Frieden statt Krieg: DFB ist ungewöhnlich verständnisvoll

16.8.2017, 16:34 Uhr
Am Mittwoch gab Präsident Reinhard Grindel bekannt, dass der DFB vorerst auf Kollektivstrafen verzichten werde.

© Fredrik Von Erichsen/dpa Am Mittwoch gab Präsident Reinhard Grindel bekannt, dass der DFB vorerst auf Kollektivstrafen verzichten werde.

Kurz vor dem letzten Friedensangebot hat der Deutsche Fußballbund vorausgeschickt, dass das Folgende natürlich keine Reaktion auf die martialischen Szenen im Pokalspiel zwischen Hansa Rostock und dem Hertha BSC sei. Nein, der offene Brief an die Ultras, an Familienväter, die sich fragen, ob sie auch künftig noch ihre Kinder mit ins Stadion nehmen können, an die Eventfans und alle anderen, die noch immer Freude an diesem missbrauchten Sport haben, sei schon lange vorbereitet worden. Und tatsächlich liest sich der erste echte präsidiale Beitrag in der Amtszeit Grindels nicht wie eine Kurzschlussaktion. Er liest sich wie ein ernsthafter Versuch, einen Krieg zwischen den Fußball-Ultras und dem Geldfußball gar nicht erst ausbrechen zu lassen.

Nach Wochen, in denen die Bild-Zeitung mit einer Reihe von Falschmeldungen die Eskalation eines Konflikts provoziert, den die Ultras mit der "Krieg dem DFB"-Kampagne tatsächlich angekündigt hatten, sind Grindels Worte ein unerwartet verständnisvolles Angebot an alle Fußball-Fans. "Auf der ganzen Welt wird Deutschland um seine gute Stimmung in den Stadien beneidet. Fankulturen mit ihren beeindruckenden Choreographien, kreativen Aktionen in den Stadien und gesellschaftlichem Engagement außerhalb schaffen eine einzigartige Atmosphäre. Das erkennt der DFB ausdrücklich an, und hierfür sind wir dankbar", schreibt Grindel - und es folgt kein Aber, sondern: "Die Vorstellungen vieler Beteiligter von einem emotionalen und sicheren Stadionerlebnis liegen dabei oft dicht beieinander." Und: "Wir haben verstanden, dass es um mehr geht. Der Fußball in Deutschland steht auch für Stehplätze, faire Eintrittspreise und die 50+1-Regel. Der DFB meint es mit dem Angebot zum Dialog ernst."

Das wichtigste Zeichen aber ist Grindels Empfehlung an den Kontrollausschuss des DFB, auf Kollektivstrafen künftig zu verzichten. Vor allem daran hatte sich der Zorn der Ultras entzündet; die Sperre der Dortmunder Südtribüne haben selbst die Schalker Ultras dem DFB nicht verziehen. Dass Tausende für die Dummheit Dutzender bestraft wurden, das war nicht länger hinnehmbar.

Soweit, so wohlwollend: Der DFB darf diesen offenen Brief allerdings nicht als taktisches Mittel begreifen - 58 Stunden, bevor am Freitag in der Allianz Arena die 55. Spielzeit in der Bundesliga angepfiffen wird. Der DFB darf nicht insgeheim darauf hoffen, dass die extrem heterogene Gruppe der Ultras dieses Friedensangebot mit weiteren fragwürdigen Aktionen konterkariert. Der DFB wird noch beweisen müssen, dass es ihm ernst ist mit diesen freundlichen Worten. Die Ultras wiederum werden beweisen müssen, dass sie als ernstzunehmender Verhandlungspartner wahrgenommen werden wollen. Erst wenn sich der Rauch ihrer Bengalo-Exzesse verzogen hat, wird man sehen, wie wichtig viele ihrer Anliegen für die Zukunft des Fußball sind.

2 Kommentare