Fürths Ultramarathon-Mann

27.6.2016, 11:00 Uhr
Fürths Ultramarathon-Mann

© Foto: Perlitz

Jeder Sportler hat sie schon einmal gespürt. Niemand wird von sich behaupten, dass er sie mag: Schmerzen. Für Marcel Höche sind sie Teil der Motivation. „Wenn kein Schritt mehr geht und man sich scheiße fühlt, dann ist es eigentlich genau das, was man will“, sagt der 22-Jährige. Das ist sein Antrieb während eines Rennens. Höche ist Ultra-Trail-Runner.

Die Distanzen eines Ultra-Trails variieren – 40, 60, 100, 250 Kilometer, die Grenze ist nach oben offen. Auch zeitlich begrenzte Rennen sind möglich – dann sind sechs, zwölf oder 24 Stunden angesagt. Ein anderer Unterschied zum Marathon ist der Untergrund: keine gepflasterten Wege, dafür Berge und Täler, Schnee und Sand, etliche Höhenmeter und eiskaltes Wasser. Auch hier ist alles erlaubt.

Erst im vergangenen April startete Marcel Höche, der aus Bad Lauterberg stammt, mittlerweile in Herzogenaurach arbeitet und in Fürth wohnt, in die neue Saison. Zum ersten Mal trat er nicht mehr in der Altersklasse U 23 an, in der er amtierender Deutscher Meister über sechs Stunden und Weltjahresbester über zwölf Stunden ist.

Ältere sind im Vorteil

Dieses Mal war es die Premiere in der Herrenklasse. Beim Innsbruck Ultra Trail absolvierte er 65 Kilometer in sechs Stunden und 14 Minuten und kam als Dritter ins Ziel. Mit der „krassen Leistung“ war er sehr zufrieden. Vor allem, weil Höche mit 22 Jahren noch nicht das Alter erreicht hat, in dem er in seiner Sportart Höchstleistungen bringen kann. Ähnlich wie bei anderen Ausdauersportarten kommen den älteren Athleten eine geringere Herzfrequenz und mehr „Lebenskilometer“, wie Höche sie nennt, entgegen. „In der Herrenaltersklasse zu laufen, ist daher schon etwas anderes“, weiß er um die starke Konkurrenz.

Dennoch stehen dieses Jahr weitere Rennen mit langen Distanzen auf dem Plan. Jeweils 100 Kilometer wird er beim Zugspitz Ultra Trail und dem Vietnam Mountain Marathon zurücklegen. Insgesamt seien etwa fünf Läufe über 40 Kilometer das Maximum für eine Saison.

Um überhaupt derartige Leistungen erbringen zu können, bedarf es großer Disziplin. Bis zu neun Laufeinheiten, drei Kraft- und Stabilisationseinheiten und gelegentliches Radfahren stehen jede Woche auf dem Programm. Und das neben dem Beruf als Assistant Manager für Marketing bei Adidas. „Da kann es auch mal vorkommen, dass ich morgens zwei Stunden laufe, dann acht Stunden arbeite, in der Mittagspause Krafttraining mache und abends nochmal zwei Stunden laufen gehe“, beschreibt er sein enormes Pensum von bis zu 140 gelaufenen Kilometern pro Woche.

Auch die Ernährung spielt eine große Rolle, denn „Sport auf dem Niveau funktioniert nicht, ohne dass man auf seinen Körper achtet“. Zwei Mahlzeiten pro Tag, wenig Kohlenhydrate und Weißmehl, viel Püriertes, viele Fette aus Nüssen und Fisch sind besonders im Training und bei der Wettkampfvorbereitung ein wichtiger Faktor. „Der Körper muss auch lernen, sich von seinen Reserven ernähren zu können“, erklärt Höche.

Für Laufschuhe ist immer Platz

Seinen Körper und seinen Geist so nahe ans Limit zu bringen, ist für ihn das Besondere an seinem Sport, denn ohne eine außergewöhnliche mentale Stärke sind diese Extreme nicht zu bewältigen. „Das Mentale ist eigentlich das Wichtigste. Oft möchte man einfach nur aufgeben. Doch wenn ich diesen Punkt überwinde, sind das Erfahrungen, die die Persönlichkeit und das Selbstvertrauen stärken“. Das ist auch einer der Gründe, weswegen er den Sport überhaupt ausübt. Es sei das „Unglaublichste“, den Zieleinlauf eines Rennens zu sehen.

Dabei hat er es eher einem Zufall und pragmatischen Gründen zu verdanken, dass er den Weg zu seiner Sportart gefunden hat. Bei einem Wohltätigkeitslauf über 100 Kilometer in seiner Heimat Bad Lauterberg hat er mit 15 Jahren spontan mitgemacht – und landete prompt auf dem Podium.

Danach war es jedoch eher das Mountainbiken, das ihn begeisterte. Doch sein Studium und die Auslandssemester in Taiwan und Prag zwangen ihn, umzudenken. „Mein Rad konnte ich nicht überall mit hinnehmen. Für die Laufschuhe war aber immer Platz“, erzählt er.

Nun ist er ein junger Ultra-Trail-Läufer mit beachtlichem Erfolg und noch mehr Potenzial für die Zukunft. Die Saison 2016 ist mit der Zugspitze und Vietnam bereits geplant. Das große Highlight für 2017 soll der Fire and Ice Ultra auf Island sein, ein 250 Kilometer langer Trail durch die Landschaft der Insel.

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