach vorne schlugen, standen da ausreichend viele und vor allem ausreichend große Darmstädter, um den Ball wieder zurückzuschlagen. Die erste Chance zum Ausgleich hatte nach einer knappen Stunde Sylvestr – nach einer zu kurz abgewehrten Ecke wurde er von Candeias bedient, scheiterte aber mit seinem Kopfball an Mathenia.

Ismael brachte jetzt mit Peniel Mlapa einen zweiten Stürmer, musste aber zwei Minuten nach diesem Wechsel mitansehen, wie Darmstadt die Partie schnörkellos für sich entschied. Leon Balogun setzte sich an der Strafraumgrenze gegen zwei Nürnberger durch, schoss und traf ins lange Eck. Nürnberg versuchte sich in der verbleibenden Zeit eher uninspiriert an einer Aufholjagd, Darmstadt gelang noch das 3:0 durch Kempe (83.) dann war Schluss. Der Club muss sich in der Tabelle wieder nach unten orientieren – und im Darmstädter Freilichtmuseum tanzten sie in die Nacht.

SV Darmstadt 98: Mathenia - Balogun, Bregerie, Sulu, Holland - Jungwirth (84. Gorka), Behrens - Kempe, Gondorf (90.+2 Sailer), Heller (90.+1 Ivana) - Stroh-Engel

1. FC Nürnberg: Rakovsky - Celustka, Stark, Petrak, Bihr - Mössmer, Koch - Candeias (73. Pachonik), Schöpf (68. Mlapa), Füllkrug - Sylvestr

Tore: 1:0 Stroh-Engel (39.), 2:0 Balogun, 3:0 Kempe (82.) | Gelbe Karten: Jungwirth - Bihr, Schöpf, Pachonik | Schiedsrichter: Martin Petersen (Stuttgart) | Zuschauer:  16.150.

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