Falcons-Hallensprecher will das Zelt "so richtig rocken"

24.9.2018, 06:52 Uhr
Seit zwei Jahrzehnten ist Dominik Mujkanovic die Stimme des Nürnberger Basketballs, die neue Saison wird auch für ihn eine sehr spezielle.

© Sportfoto Zink / WoZi Seit zwei Jahrzehnten ist Dominik Mujkanovic die Stimme des Nürnberger Basketballs, die neue Saison wird auch für ihn eine sehr spezielle.

NN: Dominik, hattest du dir schon die ersten Worte überlegt, mit denen du die Basketball-Fans beim Saisonauftakt im BBZ begrüßt hättest?

Dominik Mujkanovic: Nein.

Planst du deine Auftritte überhaupt irgendwie im Voraus?

Mujkanovic: Minimalst. Manchmal ist es mir einfach wichtig, irgendwen hervorzuheben. Es gibt so viele Helfer, das Kampfgericht, die Wischer, die Sponsoren, Namen, die es lohnt zu erwähnen. Das nehme ich mir ab und zu vor und bereite das vor.

Und bestimmt auch dein Kostüm.

Mujkanovic: Mit drei Kindern kann man nicht großartig planen, weil immer etwas dazwischenkommt. Ich habe eine große Kiste, da greife ich kurz vor dem Spiel rein, nehme zwei, drei Sachen raus und dann ziehe ich das an.

Du wachst nicht auf und denkst dir: Heute will ich aussehen wie Superman oder heute will ich passend zum Altstadtfest mit Tracht auflaufen?

Mujkanovic: Doch, aber seltenst. Diese Saison kommen Fans von Schalke und aus Hamburg, da laufe ich vielleicht mit Tracht auf, das sehen die ja nicht so oft.

Eigentlich hätte an diesem Wochenende die neue Saison für die Falcons beginnen sollen, doch die Halle am Berliner Platz ist wegen Baumängeln gesperrt. Wie sehr trifft dich das?

Mujkanovic: Ich habe noch einen anderen Job, jetzt mache ich eben den. Aber so prinzipiell verstehe ich es nicht. Ich habe schon viel erlebt im Basketball, aber dass eine Halle nicht zur Verfügung stand, das noch nicht. In den Playoffs ist das normal, wenn mal ein Termin bereits vergeben ist, aber dass es wirklich in der Schwebe ist, wann und wo das nächste Heimspiel stattfindet . . . noch nie erlebt.


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Hast du dich gewundert über die Nachricht? Du hast das BBZ ja auch all die Jahre erlebt.

Mujkanovic: Also die Halle ist wirklich oldschool.

Das ist sehr nett formuliert.

Mujkanovic: Ich bin jetzt seit 19 Jahren Hallensprecher, aber manche Leute hier sind ja noch länger dabei und die haben so etwas auch noch nicht erlebt und wenn die Geschichten von früher erzählen, dann denkt man sich: Jetzt sind wir in den 80er Jahren.

19 Jahre? Wir dachten, du machst das schon seit 20 Jahren. Dann feierst du diese Saison ja gar kein Jubiläum.

Mujkanovic: Nein. Ich habe zur Saison 1999/2000 angefangen.

Vermutlich werden die Falcons ihre Heimspiele nun künftig erst einmal in einem sehr großen Bierzelt am Flughafen austragen. Spielt das für dich eine Rolle, wo du durchdrehst?

Mujkanovic: Ich habe mir auf jeden Fall vorgenommen – egal, wo die nächsten Heimspiele stattfinden – so richtig zu rocken. Ich hatte schon einige lustige Gelegenheiten zu moderieren: Beim Trash-Wrestling, beim Volleyball, bei einer . . . Grundsteinlegung für ein Unternehmen. Was ich aber noch nie gemacht habe, ist ein Bierzelt zu rocken. (Kunstpause) Also zumindest als Hallensprecher.


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Du nimmst also auch die neue Herausforderung an.

Mujkanovic: Die Leute wollen was erleben, die Jungs vom Team sind heiß, die wollen beweisen, was sie können; Sponsoren sind dahinter, Ralph Junge ist dahinter – egal, wo und wann es sein wird: Ich bin bereit! Und für mein erstes Saisonspiel wahrscheinlich sogar ein bisschen mehr als sonst.

Eigentlich müsste man so eine Frage bereits im Vorspann abhaken, aber wegen der jüngeren Leser kommen wir nicht drumherum: Wie bist du eigentlich Hallensprecher beim Basketball geworden?

Mujkanovic: Damals als Consors groß eingestiegen ist als Sponsor hat mich eine Werkstudentin gefragt, ob ich nicht mitmoderieren möchte als Co-Moderator. Es war schon einer da, der konnte dieses "Let’s get ready to rumble!" super aufsagen, aber er hatte keine Ahnung von Basketball, also haben wir es zusammen gemacht. Beim dritten Mal war er nicht mehr da. Mein Problem war: Ich hatte mich damals noch nicht selbst gefunden; in verschiedensten Bereichen. Und es war noch ein Kabel am Mikrofon, das heißt, mein Bewegungsradius war sehr eingeschränkt und als es irgendwann ohne Kabel funktioniert hat, habe ich mich neu erfunden.


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Wie hat sich deine Rolle, oder vielmehr, wie haben sich deine vielen verschiedenen Rollen entwickelt – oder ist einfach nur diese ominöse Kiste immer voller geworden?

Mujkanovic: Eigentlich sträube ich mich dagegen, bestimmten Kulturen spezielle Eigenschaften zuzuschreiben, aber es ist schon so, dass das Publikum in Nürnberg beim Basketball sehr zurückhaltend war. Und manchmal muss man weit nach links und weit nach rechts gehen, um seine Mitte zu finden und je weiter ich das getan habe, desto mehr habe ich gemerkt, dass ich das Publikum beeinflussen kann. Positiv.

Die Fans lieben ihn: Durch seinen Einsatz reißt Dominik Mujkanovic das Publikum Spieltag für Spieltag aufs Neue mit.

Die Fans lieben ihn: Durch seinen Einsatz reißt Dominik Mujkanovic das Publikum Spieltag für Spieltag aufs Neue mit. © Sportfoto Zink / WoZi

Und tatsächlich geht Basketball-Nürnberg nun sehr regelmäßig aus sich raus.

Mujkanovic: Das hat allen gutgetan. So mancher Zuschauer hat sich mitreißen lassen, die Spieler haben gemerkt, da passiert was im Umfeld. Es wurde immer lustiger, oder sagen wir: stimmungsvoller, und ich muss an der Stelle sagen, dass alle Trainer und alle Sponsoren nie ein Problem damit hatten. Manche haben gesagt: "Das ist cool. Du willst vor dem Spiel ein Zelt auf dem Feld aufstellen? Ich kenne keine Regel, die dagegenspricht." Deshalb hatte ich ein paar Jahre lang dann ein Zelt in der Mitte stehen. Manchmal saß ich da drin und dachte mir: Was für eine dumme Idee. Und manchmal dachte ich mir: Pfeift noch einmal, dann kann die Show losgehen.

Vielleicht gibt es demnächst ja ein Comeback, ein Zelt im Zelt. Andere Vereine haben einen Hallensprecher und ein Maskottchen, siehst du dich als beides oder empfindest du Letzteres als Beleidigung?

Mujkanovic: Ich bin auf irgendeine Art und Weise beides. Ich möchte nicht unbedingt das Maskottchen sein, aber das ergibt sich halt einfach. Es gab so eine Schlüsselszene: Einmal war die Halle bereits geöffnet, die Zuschauer mussten aber noch im Foyer warten. Ich war ein bisschen spät dran und musste mich dann durch die Leute quetschen und dann höre ich ein kleines Mädchen sagen: "Schau mal, Mama, da ist der Clown wieder." Da ist mir bewusst geworden, ich bin mehr als ein Hallensprecher.

Seinen Auftritten sind keine Grenzen gesetzt. Da kann auch schon mal ein kleines Fahrrad zum Einsatz kommen.

Seinen Auftritten sind keine Grenzen gesetzt. Da kann auch schon mal ein kleines Fahrrad zum Einsatz kommen. © Sportfoto Zink / WoZi

Hast du in Internetforen mal nachgelesen, was die Fans – vor allem die Gästefans, die dich nicht so gut kennen, über dich denken? Ist dir das überhaupt wichtig?

Mujkanovic: Im ersten Drittel meines Hallensprecher-Daseins habe ich das gemacht und es war tatsächlich . . . interessant; was die Leute über dich denken und schreiben. Aber irgendwann macht man sich da keine Gedanken mehr. Ich bin nicht dafür da, dass mich alle lieb haben, ich bin dafür da, Stimmung zu machen und die Spieler zu motivieren und durchzusagen, wie der Spielstand ist, weil nicht jeder so gute Augen hat. Ich habe schon lange aufgehört, für alle da zu sein.

Das klingt fast schon philosophisch. Die Reaktion der meisten Zuschauer, die dich zum ersten Mal erleben, ist wahrscheinlich: Wow, der Typ muss verrückt sein. Klafft diese Außenwahrnehmung von dem, was du selbst verkörpern willst, sehr weit auseinander?

Mujkanovic:(Denkt lange nach) Dieses Clowndarsteller-Dasein ist definitiv da. Wichtig ist: Ich gehe alleine zur Halle und wenn das Spiel zu Ende ist, dann feiere ich da keine große Party mehr, sondern ich verlasse auch alleine die Halle. Diese Selbstdarstellung ist wirklich nur für das Spiel. Es ist nicht so, dass ich schon extrovertiert an der Halle ankomme und einen auf Dennis Rodman mache. Es ist wie in diesem Film und wer ihn kennt, weiß, was ich meine: "Immer, wenn ich diese Mütze nach hinten drehe, ist es, als würde eine Maschine starten."

Sorry, ich habe mein Filmzitate-Lexikon gerade nicht dabei.

Mujkanovic: Der Film heißt "Over the top" mit Sylvester Stallone und genauso ist es: Wenn ich in der Halle bin, schnipse ich und spiele eine Rolle.

Hast du Vorbilder für diese Rolle – außer Sylvester Stallone?

Mujkanovic: Nein. Aber in Crailsheim wollten sie das mal ganz groß aufziehen und haben mich gefragt, ob ich ihrem Hallensprecher ein paar Tipps geben kann. Ich habe mir das dann auch zweimal angeschaut, er hat das wirklich gut gemacht, aber er hat den wichtigsten Tipp nicht beachtet, wie er mir am Ende seiner Karriere verraten hat.

Wie lautet dieser Tipp?

Mujkanovic: Fang nichts mit Cheerleadern an!

Zum Glück gibt es in Nürnberg keine mehr. Für Eskapaden hast du aber natürlich auch gesorgt. Was waren die wildesten?

Mujkanovic: Wir hatten mal griechischen Abend bei einem Heimspiel, weil es zwei griechische Spieler gab. Wir haben eine griechische Band engagiert und ich hatte vor dem Spiel schon fünf Ouzos. Das war ein bisschen kritisch. Hat aber noch alles gut geklappt . . . Glaube ich.

Mehr davon bitte.

Mujkanovic: Einmal war ich bei der Fernsehübertragung aus der Arena im Hintergrund im Elvis-Kostüm zu sehen, wie ich beim Aufwärmen mit Demond Greene schäkere. Was müssen sich die Zuschauer da gedacht haben? Oder die Saalwette mit den Schaumküssen in der Viertelpause, als ich danach minutenlang nicht sprechen konnte.

Der Bobanzug von Sandra Kiriasis gilt als sein Lieblingsoutfit. Das Besondere daran: Er passt wie angegossen.

Der Bobanzug von Sandra Kiriasis gilt als sein Lieblingsoutfit. Das Besondere daran: Er passt wie angegossen. © Foto: Wolfgang Zink

Von den Schiedsrichtern bist du noch nie ermahnt worden?

Mujkanovic: Aktuell gibt es schon einen, der das Regelwerk meiner Meinung nach ein wenig zu ernst nimmt, aber ansonsten gibt es keine Probleme. Die Schiedsrichter erkennen glaube ich auch, dass ich die Gäste-Fans respektvoller behandele als das in anderen Hallen der Fall ist. Sie zahlen immerhin Eintritt, sie trinken und essen etwas und erzählen später von der Halle. Ich habe mir irgendwann mal überlegt: Was ist der kleinste gemeinsame Nenner? Dass alle Basketball lieben? Nein. Erstens, jeder muss atmen, und zweitens: das Hier und Jetzt. Jeder braucht Sauerstoff und jeder will die Zeit nutzen, also lasst sie uns zusammen gut verbringen.

Schon wieder so ein philosophischer Satz. Wäre ein perfektes Ende für das Interview, aber eine Frage habe ich noch: Was ist dein Lieblingskostüm?

Mujkanovic: Der Bob-Anzug von Olympiasiegerin Sandra Kiriasis, den sie mir geschenkt hat. Der ist sehr stylish und vor allem: Er passt mir.

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