Heiner Müller: "Und dann simmer aufs Oktoberfest"

18.2.2017, 09:00 Uhr
Heiner Müller:

© Horstmüller

Heiner Müller nimmt die Gratulation an. Einen kurzen Moment lässt er sie stehen. Dann bemüht sich der Club-Held früherer Tage doch um Aufklärung. Er habe erst am Samstag Geburtstag, versichert er. Der Fauxpas des Reporters wird einem guten Gespräch jedoch nicht im Wege stehen. Der Heiner, der 1961 den achten Meistertitel in die Noris holte, ist ein Herzensmensch. Jemand, mit dem man gerne spricht, in dessen Umgebung man sich wohlfühlt.

Der Mittelpunkt Fußball-Deutschlands

Wenn der pensionierte Halbstürmer die Club-Erfolge der 60er Jahre wiederaufleben lässt, schaffen nicht nur diese Erfolge eine angenehme Atmosphäre. Wenn der Ball - angetrieben von fränkischen Bonmonts - von Morlock zu Strehl flitzt, Nürnberg wieder zum Mittelpunkt Fußball-Deutschlands wird, möchte man dem Heiner stundenlang zuhören. Dem Mann, der seit Samstag wirklich 83 ist.

Auch in der Jetzt-Zeit spricht der Meisterspieler gerne über seinen Lieblingsclub. Über den Verein, der gerade wieder einmal sehr jugendlich daherkommt. Der Frischlinge - so ordnet Müller ihre Entwicklung ein - “steigern sich nicht rasant, aber doch von Spiel zu Spiel“. Aus seiner Sicht wäre es gut, "ihnen jetzt das Vertrauen zu geben und sie bei schwächeren Leistungen nicht wieder rauszunehmen". Dass da etwas zusammenwächst, kommt Müller jedenfalls bekannt vor. Auch zu seiner Zeit - Anfang der 60er sei der FCN oft deutscher Jugendmeister geworden - habe man aus einem Pool talentierter junger Leute geschöpft. "Reisch, Flachenecker, Haseneder" zählt der Unterhaltungskünstler Spieler auf, die an ihren Aufgaben wuchsen und deren Namen noch heute jedem Fan vertraut sind.

Sowohl gegen die Sechzger, denen man am Montag (20.15 Uhr) im Löwenkäfig begegnet, als auch Richtung Relegationsplatz sei für den neuen Jugend-Club "alles drin", glaubt Müller. Die Rangfolge in seiner Zeit war eine andere gewesen: "Die Sechzger waren stärker als die Bayern, die Nummer eins in München". Stärker als der FCN, der in Müllers Zeit über eine außerordentliche Qualität verfügte, sei Anfang der 60er Jahre jedoch kein Team gewesen.

"Erst hammer gekämpft, dann simmer aufs Oktoberfest"

Wenn man im Herbst in München antrat, habe man das Angenehme dabei oft mit dem Nützlichen verbinden können. "Erst hammer gekämpft, dann simmer aufs Oktoberfest", erinnert sich Müller. Und im Zabo, der alten Club-Heimat, hätte man den Gegnern eh randvoll eingeschenkt.

So auch dem TSV 1860 am 4. Dezember 1960. Die Club-Offensive braucht im zugigen Zabo eine halbe Stunde, um auf Betriebstemperatur zu kommen. Dann bringt Müller nach Strehls feiner Vorarbeit den FCN in Führung. Zwei Minuten später ist es Strehl selbst, der aufstockt. Die Nürnberger sind nun heiß gelaufen, die Sechzger nur noch Spielball stürmischer Hausherren. Nach einer Stunde ist Münchens Schlussmann Horst-Dieter Hoffmann erneut machtlos, als Strehl das Spielgerät saftig in die Maschen schweißt. Und Heiner Müller? Nürnbergs laufstarker Anschieber, - positionsbedingt eigentlich nicht fürs Toreschießen zuständig - darf an diesem herrlichen Dezembertag auch nach Herzenslust einnetzten. Lediglich drei Minuten benötigt der Rother, der mit 26 Jahren fast schon ein Oldie in Nürnbergs Erfolgself ist, um seinen zweiten und dritten Treffer nachzuschieben und dem FCN in der Oberliga Süd den Herbstmeistertitel zu sichern.

Auch am 21. Juni 1961 ist Müller hauptverantwortlich für einen Club-Sieg. Im Endspiel um die Deutsche Meisterschaft gegen Dortmund verlängert der spielstarke Dauerläufer kurz vor der Pause eine Strehl-Flanke zum 2:0. Nach der Pause revanchiert sich Müller bei Nürnbergs Torjäger, indem er auf dem linken Flügel durchbricht und die maßgenaue Hereingabe zum spielentscheidenden 3:0 liefert. Am stillen Vorabend des lauten Finales hatte Müller gebetet: "Lass mich nicht der Schlechteste sein." Gegen den BVB war er der Beste. "Mir gelang viel, ich war gierig", bestätigt das der Mann, der bis 1967 insgesamt 313 Spiele für den Club bestreiten sollte.

In München soll dem FCN nun auch möglichst viel gelingen. An den besten Club-Spieler bei Nürnbergs letztem Giesing-Gastspiel kann sich Heiner Müller natürlich auch erinnern. "Der Schäfer hat da alles gehalten", berichtet Roths Bester von einem mit 1:0 siegreich gestalteten Auswärtsspiel, bei dem Nürnbergs Torwart-Oldie mit Glanzparaden in Serienproduktion ging und jede noch so gute Chance des Sechzger-Sturms zunichte machte.

"...die singen geraderaus - und es klappt"

Seinem Lieblingverein wird Heiner Müller natürlich auch am Montag die Daumen drücken. Und dabei auch ein Auge auf Abdelhamid Sabiri haben, Nürnbergs neuen Shootingstar. Dass der 20-Jährige etwas drauf hat, hat Müller schnell erkannt: “Beim Fußball gibt es immer wieder Spieler, die haben großes Talent, machen unmittelbar Tore und steigern dadurch ihr Selbstbewusstsein. Das ist wie bei der Musik. Auch da gibt es welche, die singen geraderaus – und es klappt. Die sind begnadet und treffen gleich den richtigen Ton“.

Verwandte Themen


Keine Kommentare