Hummels-Wechsel kein „Mord am Sport“

30.4.2016, 08:30 Uhr
Hummels-Wechsel kein „Mord am Sport“

© Klaus-Dieter Schreiter

Die Steilvorlage erreichte Hans Böller auf dem Weg nach Erlangen. Da wurde nämlich vom Kicker-Ticker die Meldung verbreitet, dass Mats Hummels von Borussia Dortmund zum FC Bayern wechselt. „Ist das Mord am Sport?“ fragte Hans Böller den Kicker-Herausgeber. Natürlich schwäche das die Dortmunder, meint Holzschuh. Man müsse aber auch froh sein wenn die Bayern möglichst stark sind. Ob sich Hummels gegen Jerome Boateng durchsetzen könne sei ohnehin spannend. Weil Sachverstand immer über Geld gehe habe er keine Angst um die Borussia, sagt der Kicker-Boss, dessen Redaktion gemeinsam mit der Süddeutschen Zeitung im Dezember 2003 die Borussen-Pleite aufgedeckt und sie damit gerettet hatte.

Damals, erinnert sich Holzschuh, hätten Journalisten noch eine persönliche Nähe zu den Fußballern gehabt, seien sie auch privat mit ihnen zusammen gekommen. Auch Böller erinnert sich an Zeiten, als er mit der Nationalmannschaft gereist ist und persönliche Gespräche mit Spielern und Trainern normal waren. Aber die mediale Welt hat sich verändert, heute reisen hunderte von Journalisten den Sportlern hinterher, heute wird sofort ein Foto von irgendjemandem gepostet, der zufällig einen Sportler beim Bier trinken entdeckt. „Da musst du in einem Kokon leben“, sagt Holzschuh verständnisvoll.

Er erzählt auch von dem „fantastischen Menschen“ Franz Beckenbauer, mit dem er vor allem während seiner Zeit als Pressechef des DFB zwischen 1983 und 1988 viel zu tun hatte, und dem er irgendwie nicht zutraut, dass er die Weltmeister 2006 für (nur) 6,7 Millionen Euro nach Deutschland geholt haben soll. Und er sagt: „Ich wehre mich dagegen dass es heißt, die Fifa oder der DFB sind bestechlich. Es sind immer nur Einzelpersonen, das Gros der Mitarbeiter sind sauber arbeitende, ehrliche Leute“. Er ärgert sich jedoch darüber, wenn Fußballspieler sich auf dem Rasen krümmend eine Verletzung markieren, oder wenn jemand einen zweiten Ball auf das Spielfeld wirft, beides nur um einen Konter zu verhindern. Und er bewundert Spieler wie Miroslav Klose, die zum eigenen Nachteil den Schiri auf eine Fehlentscheidung hinweisen.

Sauber, ehrenwert, gerecht – sind das Attribute, die zum Fußball passen, und hat man da an den Sport höhere Ansprüche als an Politik und Wirtschaft? Eigentlich nicht, nur im Sport sei das Entsetzen meist größer wenn Betrug aufgedeckt wird, sind sich Böller und Holzschuh einig. Und weil Fußball ein weltumfassender Event ist zieht er die Scharlatane, die Wettbetrüger, selbst die Schleuser an. Letztere sind die „Berater“, die junge Fußballer nach Europa holen und ihnen das große Geld versprechen, nur um selbst kräftig abzusahnen. Mehr Überprüfung und mehr Regularien fordert Holzschuh darum, und sagt dann: „Fußball ist ein fantastischer Sport“.

Es war ein unterhaltsamer und anregender Abend mit den beiden Sportjournalisten, die ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen aus dem Nähkästchen plauderten und ihre Erfahrungen spannend rüber brachten. Die Veranstaltung hätte mehr Zuhörer als die gerade einmal neun verdient gehabt. Aber vielleicht gibt es ja eine Fortsetzung – das wäre eine echte Bereicherung für die Erlanger Sportszene.

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