EM täglich (5): Nur nicht deeskalieren

13.6.2012, 14:14 Uhr
Gewalt auf den Straßen überschattete das Spiel zwischen Polen und Russland.

© dpa Gewalt auf den Straßen überschattete das Spiel zwischen Polen und Russland.

Polen hat ein Hooligan-Problem. Vielleicht das größte in Europa. Das ist keine neue Erkenntnis. Um auch dem Letzten klarzumachen, dass es bei der Euro wohl kein Sommermärchen à la 2006 geben wird, ließ es sich kaum ein Fernsehsender in den letzten Wochen nehmen, einen Vermummten vor der Kamera zu platzieren, der dort erzählen sollte, was er und seine Freunde mit Fans aus anderen Ländern während der Europameisterschaft vorhätten. Die Deutschen könnten sich auf einiges gefasst machen, hieß es da. Die Russen aber auch.

Nun ist das Verhältnis zwischen Polen und Russland ohnehin nicht das allerbeste. Unterdrückung während der Zarenzeit, die Teilung des Landes, als Hitler und Stalin Polen unter sich aufteilten, und das Massaker von Katyn im Jahr 1940 sitzen bei vielen Polen noch immer tief. Ausgerechnet bei der Anreise zu einer Gedenkveranstaltung anlässlich des 70. Jahrestags des Massakers verunglückte der damalige Staatspräsident Polens, Lech Kaczynski, bei einem Flugzeugabsturz bei Smolensk vor zwei Jahren tödlich. Er galt als Russland-Kritiker.

Verdammt clever also, dass polnische Oppositionspolitiker um Kaczynskis Bruder Jaroslaw, der den Absturz nicht für ein Unglück, sondern für eine russische Verschwörung hält, just zwei Tage vor dem brisanten Spiel zwischen beiden Nationen ihre Kritik an Putin erneuert haben. Beim Gedenken an die Absturz-Opfer von Smolensk stand auf einem Spruchband: "Herr Putin, die Wahrheit - selbst die schlimmste - über Katyn und Smolensk kann uns versöhnen. Die Lüge niemals."

Nun wäre es natürlich dümmlich zu glauben, dass es ohne diese Aktion keine Ausschreitungen rund um das Spitzenspiel in der Gruppe A gegeben hätte. Dennoch müssen sich Kaczynski und Co. fragen lassen, was sie sich dabei gedacht haben, vor dem als Sicherheitsspiel deklarierten Match zusätzlich Öl ins Feuer zu gießen. Die Polizei jedenfalls wird sich bedankt haben.

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