Der Club-Kommentar: Kein Aufstieg mit Ansage

7.5.2018, 22:35 Uhr
Der Club-Kommentar: Kein Aufstieg mit Ansage

© Sportfoto Zink / DaMa

"Wir waren nur mal kurz weg", lautete der kess formulierte Slogan auf den Aufstiegs-Shirts, die sich die Profis des 1. FC Nürnberg anno 2009 übergestreift hatten - der "Betriebsunfall" des gerade noch so stolzen Pokalsiegers war schon ein Jahr später wieder korrigiert.

Diesmal hat der unliebsame Zwischenstopp in Liga zwei ein bisschen länger gedauert. Vier Jahre lang tuckerte der Club-Bus nach Aue, Heidenheim, Regensburg oder Sandhausen. Und dass es auch für Traditionsvereine keine automatische Comeback-Garantie gibt und jede Saison im unglamourösen Fußball-Unterhaus die Situation weiter zuspitzen kann, zeigt das Schicksal des nun sogar in die 3. Liga abgestürzten 1. FC Kaiserslautern.

Die Gunst der Stunde 

Umso wichtiger, dass der Club die vielleicht einmalige Gunst der Stunde, die eine geradezu grotesk ausgeglichene Liga ohne dominante Top-Favoriten wie in den Jahren zuvor Stuttgart, Leipzig oder Hannover heuer bot, beherzt genutzt hat. Erwartet hätten diese Renaissance des Rekordabsteigers wohl nicht einmal die kühnsten Optimisten.

Ein im Profibereich unerfahrener Cheftrainer, ein Team, das im Jahr zuvor lange um den Klassenerhalt hatte bangen müssen, ein massiver Schuldenberg und ein Umfeld, das sich langsam der lähmenden Zweitliga-Tristesse zu ergeben schien – nicht gerade die Mixtur, aus der logische Aufsteiger gemacht sind. 

Ein Trainer, der den Verein und die Stadt lebt

Doch das Vertrauen, das Sportvorstand Andreas Bornemann in den anfangs keineswegs unumstrittenen Michael Köllner setzte, sollte sich auszahlen. Mag der kauzige Oberpfälzer für seine unorthodoxen Methoden und seine extrovertierte Art mitunter belächelt werden, verpasste er dem zunehmend verzagt wirkenden Verein doch eine vitalisierende Frischzellenkur.

Köllner, das ist immer wieder zu spüren, lebt diesen Verein und diese Stadt mit jeder Faser seines Körpers. Mit Ehrgeiz, Fleiß und akribischer Detailarbeit entwickelte er die Mannschaft im Teamwork mit Assistent Boris Schommers kontinuierlich weiter und fand die richtige Balance aus routinierter Reife und juvenilem Elan. Krisen und Kritik begegnete der 48-Jährige stets mit trotzigem Optimismus und einem schier grenzenlosen Selbstvertrauen ins eigene Tun.

Ein Kollektiv, das auch mal selbst die Dinge regelt

Verlassen konnte sich Köllner dabei freilich auf ein funktionierendes Kollektiv, in dem mündige Profis wie Georg Margreitter, Enrico Valentini, Kevin Möhwald, Tim Leibold und natürlich Hanno Behrens, dieser Prototyp des perfekten Kapitäns, die Dinge auf und neben dem Platz notfalls auch mal selbst regelten. Dass der Kader die Verletzungen von Sebastian Kerk, der nach starkem Beginn fast die komplette Saison ausfiel, und Top-Torjäger Mikael Ishak letztlich ebenso wegsteckte wie die Abgänge der hoffnungsvollen Talente Abdelhamid Sabiri, Cedric Teuchert und Patrick Kammerbauer, spricht ebenfalls für das intakte Gefüge einer Mannschaft, die Bornemann mit Neuzugängen wie dem heimgekehrten "Herzens-Cluberer" Valentini, dem brasilianischen Abwehrkünstler Ewerton oder dem begabten Torwart Fabian Bredlow gezielt verstärkt hatte. 

 

Dass der "Ruhmreiche" just 50 Jahre nach der letzten deutschen Meisterschaft dorthin zurückgekehrt ist, wo er seinem Selbstverständnis nach ja hingehört, ist eine hübsche historische Pointe. Nach dem letzten Saisonspiel gegen Mitaufsteiger Düsseldorf dürfen sich die ins Max-Morlock-Stadion geladenen Helden von 1968 gemeinsam mit ihren jungen Epigonen feiern lassen. Und die Leupolds, Brungs', Popps und Volkerts können aus Erfahrung auch gleich mahnend den Zeigefinger heben und daran erinnern, dass im Fußball nichts so vergänglich ist wie der Erfolg.

Denn in der Bundesliga dürfte den 1. FCN ein ganz unromantischer Existenzkampf erwarten, für den die Verantwortlichen erneut ein glückliches Händchen brauchen werden. Damit es im nächsten Jahr nicht heißt: Wir waren nur mal kurz wieder da. 

 

 

 

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