FCN-U23: Wiesinger schmeißt George raus

6.11.2012, 07:00 Uhr
FCN-U23: Wiesinger schmeißt George raus

© Sportfoto Zink

Russel ist Clubfan. Sein jüngerer Bruder Jann, der wie er in Nürnberg geboren wurde, drückt im Zweifelsfall dem FC Bayern die Daumen. Er flüstert das fast, weil er weiß, dass man dies in Nürnberg nicht gerne hört. Doch während Russel heute beim FC Stein in der Bezirksliga kickt und eine Profikarriere wohl abschreiben kann, hat Jann eigentlich beste sportliche Voraussetzungen dazu, irgendwann Bundesliga zu spielen. Doch eines scheint seit letzter Woche klar: Beim 1. FC Nürnberg wird er das wohl nicht mehr schaffen. 

Katharina Wildermuth, Pressesprecherin des 1. FC Nürnberg, bestätigte, dass George "aus sportlichen und internen Gründen aus dem Kader gestrichen wurde. Er hat ab sofort die Möglichkeit, bei anderen Vereinen Probetrainings zu machen.“

Stress mit dem Trainer

"Ich hatte Stress mit dem Trainer“, erzählt Jann George. Er fühle sich sogar "rausgeekelt“ und "schikaniert“. "Ich habe auf Kritik respektlos reagiert, das stimmt. Das war nicht in Ordnung. Aber die Vorwürfe, ich würde nicht einhundert Prozent im Spiel geben, weil ich mich ohnehin als der Beste fühlen würde, oder dass ich im Training nie zuhören würde — das stimmt alles nicht“, versichert er. Das Band zum Club, sagt er, sei zerschnitten. Das tue ihm irgendwie auch weh.

Denn George verbindet sehr viel mit dem Club: "Ich bin ein echter Nürnberger, identifiziere mich viel mehr mit dem Club als andere aus der Mannschaft.“ Kein Wunder: Kein Mitspieler kickte wie er seit der E-Jugend für den 1. FC Nürnberg. Bei einem Blitzturnier war der heute 20-Jährige, der für die SG 83 kickte, den FCN-Talentspähern aufgefallen. "Plötzlich klingelte das Telefon und es war jemand vom Club dran. Ich habe dann zugesagt, zum Probetraining zu schauen. Kurz darauf klingelte noch einmal das Telefon: Sie haben sich bei meiner Mutter entschuldigt und sie um Erlaubnis für meinen Trainingsbesuch gebeten — ich war ja noch nicht volljährig.“

Alle FCN-Jugendteams durchlaufen

Dann durchlief Jann George alle FCN-Jugendteams, lobte die Kommunikation im Verein, die Hilfe, die er bekam. Er bezahlte das mit Leistung und etlichen Toren zurück. Seine Schwäche, gab er Ende September noch unumwunden zu, sei "das Mentale“. Er hätte sich "schon sehr stark verbessert“, fand George. "Ich bin aufbrausend und leicht zu provozieren. Aber ich habe Respekt vor den Gegenspielern und den Schiris. Ich würde nie eine Tätlichkeit begehen, jemanden beleidigen oder absichtlich böse umtreten.“

Er brauche aber diese spezielle Anspannung für sein Spiel. "Ich bin keiner, der einfach nur auf dem Platz steht. Ich muss auf Spannung kommen, um Leistung zu bringen.“ Vor gut einem Jahr wurde George noch in einer Reihe mit den Mitspielern Markus Mendler und Julian Wießmeier genannt. Man traute diesen dreien den Sprung zu den Profis zu. Jann George ist der Einzige, der noch kein Bundesligaspiel bestritten hat.

Ein Grund dürfte sein, dass George hin und wieder deutlich über die Stränge schlug, so wie jetzt im Training vor dem Auswärtsspiel beim SC Eltersdorf, als er auf Kritik seines Trainers Michael Wiesinger mit unflätigen Worten reagierte. George gilt schon länger als Hitzkopf mit stark ausgeprägtem Selbstbewusstsein. Damit stand er sich selbst und seiner Entwicklung immer wieder im Wege. Auch deshalb war eine Ausleihe in die Slowakei, nach Österreich oder in die 3. Liga schon letzte Saison im Gespräch. "Ich habe mir das alles angesehen, aber ich wollte nicht weg. Ich möchte mich hier in Nürnberg durchsetzen, das ist mein Traum als Nürnberger“, sagte George im September.

„Es gibt kein Zurück für mich“

Dieser Traum scheint nun ein für alle Mal geplatzt: "Es gibt definitiv keine Rückkehr für mich. Vor dem klärenden Gespräch hatte ich noch Hoffnung. Aber jetzt ist mir klar: Ich habe hier keine Zukunft.“

Dabei hatte er sich erst im Sommer einen weiteren Traum verwirklichen können. Da sein Vater aus den USA stammt, besitzt George auch einen amerikanischen Pass und wurde zu einem Lehrgang der U23-Nationalmannschaft nach Sarasota eingeladen. "Die Einladung der Olympiaauswahl war der erste Besuch meines Lebens in den Staaten “, sagt George.

Privat verstehe er sich super mit Timothy Chandler, der den Durchbruch bekanntlich geschafft hat. "Wir haben uns riesig gefreut, als wir damals in der U23 zusammen spielen konnten“, sagt George. Nun würde er das Zusammenspiel gern vertiefen — infrage käme dafür allerdings wohl nur noch die US-Nationalmannschaft.

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