EM täglich (7): Seltsames Live-Verständnis der UEFA

15.6.2012, 12:00 Uhr
EM täglich (7): Seltsames Live-Verständnis der UEFA

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Es lief die 22. Minute der Vorrundenbegegnung zwischen Holland und Deutschland. Gomez hatte noch nicht zugeschlagen, rund 30 Millionen Deutsche zitterten vor dem Fernseher mit ihrem Team. Nur einer schien ganz cool: Jogi Löw. Völlig entspannt veräppelte der Bundestrainer am Spielfeldrand in Charkow einen Balljungen.

Auf den Spaß später angesprochen, wies Löw vor laufenden Kameras darauf hin, dass die Szene wohl vor der Partie stattgefunden haben müsse. Niemand wollte ihm glauben. Reporter Michael Steinbrecher nicht. Und auch die Fernsehzuschauer nicht. Schließlich hatten die es ja live im TV gesehen.

Mittlerweile hat die UEFA gegenüber "stern.de" zugegeben, dass die Bilder "circa 15 bis 20 Minuten vor dem Spiel" aufgezeichnet wurden. Die Aufnahmen kämen von einer Produktionsfirma. Diese arbeite zwar im Auftrag der UEFA, auf deren Arbeit selbst habe der kontinentale Fußballverband aber keinen Einfluss.

Hört sich interessant an. Die UEFA, Tochter des Weltverbands FIFA, der eigentlich auf alles Einfluss hat, lässt ihre Produktionsfirma senden, was die gerade für witzig hält. Natürlich. Bei einer Fußball-Europameisterschaft, dem lukrativsten Pferd, das die UEFA im Stall stehen hat. Kein Einfluss - einfach so, freie Hand. Das ist wirklich sehr nett von der UEFA. Und hat auch sicher nichts damit zu tun, dass uns hier irgendjemand sein Produkt als besonders charmant und locker verkaufen will.

Wer weiß, was uns sonst noch alles untergejubelt oder vorenthalten wird, weil die Produktionsfirma frei von UEFA-Zwängen gerade Bock drauf hat.

Ein Live-Bild, das kein Live-Bild ist, erwartet man sonst nur aus Ländern, in denen Diktatoren über das Fernsehbild entscheiden, nicht aber von einer Fußball-EM in Polen und - ach ja - der Ukraine.

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