Die letzten Männerbastionen durchbrechen

21.6.2011, 19:26 Uhr
Die letzten Männerbastionen durchbrechen

© Wolfgang Zink

Über einige (wohlgemerkt ernst gemeinte) Reporterfragen wundert sich Kathrin Lehmann immer wieder. Das Repertoire der bizarren Fragen ist groß: „Welches Körperteil schützen Sie in der Freistoßmauer, wie weit liegt die Kabine des Trainers von der Ihrer Mannschaft entfernt, was reden Sie in der Kabine?“, wollten Journalisten schon von der 31-jährigen Sportskanone wissen, die es sowohl im Fußball wie im Eishockey bis ins Schweizer Nationalteam geschafft hat.

Als selbstsichere und redegewandte Sportlerin weiß die langjährige Spielerin des FC Bayern München mit solchen Fragen umzugehen, auch mal ironisch zu kontern („Wir küssen uns natürlich und tauschen Lippenstifte aus“). Es ärgert sie dennoch, dass der Frauenfußball immer noch nicht die Akzeptanz findet, die er ihrer Ansicht nach verdient.

„Frauen haben es schwer, sich durchzusetzen“

Lehmann – die Schweizerin ist die einzige Frau Europas, die sowohl im Fußball wie auch im Eishockey den Uefa-Cup gewonnen hat – war eine von drei Talkgästen, welche die Organisatorinnen des „FrauenFussiFestes“ zum Auftakt der Veranstaltungsreihe zur Frauen-Fußball-WM nach Nürnberg geladen hatten.

Neben Lehmann sind auch die Sportpädagogin und ehemalige Basketball-Nationalspielerin Claudia Kugelmann von der TU München sowie die Berliner Musikerin Christiane Rösinger in die Musikzentrale gekommen, um über das Thema „Frauen im Fußball – Frauen in der Musik“ zu diskutieren. Beide Bereiche lassen sich deshalb so gut kombinieren, weil „Frauen in der Musik oft nur die zweite Geige spielen und im Fußball meist nur den B-Platz bekommen“, wie es die Veranstalter des „FrauenFussiFestes“ ausdrücken.

„Fußball und Indie-Rock sind die letzten großen Männerbastionen“, sagt Christiane Rösinger. Die Gründerin der Lassie Singers, die inzwischen hauptsächlich als Solokünstlerin auftritt, weiß aus eigener Erfahrung, „wie schwer es ist, sich als Frau im Musikgeschäft durchzusetzen“.

Im Fußball verhält es sich ganz ähnlich: „Gerade mal drei Prozent aller Jugendfußballer, die an Leistungsstützpunkten trainieren, sind weiblich“, sagt Sportpädagogin Kugelmann. Die Gründe dafür hat die Professorin vor einiger Zeit in einer groß angelegten Studie erforscht. „Die Auswahl für die Stützpunkte erfolgt im Mädchenbereich sehr willkürlich, außerdem hört man immer noch häufig das Argument, die Mädchen würden den Jungs den Platz wegnehmen“, erläutert Kugelmann, die bis vor kurzem an der Uni Erlangen lehrte, die wesentlichen Ergebnisse.

Hinzu komme, dass die Leistungsmotivation der Mädchen seitens der Trainer und Betreuer häufig völlig anders eingeschätzt werde, als die Mädchen sich selbst beurteilen. „Es wird ihnen nicht zugetraut, dass sie sich durchbeißen können“, sagt Kugelmann.

Hauptmotor dafür, dass sich Mädchen fürs Fußballspielen entscheiden, das hat eine weitere Studie ergeben, sind in erster Linie das Elternhaus, meist also der Vater und/oder Bruder, die ebenfalls kicken. Das größte Hindernis wiederum sind Mütter, die mit Vorurteilen herangehen. „Das wird oft verstärkt durch Grundschullehrerinnen, denen jeglicher Zugang zum Fußball fehlt“, meint Kugelmann.

Es tut sich aber was, das stellt auch Kathrin Lehmann, die regelmäßig Mädchenfußball-Camps veranstaltet und sich als Botschafterin für diverse Sportprojekte einsetzt, immer wieder fest. „Die Mädchen, die in unsere Camps kommen, haben keine Angst mehr vor dem Ball, trauen sich deutlich mehr zu als noch vor einigen Jahren“, sagt Lehmann. Sie glaubt außerdem fest daran, dass auch in Deutschland bald das eintritt, was sie in der Schweiz schon seit längerem beobachtet: Dass ehemals aktive Fußballerinnen sich für den Lehrerberuf entscheiden und ihren Sport mehr und mehr in den Schulalltag integrieren.

Einziger Streitpunkt des Abends bleiben die im aktuellen „Playboy“ veröffentlichten Fotos von DFB-Juniorinnen. „Es ist nichts Neues, dass Sportlerinnen ihre schönen Körper zur Schau stellen“, sagt Kathrin Lehmann. Claudia Kugelmann ist da anderer Ansicht. „Ich ärgere mich sehr über diese Fotos, da waren die Spielerinnen nicht gut beraten“, meint Kugelmann. „Das hat nichts mehr mit Sport zu tun.“

Informationen zu den Veranstaltungen des „FrauenFussiFestes“ unter www.frauenfussifest.de

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