Erlanger Judoka sind zäh wie die Isländer

29.6.2016, 06:00 Uhr
Erlanger Judoka sind zäh wie die Isländer

© Foto: Svenja Schüren

„Ehrlich? Ich weiß gar nichts mehr.“ Auf die Frage, was für die Erlanger Judoka in Deutschlands höchster Liga noch möglich ist, findet Mannschaftskapitän und Trainer Heiko Koch keine Antwort. „Wir haben hart gekämpft und total begeistert.“ Durch den Erfolg überspült die Euphorie das Team wie eine starke Welle den Strand. Und das, obwohl der TVE immer noch als Letzter ohne Punkte das Klassement ziert.

„Uns war klar, dass wir sang- und klanglos untergehen“, sagt der 44-Jährige. Dennoch entschied sich sein Team für den Aufstieg in die erste Bundesliga. Seitdem haben die Erlanger alle Kämpfe verloren, untergegangen aber sind sie nicht. Die Erkenntnis nach dem vorletzten Kampftag der Hauptrunde: „Wir können mithalten.“ Auch beim TSV Großhadern im bayerischen Duell war es „wirklich unfassbar knapp“.

Den Auftaktkampf entschied Kai Brandes klar mit Ippon für sich. Dann holten sich die Gastgeber zwei Punkte. Anschließend jedoch ging Stefan Rieger bereits nach 19 Sekunden als Sieger von der Matte — er hatte den schnellsten Ippon unter 30 Sekunden hingelegt. Roman Tolksdorf rettete zwar eine kleine Wertung über die Zeit, dennoch lag Großhadern  mit 4:3 Siegen vorn.

In der zweiten Runde legten Brandes, Rieger und Tolksdorf noch einmal zu. Kurz vor dem Ende seiner Begegnung lag Tolksdorf, der später die Auszeichnung zum „wertvollsten Kämpfer des Tages“ erhielt, noch zurück. In der Folge aber brachte er eine kraft- und nervenaufreibende Haltetechnik durch und gewann mit Ippon. Nun stand es 6:6. Der Favorit jedoch zitterte sich zum 8:6-Sieg.

Der Glaube wächst

Zwar war Großhadern mit einigen jungen, unerfahrenen Kämpfern angetreten, die Besten des Vereins aus dem Münchener Südwesten waren auf internationalen Turnieren unterwegs. Gegen Erlangen hätte es aber dennoch locker reichen müssen. „Großhadern hat vier hauptberufliche Trainer mit Olympia-Erfahrung und drei Trainingseinheiten pro Tag“, sagt Koch.

Beim TVE kämpfen Amateure, Judo ist ihr Hobby. Die Aufsteiger aus den Vorjahren hatten nie eine Chance. „Mit drei oder vier Unterpunkten haben sie verloren.“ Erlangen allerdings schnupperte nicht zum ersten Mal an einem Sieg. „Das überrascht mich auch“, sagt Koch. Und langsam wächst der Glaube: „Vielleicht ist der Klassenverbleib doch möglich.“

Ein Kampftag steht noch an, am Samstag, 16. Juli (17 Uhr), ist der Tabellenzweite JC Leipzig zu Gast in der Jahnhalle. „Die sind stärker als Großhadern.“ Ausschließen möchte Koch aber nichts mehr. „Wir haben verloren, ja, da ist man traurig. Aber der Geist der Mannschaft ist ungebrochen.“ Ein starker Erlanger Kämpfer hatte zudem noch gefehlt. „Wenn er dabei gewesen wäre, hätten wir gewonnen.“

Doch das sei nun egal. „Wir sind das Island der Judo-Bundesliga“, sagt Koch. Bei der Fußball-Europameisterschaft weiß niemand, wohin es für die Nordmänner, die überraschend das Viertelfinale erreicht haben, noch geht. Und auch bei den Erlanger Judoka scheint spätestens in der Abstiegsrunde, die der Letzte gegen den Vorletzten um den Klassenverbleib bestreitet, ebenfalls alles machbar.

TSV Großhadern – TV 1848 Erlangen: 1. Runde: +100 kg Freidenberg 0:10, -90 kg Cavelius – Schneider 10:0, -81 kg Blöchl – Frank 7:0, -60 kg Brodnig – Rieger 0:10, -100 kg Tolksdorf 0:1, -73 kg Kolein Bauhofer 10:0 und -66 kg Vennekold – Boger 10:0 = 4:3 für München. 2. Runde: + 100 kg Messelberger 0:10, -90 kg Cavelius – Schneider 10:0, -81 kg Böchl – Ustinov 10:0, -60 kg Mühlegger – Rieger 0:10, -73 kg Kolein – Chucholowski 10:0 und -66 kg Vennekold – Hein itz 10:0 = 4:3, somit insgesamt 77:51 für den TSV.

Tabelle: 1. KSV Esslingen 8:0 Punkte (35:16 Einzelsiegen), 2. JC Leipzig 6:2 (29:22), 3. JC Rüsselsheim 4:4 (27:27), 4. JC Ettlingen 3:5 (25:27), 5. TSV Großhadern 3:5 (24:31), 6. TV Erlangen 0 (19:36).

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