Erlangen zu Gast in Hannover: Zeit für Überraschungen

28.9.2017, 11:00 Uhr
"Wir haben jetzt nichts zu verlieren": Die Handballer des HC Erlangen wollen auch beim Tabellenführer in Hannover punkten.

© Sportfoto Zink / ThHa "Wir haben jetzt nichts zu verlieren": Die Handballer des HC Erlangen wollen auch beim Tabellenführer in Hannover punkten.

Beugen kann Jonas Thümmler den linken Zeigefinger noch nicht. Eine lange Narbe zieht sich an der Seite entlang, dort, wo ihm Anfang September im Training die Strecksehne riss. "Ich wollte den Ball fangen, bekam dann einen Schlag auf die Hand – es hat sich alles andere als gut angefühlt", sagte Thümmler am Dienstag am Rande des Übens in der Hiersemann-Halle. Am Donnerstag gegen Hannover kommt ein Einsatz für den Kreisläufer noch zu früh, gegen Kiel, sagt er, will man es dann probieren – je nachdem wie gut er mit einer spezialangefertigten Schiene zurechtkommt. "Fangen kann ich den Ball dann nur mit drei Fingern – zum Glück ist es nicht die Wurfhand", sagt er. Aber es hilft nichts: Egal wie, sie brauchen ihn dringend auf dem Handballfeld.

"Thümmi fehlt uns sehr", sagt auch Trainer Robert Andersson. Zwar hat er mit Uros Bundalo und Sergej Gorpishin zwei Alternativen – die aber sind zumindest im Angriff längst noch nicht auf Bundesliganiveau. Gorpishin kam noch überhaupt nicht zum Einsatz, spielte vergangene Saison noch Drittliga-Handball in Springe. Bundalo ist in der Deckung bisweilen eine Verstärkung, aber im Angriff nahezu wirkungslos – nicht nur, was die Torgefahr angeht (fünf Einsätze, zwei Tore), auch, was das Reißen von Lücken für die Nebenleute betrifft. "Über den Kreis", gibt auch Andersson zu, "geht noch sehr wenig."

Schweres Comeback nach schwerer Verletzung

René Selke, der Geschäftsführer, erinnert aber zu Recht daran, dass Bundalo noch Zeit benötigt. Ein ganzes Jahr fiel der slowenische Nationalspieler nach Kreuzbandriss aus, "es waren die schlimmsten Monate meiner Karriere", sagte er kürzlich den Erlanger Nachrichten. Eine erste Operation verlief nicht optimal, Bundalo musste noch einmal unters Messer und verlor Zeit und mentale Stärke. "Du beginnst daran zu denken, was eigentlich los ist, wenn du nicht mehr spielen kannst." Ganz so schlimm ist es dann glücklicherweise doch nicht gekommen, mit Andreas Wittke, dem Athletiktrainer, arbeitete Bundalo in kleinen Schritten an seiner Rückkehr – die mit dem Saisonauftakt Realität wurde.

"Wir müssen ihm einfach noch Zeit geben", fordert Selke, "Uros wird wieder stärker werden, da sind wir uns sicher." Mit dem bald zurückkehrenden Thümmler, der seine Stärken einzig im Angriffsspiel besitzt, dem abwehrstarken Bundalo, der aufgrund seiner Körpergröße ein anderer Spielertyp im Angriff sein kann, und Talent Gorpishin, der noch Entwicklungszeit benötigt, sieht Selke den HCE auf der Problemposition dieser Saison "trotz allem sehr gut aufgestellt". Nachverpflichtungen schließt er derzeit aus.

Gut gewappnet für Hannover

Beim TSV Hannover-Burgdorf, der unter anderem die SG Flensburg-Handewitt schlug und einen Lauf bis an die Tabellenspitze startete, wird alle Last am Kreis also wieder allein auf Bundalo liegen. Doch wegschenken wird Erlangen die Partie natürlich nicht: "Sie haben zuletzt gegen Leipzig das erste Mal verloren. Wir finden, sie machen nicht viel anders als im vergangenen Jahr, sie hatten diesen Lauf mit starken individuellen Einzelspielern", sagt Andersson. "Wir haben natürlich eine Chance, auch in Hannover zu gewinnen."

Hierfür wird der Trainer die Mannschaft ein wenig umbauen – zum einen, weil er durch die Verletzungen von Johannes Sellin und auch Nikolas Katsigiannis (Muskelbündelriss im Oberschenkel) dazu gezwungen ist, zum anderen, weil Marcus Enström, der Blitztransfer der vergangenen Woche, angekommen scheint. "Marcus hat gezeigt, dass er die Qualität hat, uns zu helfen", sagt Andersson. "Dazu weiß ich, dass Maximilian Lux im Gegenstoß seine Stärken besitzt."

"Nichts zu verlieren"

Auch das Training zeigte, dass der Coach offenbar Christoph Steinert wieder auf Halbrechts zurückrotieren wird. "Theilinger und Steinert waren in den vergangenen Partien auf Halb unsere besten Spieler, wir können sie nicht weiter auseinanderreißen", so Andersson. Gerade im Gegenstoß haperte es gegen Hüttenberg gehörig mit der Treffsicherheit, auch bei Steinert, dem man anmerkte, dass er eben nur ein "Aushilfsaußen" ist. Im Tor wird Michael Haßferter, die Nummer drei aus der 3. Liga, nun Ersatzmann hinter Gorazd Skof, der sich zuletzt in starker Form zeigte.

Es mag sein, dass nun die härtesten sechs Wochen der Saison folgen – der HC Erlangen aber versucht genau daraus seine Kraft zu ziehen: "Wir haben jetzt nichts zu verlieren", sagt René Selke. "Es wird Zeit, dass wir das für eine Überraschung nutzen."

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