Der Club setzt auf die Kraft des jungen Löwen

28.3.2017, 13:45 Uhr
"Den lassen wir nicht mehr von der Kandare", sagt Club-Coach Michael Köllner über Eduard Löwen.

© Sportfoto Zink / DaMa "Den lassen wir nicht mehr von der Kandare", sagt Club-Coach Michael Köllner über Eduard Löwen.

Für die erste Einheit der Profis nach dem Trainerwechsel wäre Eduard Löwen eigentlich gar nicht vorgesehen gewesen. Nur weil sich Lukas Mühl kurzfristig mit muskulären Problemen abgemeldet hatte, durfte er mitmachen. So weit die offizielle Version von Michael Köllner.

 

Tatsächlich musste sich der 20-Jährige vorher und nachher sogar in einer anderen Kabine umziehen. Löwen schien wirklich zu glauben, dass er an diesem Dienstag nur eine Lücke füllen musste, um danach wieder in der U21 zu verschwinden. Immerhin durfte er am nächsten Tag wiederkommen und auch am übernächsten, als gefühlte Nummer 22 oder 23 im Kader. Ohne jede Chance, ins 18-köpfige Aufgebot zu rutschen.

"Er wusste auch einen Tag vorm Bielefeld-Spiel nicht, dass er irgendeine Rolle bei uns spielt", versichert sein alter und neuer Trainer. Köllner grinst, mit etwas zeitlichem Abstand gesteht er: "Ich habe geblöfft."

Schon am Abend, als er die Verantwortung für die Zweitliga-Vertretung von Alois Schwartz übertragen bekam, hatte er Löwen im Kopf. Weil er ihn ausgezeichnet kennt, seine Schwächen, seine Stärken. Den Sommer-Zugang aus der U19 des 1. FC Saarbrücken hatten sie schon etwas länger auf ihrem berühmten Zettel stehen, verfolgten seine Entwicklung aufmerksam. Und waren zum richtigen Zeitpunkt zur Stelle, um ihn einen Zweijahresvertrag mit Option unterschreiben zu lassen. Heute sagt Köllner: "Den lassen wir nicht mehr von der Kandare."

Dreimal hat er sich Löwen persönlich auf Videos angeschaut und zweimal live, ebenso ein paar Kollegen aus dem Nachwuchsleistungszentrum. Die Meinungen gingen: weit auseinander. "Übergewichtig und langsam" sei er, meinten seine Kritiker, Köllner hingegen glaubte an den kräftigen Allrounder. "Ich habe ihn getroffen und mir gesagt: Den krieg ich hin."

Zentrale Kraft im Chiemsee-Camp

In der Hinserie streikte sein bulliger Körper trotzdem hin und wieder. An Intensität und Umfänge der Einheiten musste sich Löwen erst noch gewöhnen. Nur zwischen Mitte Juni und Ende September sollen es über 100 gewesen sein mit der U21, versichert sein Trainer, Ende Juni nahm ihn Alois Schwartz mit ins Trainingslager der Profis am Chiemsee. Das mit dem Übergewicht hatte sich also relativ schnell wieder erledigt. Fortan galt es, seine beeindruckende Physis optimal auf den Platz zu bringen.

Möglichst simpel soll sein Spiel demnach sein, jedoch strukturiert. In der Mitte, heißt es, findet sich Löwen überall zurecht. Im Abwehrzentrum, im Mittelfeld, selbst im Angriff. Angefangen hat er in der F-Jugend des SV Hottenbach in der Tat als Stürmer; über 100 Tore hat er mal in einer Saison geschossen, erzählte Löwen einst der Saarzeitung. Seine Eltern waren 1997 von Sibirien nach Rhaunen in Rheinland-Pfalz übergesiedelt; weil er sich in der Jugendabteilung des 1. FC Kaiserslautern ungerecht behandelt fühlte, wechselte Löwen im Sommer 2015 zum 1. FC Saarbrücken. In der U19- Bundesliga Süd/Südwest fiel er schnell auf, auch den Scouts aus Nürnberg. Sein damaliger Trainer Martin Forkel, in den 90er Jahren in Vestenbergsgreuth und Fürth aktiv, musste ihn regelmäßig bremsen.

Der Rest ist spätestens seit dem 12. März ein kleines Märchen. Bei seinem Zweitligadebüt gegen Bielefeld gefiel er gleich als unermüdlicher Antreiber und Zweikämpfer, auch in der Alten Försterei zu Berlin wirkte sich seine Unbekümmertheit und Dynamik ausgesprochen positiv aus.

"Edu legt sehr viel Wert auf Vertrauen"

Um im Rhythmus zu bleiben, durfte Löwen auch fünf Tage später gegen den TSV Buchbach auflaufen. Die Regionalliga Bayern als Kontrastprogramm zum Kracher bei Union Berlin – allerdings nicht, um ihn wieder auf den Boden der Tatsachen zurückzuholen. Die Gefahr, demnächst abzuheben, besteht bei ihm angeblich nicht. "Edu legt sehr viel Wert auf Vertrauen", sagt Köllner, "er bewertet das Miteinander sehr kritisch." In seinen bislang rund neun Monaten Nürnberg habe er demnach gemerkt: "Die meinen es ehrlich mit mir."

Ehrlich und vor allem offen dürfte auch die Aufarbeitung seiner Leistung gegen den TSV Buchbach gewesen sein. Löwen wählte oft die falsche Lösung, verkomplizierte diverse Situationen mit dem einen oder anderen Haken zu viel. Tribünengast Köllner schüttelte ein paar Mal den Kopf, wird Löwen aber spätestens bis Freitagabend verziehen haben. Wenn wahrscheinlich wieder eine tragende Rolle für ihn vorgesehen ist. Irgendwo in der Mitte der Profi-Elf.

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