Generalüberholung: Kammerbauer tut dem Club wieder gut

11.1.2018, 10:45 Uhr
Generalüberholung: Kammerbauer tut dem Club wieder gut

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Im vergangenen Sommer hatte Patrick Kammerbauer sogar seinen Trainer überrascht. "Er war der absolute Gewinner der Vorbereitung", erinnert sich Michael Köllner und gesteht ehrlich ein, dass er dem 20-jährigen Talent die strategisch anspruchsvolle Rolle des Solo-Sechsers im 4-1-4-1-System nicht unbedingt zugetraut hatte.

Doch Kammerbauer belehrte Köllner eines Besseren und trug mit couragierten Leistungen seinen Anteil zum gelungenen Saisonstart des 1. FC Nürnberg bei. Dann aber setzte den "kleinen General", wie ihn die Bild schon ehrfürchtig getauft hatte, eine Blinddarmoperation außer Gefecht. Erst nach einer mehrwöchigen Pause meldete sich Kammerbauer zurück und dachte, "dass es so weitergeht wie vorher und ich gleich wieder Vollgas geben kann." Ein Irrtum. "Patrick hat erkennen müssen, dass so eine Rückkehr ins Spiel doch länger dauert, als man das als junger Bursche vielleicht wahrhaben will", sagt Köllner.

Raitenbucher Schwindelgefühle

Zudem schien Kammerbauer fortan irgendwie das Pech gepachtet zu haben. Im Pokalspiel in Osnabrück schied er mit einer Gehirnerschütterung aus, gleich im nächsten Einsatz brummte nach einem Zusammenprall im Luftkampf erneut der Schädel. Danach litt der Raitenbucher mehrere Tage unter Schwindelgefühlen, die sogar eine MRT-Untersuchung des Kopfes nötig machten.

Bleibende Schäden hatte Kammerbauer gottlob nicht erlitten, auf dem Platz aber wirkte er nach den diversen Zwangspausen nicht mehr ganz so entschlossen und konzentriert wie noch zu Saisonbeginn. "Man hat schon gemerkt, dass vielleicht ein paar Prozent von der Fitness flöten gegangen sind", räumt er ein. Und gerade auf der Sechserposition ist die interne Konkurrenz mit Patrick Erras, Ondrej Petrak oder auch Allrounder Eduard Löwen nun mal groß.

Die Idee, Kammerbauer wie in der letzten Saison als Rechtsverteidiger aufzubieten, hatte Köllner schnell wieder verworfen. "Das wird seinem Naturell nicht gerecht", findet der Coach: "Patrick will das Spiel ankurbeln und immer mitten drin sein. Auf Außen hat man oft eine beobachtende Rolle und muss situativ eingreifen, das kann er nicht."

Auch Kammerbauer selbst sieht sich im defensiven Mittelfeld am besten aufgehoben: "Als Sechser habe ich viele Möglichkeiten, das Spiel zu lenken und zu verlagern und Zweikämpfe zu führen, das liegt mir ganz gut." Bei eigenem Ballbesitz aber "muss ich mich noch mehr zeigen und die Bälle mehr an mich ziehen", weiß der körperlich deutlich robuster gewordene Jungprofi auch um seine Defizite.

Auf dem Köllner-Zettel

In Köllners Planungen spielt Kammerbauer nach wie vor eine wichtige Rolle, "weil er uns grundsätzlich guttut", wie der Coach lobt: "Er kennt den Verein aus dem Effeff und gibt in jedem Spiel und Training alles." Die Frage ist freilich, wie lange Kammerbauer das noch tun wird. Sein Vertrag endet am 30. Juni, Gespräche über eine Verlängerung verliefen bislang ergebnislos. "Es geht schon was voran. In den nächsten ein, zwei Monaten sollte klar sein, wie es weitergeht", beruhigt Kammerbauer, ohne eine Tendenz zu verraten. "Ich will mich weiterentwickeln und in einer qualitativ möglichst hochwertigen Mannschaft spielen", betont er, am liebsten natürlich in der Bundesliga.

Abwägen in der Wohlfühl-Oase

Das Eigengewächs, schon seit 2007 im Verein, weiß aber auch, was es am Club hat: "Es ist ja kein Geheimnis, dass ich mich hier richtig wohlfühle und das ganze Umfeld stimmt". Letztlich aber gelte es eben abzuwägen, "was einen weiterbringt. Irgendwann ist es vielleicht zu spät und man schafft den Sprung in die Bundesliga gar nicht mehr". Sein langjähriger Weggefährte Cedric Teuchert hat sich den großen Traum bereits erfüllt. "Schon schade" findet Kammerbauer den Abschied des Angreifers zum FC Schalke 04, "aber Trainer Domenico Tedesco wollte ihn unbedingt haben, das ist ja schon mal ein gutes Zeichen. Und wenn man denkt, dass man für den nächsten Schritt bereit ist, muss man ihn machen."

Denn dass Fußballerkarrieren auch weit weniger optimal verlaufen können, das darf "Kammer" in der eigenen Familie verfolgen: Sein kaum weniger begabter Zwillingsbruder David schaffte beim Club nicht den Sprung zu den Profis – und kickt inzwischen mit dem SSV Ulm in der Regionalliga Südwest gegen den TSV Schott Mainz oder Astoria Walldorf.

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