Hans Meyer und der Frauenfußball

15.6.2011, 15:16 Uhr
Hans Meyer und der Frauenfußball

© Wolfgang Zink

NZ: Herr Meyer, wie stehen Sie denn zum Frauenfußball?
Hans Meyer: Ich schätze ihn so ein, wie ich fast alle Dinge im Leben ein­schätze: sehr realistisch. Da gibt es in der Interessenslage von Menschen noch Riesendefizite. Das hat aber mit der Historie zu tun, dass der Frauen­fußball verrückterweise in Deutsch­land ewig verpönt und sogar verboten war. Doch in den letzten Jahrzehnten hat sich etwas getan, und zwar etwas, das eigentlich nicht typisch für den Fußball ist: Der Fußball ist aus der Breite gekommen, und daraus hat sich die Spitze entwickelt. Bei den Frauen ist es momentan so, dass sich das Inter­esse an ihm mehr von der Qualität der Nationalmannschaft und der drei, vier Spitzenvereine in der Frauen-Bundesliga nach unten verbreitet.

NZ: Schauen Sie sich denn Frauen­ Fußballspiele an?
Meyer: Wenn ich mir Länderspiele der deutschen Frauen anschaue – schon seit Jahren –, bin ich immer wieder überrascht von der hohen technischen Qualität. Natürlich braucht man es nicht immer und immer wieder zu betonen, dass die Athletik und die Kraft mit dem Männerbereich nicht mithalten können. Aber was der Fuß­ball- Liebhaber sehen will, sieht er in der Frauenspitze auch. Ich würde mir immer ein Länderspiel anschauen, Welt- und Europameisterschaften sowieso. Aber ich würde mir ein Spiel in einer zweiten und dritten Klasse im Frauenfußball schon nicht mehr anschauen.


NZ: Warum nicht?
Meyer: Das hat natürlich damit zu tun, dass es einen recht krassen Leis­tungsunterschied gibt von der Spitze nach unten. Das ist möglicherweise aber auch nur eine Frage der Zeit, dass man das auf eine breitere Basis gestellt bekommt. Aber was gerade die deutschen Frauen in den letzten Jahren gemacht haben, ist richtig gut. Ganz positiv ist dabei natürlich auch, dass DFB-Präsident Theo Zwanziger die „Randgruppen“ im Fußball sehr intensiv unterstützt und fördert. Das finde ich eine sehr gute Sache.

NZ: Woran liegt es Ihrer Ansicht nach, dass sich der Frauenfußball so schwer tut, akzeptiert zu werden?
Meyer: Natürlich weiß ich, dass die Breite im Frauenfußball wesentlich schwieriger durchzusetzen ist, weil es bei dem einen oder anderen unserer männlichen Kollegen unberechtigte Vorbehalte gibt. Ein großes Problem für die Verbreitung des Frauenfuß­balls ist außerdem, dass er sich leider nicht so gut vermarkten lässt wie der Männerfußball. Unsere Gesellschaft ist so aufgebaut, dass Geld immer eine Rolle spielt, dass nicht nur das gute Herz, der gute Wille und das Ehren­amt zählen.

NZ: Woher kommt diese Affinität zum Frauenfußball, der bei Ihnen nicht nur zwischen den Zeilen mitschwingt?
Meyer: Zum Frauenfußball selbst hatte ich schon immer eine Bezie­hung. Mein Bezugspunkt im Leis­tungsfußball anfangs in Jena war ein gewisser Hugo Weschenfelder, der inzwischen tot ist. Der hat den gesam­ten Frauenfußball in Jena, mit dem Uni SV Jena, der jetzt auch in der Bun­desliga spielt, von klein auf aufge­baut. Zu ihm hatte ich immer eine sehr enge Beziehung.

NZ: Im Westdeutschland war Frauen­fußball vom DFB bis 1970 verboten – wie war das in der DDR?
Meyer: An ein Verbot kann ich mich nicht erinnern. Er war nicht verboten, spielte aber auch keine flächende­ckende Rolle – sieht man von Uni Jena und Potsdam ab. Und auch von Bernd Schröder, der als Trainer so unglaubli­che Erfolge mit Turbine Potsdam hatte und hat. Diese beiden Vereine haben die Sache federführend gemacht.

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