Die wichtigsten Wochen für das Kleeblatt beginnen jetzt

15.5.2018, 05:57 Uhr
Die wichtigsten Wochen für das Kleeblatt beginnen jetzt

© Sportfoto Zink

Nach der Kabinenparty, auf dem Rückweg mit dem Bus, tanzten sie noch einmal gemeinsam mit den Anhängern in einer Fastfood-Filiale auf den Tischen.

Die überschwängliche Freude erklärt sich damit, dass wohl selbst bei der Spielvereinigung nicht mehr viele wirklich auf den direkten Klassenerhalt zu hoffen gewagt hatte. Und wer weiß, ob das Kleeblatt nach dem bis zum Schlusspfiff drohenden Abstieg jemals wieder an seiner stolzen Zweitliga-Historie hätte weiterschreiben können.

Aue legt Protest ein

Die Erleichterung der Sportler, von denen viel Druck abfiel, war verständlich. Und doch konnte der ausgelassene Jubel auch ein Stück weit verwundern, denn viel Anlass für Euphorie gibt es nicht. Wie schon vor drei Jahren beim 0:2 in Leipzig war auch diese Fürther Mannschaft von den Ergebnissen in anderen Stadien abhängig. Und diesmal hatte in Darmstadt sogar ein komplettes Schiedsrichtergespann versagt, indem es Aue ein reguläres Tor verweigerte und ein Handspiel im Strafraum übersah. Bei einem Remis Aues hätte Fürth in der schwierigen Relegation gegen den Drittligisten Karlsruher SC antreten müssen.

Aues Präsident Helge Leonhardt legte am Montag Protest gegen die Wertung des Spiels beim DFB ein. Die Erfolgsaussichten sind äußerst gering.

Ermittlungen muss auch dringend die Spielvereinigung einleiten, und zwar interne. Diese Saison am Abgrund war nach 2014/15 schon der zweite Warnschuss. Die Entwicklung seitdem ist nach zwei ordentlichen Platzierungen in der Tabelle schleichend negativ. Denn auch der Unterbau bricht langsam weg. Nach den U17-Junioren spielt nun auch die U19 nicht mehr in der Junioren-Bundesliga; das Konzept als Ausbildungsverein steht am Scheideweg. Und dringenden Einsparmaßnahmen könnte sogar die U23 zum Opfer fallen. Die Situation bei den Profis ist nicht weniger kritisch.

Lange dauerte es in dieser Saison, bis sich überhaupt so etwas wie eine Mannschaft gefunden hatte. Trainer Damir Buric betonte das einige Male. Es fehlte an Stützen, an Identifikationsfiguren mit Führungsqualität, an denen sich ein Team ausrichten kann. Kapitän Marco Caligiuri und in Ansätzen Sascha Burchert waren zu wenige. Manager Rachid Azzouzi hat angedeutet, dass es notwendig sein werde, sich von Spielern zu trennen, bei denen es an Identifikation mit dem Kleeblatt mangelt.

Ein Blick in die sozialen Medien in den für die Spielvereinigung so schweren Wochen reichte, um festzustellen, wer welche Prioritäten setzt. Spieler, die zu Korsettstangen einer Mannschaft werden könnten wie etwa Maximilian Wittek, David Raum oder Richard Magyar hat man durchaus schon im Kader – man muss sie nur längerfristig an den Verein binden.

Was sich nun ändern muss? "Die Frage mag ich nicht beantworten", sagte Helmut Hack in Heidenheim und verwies darauf, dass die Ausgeglichenheit der Mannschaften weiterhin problematisch sein werde. "Es ist für unseren kleinen Verein ein Meilenstein, dass wir in der zweiten Liga bleiben können", versuchte Hack alle schon darauf einzuschwören, dass es in den kommenden Jahren nicht leichter werde, Zweitliga-Dino zu bleiben.

"Wir müssen aufpassen und viele Dinge gut machen", sagte Hack, "wir müssen verdammt tüchtig sein." In der kommenden Aufsichtsratssitzung, die für den heutigen Dienstag allerdings abgesagt wurde, wird der Präsident detailliertere Antworten geben müssen. Gut zuhören will zum Beispiel Thomas Sommer als Mitglied dieses Gremiums. Der Immobilienmakler und Sponsor will wissen, "was mit meinem Geld passiert".

Auch er stieß nach Schlusspfiff mit einem Gläschen an, war aber vorsichtig: "Man soll nicht zu euphorisch sein." Seine Analyse fällt nicht überschwänglich aus: "Das Geld wird immer knapper, der Nachwuchs kommt nicht mehr zum Zug – wir müssen vieles anders machen und nicht wieder ein Jahr verblödeln." Es brauche "frischen Wind", was aber nicht heiße, dass er den Rücktritt Hacks fordere. "Er macht das schon lange, und er hat es lange gut gemacht." Doch Sommer gibt zu bedenken: "Er wird ja auch keine 100."

Ist Hack zu weit weg?

Dennoch gerät der 68-jährige Hack als Gesicht des Vereins mitsamt seiner beratenden Funktionäre in die Kritik. Es heißt, er sei wegen seines Amtes bei der Deutschen Fußball-Liga mittlerweile zu weit weg vom Verein. Seine Entscheidung, Ramazan Yildirim als unerfahrenen Manager mit vielen Befugnissen auszustatten, ging schief. Zudem hatte Yildirim keine wirkliche Scouting-Abteilung mehr zur Verfügung; ein fataler Umstand, denn gerade die Talentsichtung in den unteren Ligen und im Juniorenbereich war eine Stärke des Kleeblatts.

Sportdirektor in Fürth ist kein einfacher Job. Wie schwierig es im Fußballgeschäft für den kleinen Verein geworden ist, zeigt die vergangene Winterpause. An die 40 Profis, darunter Bankdrücker aus der Bundesliga, fragte der gut vernetzte Azzouzi an. Es kamen am Ende die Leihspieler Fabian Reese, Uffe Bech und Kaylen Hinds, von denen nur der Schalker Reese als Verstärkung gelten kann. Die restlichen Kontaktierten winkten ab. Woanders gibt es mehr Geld. Vielleicht auch mehr Perspektive?

"Was man sich wünscht und was möglich ist, das sind zwei verschiedene Dinge", antwortete Buric in Heidenheim auf die Frage, ob er sich für die neue Saison nun einen Kader nach seinen Vorstellungen formen könne. Klar scheint immerhin zu sein, dass Azzouzi Innenverteidiger Mario Maloca, Leihgabe von Lechia Danzig, fest verpflichten will und wohl auch wird.

Auch Reese und Julian Green würde er gerne halten. Letzteren will der VfB Stuttgart laut Waiblinger Kreiszeitung nicht zurück haben, es gibt aber wohl einen weiteren Interessenten. Burics Verhandlungsstrategie: "Ich habe zu beiden gesagt: Ob sie anderswo das bekommen, was sie bei uns haben?" Die Wertschätzung des Trainers ist ihnen gewiss.

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