Der Köllner-Effekt beim Club: Kreativ und doch simpel

13.3.2017, 13:08 Uhr
Nach dem Spiel feierte Club-Coach Köllner den Sieg seiner Mannschaft.

© Sportfoto Zink / DaMa Nach dem Spiel feierte Club-Coach Köllner den Sieg seiner Mannschaft.

Statistisch gesehen sind Trainerwechsel im Fußball relativ wirkungslos, wie eine Analyse von 150 Entlassungen in der Bundesliga zwischen 1963 und 2009 einst feststellte. Meist gibt es gar keine Verbesserung bei den Klubs, oder eine nur minimale. Statistisch gesehen trafen mit dem 1. FC Nürnberg und Arminia Bielefeld auch die beiden Rekordabsteiger der Bundesliga-Historie aufeinander. Und statistisch gesehen ging es für den Club unter Alois Schwartz auch bedenklich bergab. Statistik ist im Sport viel wert, kann aber nicht das Bauchgefühl ersetzen, das ein Manager im harten Geschäft braucht.

Club-Sportvorstand Andreas Bornemann wird vermutlich Bauchschmerzen gehabt haben, ehe er Schwartz am vergangenen Dienstag entließ und Michael Köllner, Cheftrainer der U21, als neuen Coach vorstellte. Nicht zuletzt, weil der neunmalige deutsche Meister im vergangenen Sommer eine beachtliche Ablösesumme für Schwartz hingelegt hatte und dessen Misserfolg auch ein Stück weit auf Bornemann zurückfällt. Die Bauchschmerzen sollten nach der Partie am Sonntag allerdings - zumindest vorübergehend - weniger geworden sein.

Einen besseren Gegner als Bielefeld konnte es für den Club vielleicht kaum geben: Am Sonntag blieb der FCN durch das 1:0 das neunte Zweitliga-Spiel in Folge gegen die Arminia ohne Niederlage. Ein gelungenes Debüt für Köllner, der im Vergleich zur Schwartz-Elf vom Derby gleich auf sechs Positionen - teils verletzungsbedingt oder aufgrund von Sperren - wechselte. In die Startelf rückten so zum Beispiel Dennis Lippert, Eduard Löwen oder Siegtorschütze Ondrej Petrak.

Im Duell der Fahrstuhlmannschaften - beide Vereine sind mit je sieben Aufstiegen in die Bundesliga Rekordaufsteiger und mussten ingesamt 15 Abstiege verkraften - versuchte Bielefeld intensiv über die linke Abwehrseite des FCN anzugreifen. Dort absolvierte der 21-jährige Lippert seine erst fünfte Zweitliga-Partie. Der Youngster ließ sich aber nicht beirren, machte einen ordentlichen Job und sorgte als Teil des stabilen Defensivverbunds dafür, dass Bielefeld kaum zu Chancen kam - was natürlich auch am aktuellen Tief der Arminen lag, die derzeit mit nur drei Punkten Letzter in der Auswärtstabelle sind.

Petrak macht's ganz einfach

Unter Alois Schwartz machten viele Anhänger und Beobachter die Anschuldigung, der Club würde sich zu sehr auf wirkungslose, lange Bälle verlassen. Tatsächlich war die Quote an hohen Zuspielen gegen Bielefeld (17 Prozent) niedriger als in den letzten Wochen der Ära Alois, als etwa 19 Prozent der gespielten Pässe lange Bälle waren. Deutlich zu sehen war indes, dass Michael Köllner offensichtlich Eckballvarianten trainieren ließ. Die Varianten blieben zwar ohne Effekt, zeigten aber, dass Köllner eine gewisse Kreativität mitbringt, die in den letzten Wochen schmerzlich vermisst wurde.

Der Siegtreffer durch Ondrej Petrak war hingegen erfrischend einfach. Keine Ballstafette, keine wilden Läufe in den Rücken der Abwehr, sondern ganz ohne Schnickschnack und womöglich sogar so einstudiert. Ein Möhwald-Einwurf von der rechten Seite auf Salli, der Kameruner legte quer auf den sträflich allein gelassenen Petrak. Nach dessen Schuss zappelte die Kugel im Netz - so einfach kann man Tore machen. Diese Erkentnis dürfte für den Club in seiner jetztigen Situtation durchaus wichtig sein

Auch die Defensivkräfte besannen sich, wenn sie sich in den Angriff einschalteten, auf die Grundlagen. Die Innenverteidiger spielten eine besondere Rolle und waren bei so gut wie jeder Standardsituation gefährlich. Insgesamt acht Kopfbälle gaben Bulthuis und Margreitter in Richtung Tor ab, Letzterer war zudem vermehrt mit dem Spielaufbau vertraut und hatte satte 85 Ballbesitzphasen vorzuweisen - mehr als jeder andere Akteur auf dem Platz. Die beiden Außenverteidiger machten ihre Sache ebenfalls gut und sorgten mit jeweils vier Flanken auch für Betrieb in der gegnerischen Hälfte. Insgesamt fand jede zweite Hereingabe der FCN-Kicker einen Abnehmer, bei Bielefeld war es nur fast jede Vierte.

Es war für den 1. FC Nürnberg also nicht nur ein gewöhnlicher Sieg, sondern auch ein Blick in die nahe Zukunft. Der erste Härtetest unter dem neuen Coach ist bestanden, die Serie von drei sieglosen Heimspielen in Folge durch den ersten Heimsieg im Jahr 2017 beendet. Den Sieg gänzlich dem neuen Trainer zuzuschreiben wäre zwar der einfachste, aber wahrscheinlich nicht der richtige Ansatz. Festzuhalten ist aber, dass das Team in Rot-Schwarz sich am Sonntag besser präsentierte als in den Spielen zuvor.

Ob das nur am Gegner oder eben auch an Köllner lag, werden vermutlich die nächsten Wochen zeigen. Denn "bis auf weiteres", so betonte Bornemann, wird Köllner die Geschicke der Club-Elf leiten. Und wenn die Erfolge auch "bis auf weiteres" bleiben, wird am Valznerweiher wohl auch niemand etwas dagegen haben.

47 Kommentare