"Große Chance": Düsseldorf will den Tour-Start nutzen

19.6.2017, 12:48 Uhr
Von Düsseldorf nach Paris: Die Tour de France startet am 1. Juli am Rhein.

© dpa Von Düsseldorf nach Paris: Die Tour de France startet am 1. Juli am Rhein.

Der Karneval soll ein Witz dagegen sein. Düsseldorf erwartet am ersten Juli-Wochenende zum Start der 104. Tour de France mindestens eine Million Besucher. Die NRW-Metropole setzt auf florierende Einnahmen, hofft auf Imagegewinn und Touristenströme. Die Werbung durch die weltweite Berichterstattung soll 30 Millionen Euro wert sein – das hatte jedenfalls Utrecht in den Niederlanden errechnet, wo die Tour 2015 startete. Das teure Vergnügen, den ersten Grand Départ in Deutschland nach West-Berlin (1987) auszurichten, kostet alles in allem über 13 Millionen Euro.

"Le Tour de France" steht auf dem Bierglas, Fahrradklingel oder Schlüsselanhänger: Die Landeshauptstadt von Nordrhein-Westfalen rührt seit Wochen mit aller Kraft die Werbetrommel für die Tour. Auf Müllautos, Straßenbahnen und Bussen, in der U-Bahn, im Stadtzentrum und sogar in Kindergärten hängen Plakate wie "Bonjour Le Tour" oder "Le Tour kommt in die Stadt".

Nachfrage hat noch Luft nach oben

Düsseldorf nennt sich gerne "Klein-Paris" und hofft, vor einem Millionenpublikum an den Fernsehern auch mit schöner Kulisse zu punkten. Die erste Etappe des 14 Kilometer langen Zeitfahrens führt vorbei am Rhein, schmucken Häusern und der Nobelmeile Königsallee. Die zusätzlichen Umsätze in Hotels, Kneipen und Restaurants werden auf rund 57 Millionen Euro geschätzt.

Ausgebucht sind die Hotels der Messestadt aber knapp zwei Wochen vor Beginn der Tour noch nicht. Die Nachfrage erinnere bislang an ein besonders gut gebuchtes Sommerwochenende, meinen Experten. "Das Tour-Wochenende ist für die Hotellerie eine tolle Sache", meint aber Ulrike Sassin, Direktorin des Hotels Düsseldorf Mitte zwischen Hauptbahnhof und Königsallee.

Hohe Kosten für Düsseldorf

Es steht noch nicht genau fest, wie teuer das Spektakel am Ende wird für die 600.000-Einwohner-Stadt, die zu den wohlhabenden Kommunen von Nordrhein-Westfalen zählt. Geschätzt gut vier Millionen Euro musste Düsseldorf an den französischen Tour-Veranstalter Amaury Sport Organisation (ASO) zahlen, damit das Radrennen überhaupt in die Stadt kommt. Berlin war vor 30 Jahren mit dem halben Betrag (in D-Mark) dabei.

Den angepeilten Einnahmen von insgesamt knapp acht Millionen Euro stehen erwartete Ausgaben von über 13 Millionen Euro gegenüber. Sechs Hauptsponsoren stehen in der ersten Reihe, meist städtische Unternehmen. Ein anderer Unterstützer ist der bekannte Fotokünstler Andreas Gursky. Der sportbegeisterte Düsseldorfer hat der Stadt 45 Original-Abzüge einer bislang unveröffentlichten Arbeit mit einem Tour-Motiv gestiftet. Die Werke sind Teil eines Sponsoring-Pakets. 25 Interessenten haben zugegriffen – ein Paket kostet 50.000 Euro.

Auch das Wetter ist ein Faktor

Die Begeisterung in Düsseldorf hat noch Luft nach oben. Das könnte eine Folge des handstreichartigen Vorgehens sein, mit dem Oberbürgermeister Thomas Geisel (SPD) die Bewerbung im Herbst 2015 durchboxte. Schon drei Wochen nach der Präsentation der Idee wurde sie im Stadtrat behandelt. In der geheimen Abstimmung gaben Stimmen vom rechten Rand den Ausschlag. Inzwischen ist ein breiterer Konsens erreicht. "Eine große Chance für die Landeshauptstadt" nennt Geisel den Tourstart.

Kommen tatsächlich eine Million Besucher – oder mehr? Viel hängt vom Wetter ab. "Regnet es in Sturzbächen, dann bleiben Tagesbesucher zu Hause", sagt ein Tourismus-Fachmann. Er setzt auch auf Fans aus den Radsport-Nationen Belgien und Niederlande. Sie wären in ein bis zwei Autostunden mitten im Tour-Taumel.

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