Götze sei Dank: Deutschland ist Weltmeister

14.7.2014, 00:29 Uhr
Götze sei Dank: Deutschland ist Weltmeister

© AFP

Bundestrainer Joachim Löw sah nach dem famosen 7:1-Triumph im Halbfinale gegen Gastgeber Brasilien keinen Anlass, seine Startelf umzustellen. Eigentlich wollte er im dritten Spiel in Folge derselben Formation vertrauen – bis ihn kurz vor Anpfiff die Hiobsbotschaft erreichte. Khedira meldete sich mit Wadenproblemen kurzfristig ab, für ihn rückte Kramer in die Startformation. Nach zwei Kurzeinsätzen machte der Gladbacher sein erstes WM-Spiel von Beginn an – und das gleich im Finale. Argentiniens Coach Alejandro Sabella brachte im Vergleich zum 4:2-Sieg im Elfmeterschießen gegen die Niederlande das Personalkarussell nicht in Schwung und vertraute der siegreichen Elf aus dem Halbfinale. Somit blieb der angeschlagene di Maria außen vor, nahm aber immerhin auf der Bank Platz.

In den Anfangssekunden war die DFB-Elf darauf bedacht, über Ballkontakte Sicherheit in die zittrigen Füße zu bekommen. So gab es den ein oder anderen Fehlpass – aber auch den ersten Abschluss. Kroos scheiterte mit seinem Freistoß an der Mauer, im direkten Gegenzug feuerte Higuain das Leder aus spitzem Winkel am langen Pfosten vorbei (4.). Es entwickelte sich ein ausgeglichenes Spiel mit leichten Vorteilen für Deutschland. Immer wieder suchten Müller & Co. per Flanke den stets lauerndern Klose. Die Albiceleste setzte auf schnelle Gegenangriffe, Messi bereitete Hummels so einige Probleme.

Garay knockt Kramer aus

Es folgten gleich mehrere Schrecksekunden für Löw: In der 16. Minute bekam Kramer im Zweikampf mit Garay dessen harte argentinische Schulter in das Gesicht gerammt und blieb benommen auf dem Rasen liegen. Schiedsrichter Rizzoli sah jedoch kein Foul, so dass der Elfmeterpfiff ausblieb. Immerhin konnte Kramer weiterspielen – zumindest vorerst. Als Kroos fünf Zeigerumdrehungen später Teamkollege Hummels per Kopf überspielte, bot sich Higuain plötzlich die riesige Chance zum Führungstreffer. Doch der Angreifer des SSC Neapel zog viel zu überhastet ab, so dass Neuer nicht eingreifen musste.

Das DFB-Team agierte durchaus bemüht, doch zielstrebiger blieben die Südamerikaner. Nach einer Flanke von Lavezzi schob Higuain zum vermeintlichen 1:0 ein, wurde aber wegen einer Abseitsposition korrekterweise zurückgepfiffen. Weil Kramer derweil weiter einstecken musste, war für ihn schon nach 32 Spielminuten Schluss. Gestützt von zwei Betreuern verließ der Youngster nach couragierter Leistung mit dem Verdacht auf eine Gehirnerschütterung den Platz, Schürrle ersetzte ihn. Der Joker sortierte sich links offensiv ein, Kroos rückte dafür auf die Sechs.

Ohne Kramer keine Balance

Messi juckte das wenig, der viermalige Weltfußballer wirbelte munter weiter und hätte um ein Haar Lavezzi in Schussposition gebracht (35.). Und es ging nun hin und her: Schürrle zog von der Strafraumkante ab, fand aber in Romero seinen Meister (37.). Messi wurde in letzter Instanz im Fünfmeterraum von Boateng gestoppt (40.) und Kroos schob Romero das Spielgerät in die Arme (43.). Und als Krönung nickte Höwedes einen Kroos-Eckball aus vier Metern an den rechten Pfosten (45.+2). Pause.

Sabella brachte zum zweiten Durchgang Aguero für Lavezzi in die Partie. Und Argentinien machte mächtig Dampf. Messi hatte nach nicht einmal 120 Sekunden die große Gelegenheit zum Führungstreffer, verzog aber freistehend aus 13 Metern halblinker Position haarscharf. Die ballsichere Albiceleste gab nun den Ton an, während es der Löw-Elf es an Tempo und Ideen im Vorwärtsgang mangelte. Weil aber die deutsche Defensive um den umsichtigen Boateng wenig Fehler machte, verflachte die Partie allmählich. Ein Klose-Kopfball in Romeros Amre taugte allenfalls als Mini-Aufreger (59.).

Kaum Risiko, kaum Tempo

Je länger die Partie dauerte, desto mehr scheuten beide Seiten das Risiko. Mit dem Mut schwand auch das Tempo aus der im ersten Abschnitt noch so rassigen Begegnung. Dafür wurden die Zweikämpfe ruppiger: Mascherano und Aguero kassierten Verwarnungen. Und wenn sich mal unverhofft eine Chance bot, schlich sich ein technischer Fehler ein (Schürrle, 71.). Auf der anderen Seite hatte Messi aus der zweiten Reihe kein Schussglück (75.).

In der Schlussphase drängte die Löw-Elf wieder etwas beherzter nach vorne. Höwedes wusste am Elfmeterpunkt nicht viel mit seiner Freiheit anzufangen (80.), Kroos versuchte es zwei Zeigerumdrehungen später abermals per überlegtem Flachschuss, zielte aber zu ungenau. Über der deutschen Ungenauigkeit im Abschluss schwebte latent die Genialität von Messi, die sich immer wieder in Ansätzen Bahn brach. Es war ein Nervenkrimi für alle Beteiligten. Der für Klose eingewechselte Götze prüfte in der Nachspielzeit noch einmal Romero – und dann war Schluss. Verlängerung.

Schürrle hat's auf dem Fuß

Deutschland kam mit einem Knalleffekt aus der Pause: Nach nicht einmal 60 Sekunden spielte Götze Schürrle frei, der aus acht Metern aber mittig auf Romero schoss. Beiden Teams war der Kräfteverschleiß anzumerken, auch Hummels wankte bedenklich. Nur der technischen Unzulänglichkeit von Palacios war es zu verdanken, dass in der 97. Minute nicht der Treffer für die Argentinier fiel. Es blieb ein zähes Ringen. Mascherano und Aguero hatten Glück, dass sie nicht vorzeitig vom Platz mussten als sie Schweinsteiger erst umsensten und dann eine Platzwunde im Gesicht verschafften. Spielerisch war nichts mehr geboten.

Zwei ließ das kalt: Schürrle zog noch einen beherzten Spurt an und fand Götze im Zentrum, der das Spielgerät mit der Brust runterpflückte und gekonnt mit links einschoss (113.) - ein Traumtor zu einem ganz wichtigen Zeitpunkt. Die Argentinier waren geschockt, warfen noch einmal alles nach vorne. Doch da stand Manuel Neuer wie ein Fels in der Brandung. Dann der Abpfiff. Deutschland ist zum vierten Mal Weltmeister! Der Jubel bei Löw & Co. kannte keine Grenzen.

Deutschland: Neuer - Lahm, J. Boateng, Hummels, Höwedes - Schweinsteiger - Kramer (32. Schürrle), T. Kroos - T. Müller, Özil (120. Mertesacker) - Klose (88. Götze)

Argentinien: Romero - Zabaleta , Demichelis , Garay , Rojo - Mascherano , Biglia - Perez (86. Perez), Lavezzi (46. Aguero) - Messi - Higuain (78. Palacio)

Tor: 1:0 Götze (113.) | Gelbe Karten: Schweinsteiger, Höwedes - Mascherano, Aguero | Schiedsrichter: Nicola Rizzoli (Italien) | Zuschauer:  73.531.

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