Eishockey-Talent Naomi Kuhlow peilt in Kanada große Ziele an

9.8.2014, 14:34 Uhr
Startbereit: Naomi Kuhlow hat ihre Eishockey-Utensilien schon parat und würde am liebsten gleich nach Kanada abfliegen.

© Giulia Iannicelli Startbereit: Naomi Kuhlow hat ihre Eishockey-Utensilien schon parat und würde am liebsten gleich nach Kanada abfliegen.

Naomi Kuhlow kann es kaum erwarten: Am 29. August geht es in die Rocky Moun­tains. „Banff Bears“ heißt das Team, in dem sie für Furore sorgen möchte. Höhenluft wird sie dort auf jeden Fall schnuppern, denn der bekannte Wintersportort Banff in der Provinz Alberta liegt auf 1400 Meter Höhe.

Schon vor zwei Jahren hatte sich das Mädchen am Sommerprogramm der Banff Hockey Academy (BHA) in Füssen beteiligt. Nun wird sie ein gan­zes Jahr lang die Schlittschuhe für die "Bears" schnüren, die in der vergange­nen Saison eine beeindruckende Bilanz von 27:3 Siegen hingelegt hat­ten, wie die Homepage der BHA stolz vermeldet.

Deren Präsident Bill Doherty lobt den Neuzugang. „Naomi arbeitet hart, erkennt die Spielsituation gut und spielt ein kraftvolles, zuverlässi­ges Eishockey. Wir erwarten große Verbesserungen ihrer Fähigkeiten im Laufe des Jahres.“

19 Länderspiele

Das Gleiche hofft natürlich auch die Spielerin selbst, die sich derzeit noch als rein defensiv orientierte Ver­teidigerin sieht, aber im Mutterland des Eishockey den großen Sprung nach vorne machen möchte. In Deutschland hat sie sich schon einen Namen gemacht, 19 Länderspiele für die U15 absolviert.

Und beim Höchstadter EC hat sie sich den Respekt der Jungs ebenfalls schon verdient: Das Mädchen war Kapitän der Knabenmannschaft und als Stammspielerin nicht aus dem Team wegzudenken. Wenn sie künftig für ein reines Damenteam spielt, muss sie sich umstellen: Beim männlichen Nachwuchs sind Bodychecks erlaubt, bei den Frauen komplett verboten. Einmal hat sie das schon vergessen, wie sich ihr Vater Kai schmunzelnd erinnert: „Da hast du beim Ländertur­nier eine Gegnerin ganz schön umge­räumt.“ Dafür gab‘s zwei Minuten Zeitstrafe, beim Männereishockey wäre es ein sauberer Check gewesen.

Einerseits findet Naomi diese Spezi­alregel nicht gut, „weil der Bodycheck eben zum Eishockey gehört“, anderer­seits räumt sie auch ein, dass gerade an der Bande manchmal üble Checks verletzungsträchtig sind.

Das Eis ist das Lieblings-Element von Naomi Kuhlow.

Das Eis ist das Lieblings-Element von Naomi Kuhlow. © Georg E. Kaczmarek

Nach Kanada zu kommen ist nichts Neues für den Teenager aus Lonner­stadt: Sie ist eine halbe Kanadierin; Mutter Josée kommt aus Québec, Besu­che bei der Familie gibt es regelmäßig. Doch dieses Jahr im März ging es nicht an die Ostküste, sondern ziem­lich weit nach Westen: eben nach Banff. Dort hospitierte sie für eine Woche in der Banff Community High School und im Training der „Bears“ - und war von beidem angetan. „Wich­tig war, dass der Trainer gesagt hat, dass ich mithalten kann“, sagt sie.

Nicht einfach in einem eishockey­verrückten Land in einem erfolgrei­chen Team, in dem sie zu den „Küken“ gehört. Aber sie hat sich ein extrem hohes Ziel gesetzt. Naomi Kuhlow: „Schon als Kind war es ein Traum für mich, für das kanadische Nationalteam aufzulaufen.“ Vier Mal Training in der Woche und durch­schnittlich drei Spiele am Wochenen­de sollen die künftige Zehntklässlerin ihrem großen Traum entscheidend näher bringen. Vorerst ist ein Jahr ein­geplant, aber natürlich möchte sie am liebsten länger bleiben.

Dass sie es überhaupt so weit ge­bracht hat, bei den „Bears“ aufgenom­men zu werden, verdankt sie sicher­lich zum einen ihrem Talent, aber auch - und das betont ihr Vater Kai - der guten Nachwuchsarbeit bei den Höchstadter Alligators in einer Regi­on, die eigentlich zur „Eishockey-Dia­spora“ zähle: „Seit Stan Mikulenka und Jan Cizek das Training leiten, ist es da enorm aufwärts gegangen. Nao­mi hat den beiden viel zu verdanken.“ Obwohl der aus Hamburg stammen­de Kai Kuhlow selbst nie Eishockey gespielt hat, kennt er sich inzwischen ganz gut aus in der Szene und arbeitet beim HEC im Verwaltungsrat mit. „Eishockey fand ich schon immer einen tollen Sport, weil er schnell und hart ist.“ Und als zunächst Sohn Felix bei den „Young Alligators“ anfing und ein halbes Jahr später auch Naomi mit­wollte, gab es daher keinerlei Beden­ken bei den Eltern, ob das nicht zu „rustikal“ sein könnte.

Nun steht für Naomi und Felix der nächste, große Schritt an. Der Zwölf­jährige ist schon seit einigen Tagen zum Sommer-Camp in Iserlohn und steht dort täglich auf dem Eis. Seine Eltern sind noch ein bisschen skep­tisch, ob er im Sauerland tatsächlich schon auf eigenen Füßen stehen kann. „Aber er hat es so gewollt“, betonen die Kuhlows.

Naomi weiß jetzt schon, dass sie Heimweh bekommen wird. Aber dage­gen gibt es ja Skype - und sie hat ja ein großes Ziel. „Nebenbei“ muss sie außer im Eishockey auch in der Schu­le versuchen, das Tempo mitzugehen. Zwar ist sie wie Felix zweisprachig aufgewachsen, aber bedauerlicherwei­se kommt dass Mutter Josée aus dem französisch-sprachigen Teil Kanadas. Das hilft ihr in den „Rockies“ wenig. In einer Wohngemeinschaft mit ande­ren auswärtigen Mitspielern wird ihr Englisch aber sicher schnell besser.

Knackige Kälte

Vom Lernen auf dem Eis und in der Schule wird sie jedenfalls nicht durch großstädtische Versuchungen abge­lenkt: Banff hat ganze 8000 Einwoh­ner - wird aber im Winter von zigmal so vielen Touristen überschwemmt. Dabei kann es dort knackig kalt wer­den: Bei ihrem Aufenthalt im März lagen die Temperaturen bei 28 Grad minus - im Aischgrund konnte man da schon auf der Terrasse sitzen.

Aber nicht nur die Kuhlow-Kinder stehen vor großen Veränderungen. „Das Haus wird ganz schön leer sein“, sagt Mutter Josée - und ist daher froh, dass sie sich vergangenes Jahr mit einem Dessousgeschäft in Höchstadt selbstständig gemacht hat: „Da habe ich wenigstens etwas zu tun.“ Denn das sei das Gute an Kanadiern: „Wo wir auch hinkommen, schaffen wir es, uns wohl zu fühlen und machen es uns gemütlich.“

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