Ein schneller Erlanger Weltmeister mit 72 Jahren

24.11.2016, 06:00 Uhr
Ein schneller Erlanger Weltmeister mit 72 Jahren

© Theo Kiefner

Egal, wo er gerade war auf der Welt, seine Sportschuhe hatte Klaus Wucherer immer dabei. „Ich laufe überall.“ Beruflich ist der 72-Jährige viel herumgekommen, er war oder ist noch Mitglied in zahlreichen Aufsichtsräten, außerdem hält der Ingenieur Vorlesungen an der TU Chemnitz. Für den Sport aber fand er stets ein Zeitfenster, auch heute noch. „Ich gehe immer morgens laufen, um 6 Uhr in den Wald.“

Sport ist für den Erlanger dennoch Hobby neben dem Beruf — oder auch nicht. Denn wer bitte gewinnt als Hobbysportler WM-Medaillen? Bei den Leichtathletik-Weltmeisterschaften der Senioren im australischen Perth hat Wucherer dieses Jahr insgesamt viermal Edelmetall gewonnen.

Nach seiner Bronzemedaille über 300 Meter Hürden in 51,59 Sekunden gewann er über 80 Meter Hürden in 14,13 Sekunden den Weltmeistertitel in der Altersklasse M70. Im dritten Jahr in dieser Altersklasse stellte er nicht nur auf den beiden Hürden-Strecken persönliche Bestleistungen auf, sondern er verbesserte auch seine Zeit über 400 Meter auf 1:06,08 Minuten. Das reichte für Platz fünf. In den beiden abschließenden Staffeln über 4x100 Meter und 4x400 Meter sicherte er sich jeweils als Schlussläufer Rang zwei.

„Wir Senioren sind ehrgeizig, jeder möchte gewinnen“, sagt Wucherer. „Wir sind nur weniger traurig, wenn es nicht klappt.“ Früher als junger Mann sei es sehr schwierig gewesen zu verlieren. „Deshalb sage ich jetzt: Es war das Wichtigste, Verlieren zu lernen. Als Zweiter muss man dem Gegner auch gratulieren können.“ Gerade bei der Senioren-WM geht das ganz gut, die meisten Leichtathleten kennen sich seit vielen Jahren.

„Manche fallen aus, weil sie in ihrem Beruf gefordert sind. Viele arbeiten auch in diesem Alter noch. Aber man sieht sich immer wieder.“ Schon 1995 hatte Wucherer bei der Senioren-WM in Buffalo die Bronzemedaille über 400 Meter Hürden gewonnen. Leichtathletik gehört seit seiner Kindheit zu seinem Leben. In seiner Geburtsstadt Quakenbrück ging er als Bub zum Turnunterricht, aber auch zum Leichtathletik-Training und Schwimmen. Als Jugendlicher lief er die 100 Meter in 11,0 und 400 Meter m in 50,5 Sekunden.

Dennoch entschied er sich gegen den Leistungssport und fürs Studium. „Erst im Alter von 30 Jahren habe ich wieder mit Leichtathletik angefangen“, sagt Wucherer. Seit er 1987 nach Franken kam, startet er für LAC Quelle Fürth. Über die Deutsche Meisterschaft hat er sich erneut mit seinen Leistungen für die Senioren-WM beworben. Am Ende war er einer von rund 3500 Sportlern, die in Perth dabei waren.

„Die WM war fantastisch ausgerichtet.“ Der Erlanger war zwar schon mehrmals in Australien, aber noch nie an der Westküste. „An den freien Tagen haben wir uns ein Auto gemietet und das Land angesehen.“ Zwölf Tage war Wucherer insgesamt dort. Die WM ist Teil seines Urlaubs. „Das ist wunderschöne Erholung.“ Trotz Wettkampf? „Ja. Die Anstrengung schadet nicht.“

Weitermachen will der Senior solange es geht. Entscheidend seien Training, Talent und an erster Stelle die Gesundheit. „Ich habe Glück, weil ich nie ernsthaft verletzt und immer gesund war.“ Als Jugendlicher habe er nie Muskeltraining mit Gewichten gemacht. „Deshalb habe ich keine Beschwerden mit den Gelenken. Ich habe nur mit meinem Körper gearbeitet und bin immer viel gelaufen.“ Verändert hat sich das bis heute nicht. Auch morgen um 6 Uhr klingelt wieder der Wecker.

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