Ein Olympia-Finalist beim Club: Bauer weiß, was er kann

3.8.2018, 05:56 Uhr
Will sich in Nürnberg anbieten und findet sich beim Club immer besser zurecht: Neuzugang Robert Bauer.

© Sportfoto Zink/JüRa Will sich in Nürnberg anbieten und findet sich beim Club immer besser zurecht: Neuzugang Robert Bauer.

Eine komplizierte Aufgabe, die sich Robert Bauer da ausgesucht hat. Seit ein paar Wochen arbeitet er jetzt für den 1. FC Nürnberg und hört sich erst einmal nach einer Verpflichtung an, wie sie dem Trainer Michael Köllner gefällt. Bauer ist jung, spricht Deutsch, und vor allem kann man ihn auf mehreren Positionen einsetzen.

Köllner schätzt es, wenn ein Spieler vielseitig ist. Angesprochen auf seine Lieblingsposition gibt der 23 Jahre alte Bauer also wunschgemäß keine eindimensionale Antwort, sondern sagt: "Wenn ich wählen müsste, dann rechter Außenverteidiger, aber dicht gefolgt von linkem Außenverteidiger."

Tolle Antwort also, nur beginnt da auch das Problem. Als rechter Außenverteidiger spielt beim Club Enrico Valentini, ein Aufstiegsheld und Publikumsliebling. Auf der anderen Seite spielt Tim Leibold, ein Aufstiegsheld und Publikumsliebling. Bauer weiß das, und deshalb sagt er auch noch andere Dinge. Zum Beispiel: "Ich bin nicht hierher gekommen, um zu sagen, ich will Stamm spielen." Will er natürlich trotzdem, aber er ahnt, dass es sich besser anhört, wenn man sich demütig gibt in neuer Umgebung.

Ein politischer Mensch

In seiner alten Umgebung hat er diese Demut gelernt. Bauer stieg einst mit dem FC Ingolstadt in die Bundesliga auf, spielte regelmäßig und machte sich so interessant für die besser situierte Konkurrenz. Er wechselte nach Bremen zum SV Werder und wurde Stammspieler, ehe ihn ein Trainerwechsel aus seinem Hoch riss. Plötzlich spielte Bauer gar nicht mehr, und weil er glaubt, dass sich das bis zum nächsten Trainerwechsel auch nicht geändert hätte, ist er jetzt in Nürnberg. "Ich bin froh, wieder eine faire Chance zu bekommen", sagt er.

Die bekommt er auch, was logisch ist, weil sie beim Club nicht allzu viele Spieler haben, die sich auskennen mit der ersten Liga. Köllner lobt Bauer dann auch, wenn man ihn fragt. Gut integriert, sagt er, ist Bauer schon und dass er die Grundlagen des Nürnberger Ansatzes immer besser versteht. Der Club will auch in der ersten Liga Fußball spielen, wann immer es nur geht.


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Kann man schon so machen, sagt Bauer: "Der Grundsatz, es fußballerisch zu lösen, ist richtig, auch weil man ja so aufgestiegen ist." Einen Stammplatz verspricht Köllner nicht, dass er Bauer brauchen wird, zeigt aber schon ein Blick auf das recht übersichtliche Aufgebot – es gibt eben nur diese drei Außenverteidiger. Irgendwann werden sie alle gebraucht, davon ist Köllner überzeugt.

Dass er dann mit Bauer keinen Fehler macht, weiß wiederum der. Ab und an, sagt er, hätten ihn in den letzten Bremer Wochen schon Selbstzweifel beschlichen, aber "ich muss niemandem mehr beweisen, dass ich das Potenzial habe, in der ersten Liga zu spielen, ich habe in drei Jahren Bundesliga überwiegend Stamm gespielt." Es hat ihm diese Bilanz sogar eine wunderbare Reise durch Brasilien ermöglicht.

Er gehörte zum Aufgebot der deutschen Silbermedaillen-Mannschaft bei den Olympischen Spielen 2016 in Rio. Die Medaille steht bei seinen Eltern daheim in einer Vitrine, er kann jetzt wieder häufiger hinfahren nach Pforzheim, wo er auch geboren ist.

Als Kind kasachischer deutschstämmiger Aussiedler ist er in dieser Stadt aufgewachsen, und als er über diese Zeit sprechen soll, da wird der Fußballspieler zum politischen Menschen. Russisch haben sie damals daheim gesprochen, sagt Robert Bauer, erst im Kindergarten hat er begonnen, Deutsch zu lernen. Seinen beiden Schwestern ging es genau so.

Trotzdem: Ausländerfeindlichkeit hätten sie damals nie erfahren, vielleicht auch deshalb, weil sie in einem multikulturell geprägten Viertel aufgewachsen sind. Erst neuerdings hätte sich auch in Pforzheim etwas verändert, sagt Bauer. Er spricht über den Aufstieg der AfD – "es hat sich ein bisschen was gedreht, es gibt dort jetzt die Probleme, die es auch im Rest Deutschlands gibt".

Platz in der Gesellschaft verteidigen

Die zum Beispiel, dass einem mit einem Migrationshintergrund das Deutschsein nicht mehr abgenommen wird. "Das ist wie bei Özil", sagt Bauer. Sie sprechen daheim immer noch russisch, essen russisch – auf ihre Verbundenheit mit der neuen Heimat hat das keine Auswirkungen. Trotzdem: "Man sitzt ein bisschen zwischen den Stühlen, die Leute verstehen nicht, dass man sich als Deutscher und als Ausländer fühlen kann." Er kann das, er ist integriert. "Genau wie meine Schwestern, wir haben alle Abitur gemacht, die eine ist Polizistin, die andere ist Lehrerin."

Es klingt wie eine Verteidigung dieses Lebens, um die ihn aber in diesem Gespräch niemand gebeten hat. Vielleicht ist es ihm ein Anliegen in Zeiten, die sich verändert haben. Früher, sagt Robert Bauer, als er noch ein Kind war, "da habe ich mir um solche Dinge keinen Kopf gemacht". Jetzt muss er das, seinen Platz in der Gesellschaft verteidigen – und nebenbei noch einen Platz beim 1. FCN finden.

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