"Der Deutsche" muss auf Cohen verzichten

31.5.2012, 06:58 Uhr

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Seinen Spitznamen hat sich Eli Guttman offensichtlich hart erarbeitet. „Der Deutsche“ wird der israelische Nationaltrainer in seiner Heimat genannt. Akribie, Fleiß und Pünktlichkeit zeichnen die Arbeit des 54-Jährigen aus. Damit erfüllt er aus Sicht seiner Landsleute wohl die typisch deutschen Tugenden. Und mit deren Hilfe will er der deutschen Nationalmannschaft heute Abend beim Länderspiel in Leipzig (20.30 Uhr/ARD) das Leben schwermachen. Verfolgen Sie das Spiel in unserem Live-Ticker!

„Wir dürfen keine Sekunde die Konzentration verlieren, die Deutschen bestrafen das sofort. Sie werden dir keine Zeit zum Nachdenken geben“, weiß Guttman. Und der Trainer muss es wissen, denn er kennt die Auswahl von Bundestrainer Joachim Löw besser als viele andere. Guttman hospitierte Ende des vergangenen Jahres mehrere Tage beim Deutschen Fußball-Bund (DFB) und lernte die deutschen Stars dabei näher kennen.

„Wir haben ein gutes Verhältnis. Er hat alles gesehen und kennt die Mannschaft sehr gut“, sagt Kollege Löw mit einem Augenzwinkern. Auch er wird sich seinerzeit schon ein wenig informiert haben über den letzten Gegner vor der EM. Israel ist eine aufstrebende Fußballnation, die sich stark für die Bundesliga interessiert. In kleinen Schritten geht es nach oben, die Spitze ist jedoch noch weit entfernt für den Weltranglisten-58. Lediglich 1970 konnte sich Israel für ein großes Turnier qualifizieren, damals noch in der Asien- und Ozeaniengruppe. Bei der WM in Mexiko glückten immerhin zwei Unentschieden, eines gegen den späteren Vizeweltmeister Italien. Trotzdem schied Israel nach der Vorrunde als Tabellenletzter aus.

Auch in europäischen Vereinswettbewerben sorgten Vertreter aus Israel bisher selten für Aufsehen. Daran dürfte auch der neue Meister Hapoel Ironi FC aus Kiryat Shmona nicht viel ändern. Knapp 20000 Menschen leben in der Grenzstadt nur, deren Fußballer heuer eine kleine Sensation schafften. Normalerweise führt an Maccabi Haifa, Beitar Jerusalem, Maccabi Tel Aviv oder Hapoel Tel Aviv kein Weg vorbei, auch Maccabi Netanya mischt regelmäßig oben mit. Hierzulande bekannt wurde der Club spätestens 2006, als Lothar Matthäus dort den Trainerposten übernahm.

 


Dem deutschen Rekordnationalspieler ist es auch zu verdanken, dass Almog Cohen 2010 beim 1. FC Nürnberg landete. Nach einer starken Premieren-Saison saß Cohen zuletzt häufig auf der Bank, auch heute wäre er wohl Ersatz gewesen. Eine Ellenbogenverletzung, erlitten vor drei Wochen beim Freundschaftsspiel in Baiersdorf, verhindert seinen Einsatz.

Cohen, der aus Ber’Sheva stammt, gelegen zwischen Gaza-Streifen und Westjordanland, war zunächst einziger Bundesliga-Profi aus Israel, ehe vergangenen Sommer seine Landsleute Itay Shechter und Gil Vermouth nach Kaiserslautern wechselten. Mit Shechter ist er gut befreundet, fast täglich hören die beiden voneinander. Und fiebern vor allem den gemeinsamen Auftritten für Israel entgegen. Daraus wird heute nichts; mittel- und langfristig haben Cohen und Shechter aber noch einiges vor.

Der Traum von Brasilien

„Wir haben natürlich Ziele und arbeiten an ihrer Erfüllung“, sagt Nationaltrainer Guttman, „dazu gehört ganz klar die Qualifikation für die WM 2014 in Brasilien.“ Guttman, der noch auf seinen ersten Sieg mit Israel wartet, lobt die DFB-Auswahl als „aktuell wohl beste Mannschaft der Welt“ und sagt: „Es ist eine große Ehre, dass sie ihre Generalprobe vor der EM gegen uns bestreiten.“ Ein ähnliches Debakel wie am 13. Februar 2002, beim bisher letzten Vergleich in Kaiserslautern, wollen sie diesmal unter allen Umständen verhindern; nach einer Pausenführung kassierte Israel in 28 Minuten sieben Gegentore, drei erzielt von Miroslav Klose. Es ist bis heute die höchste Niederlage der Verbandsgeschichte.

Israels großer Star und Kapitän Yossi Benayoun vom FC Arsenal war schon damals dabei, auf ihm ruhen auch heute die Hoffnungen. „Natürlich“, sagt Guttman, „wollen wir es jetzt besser machen.“

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