Ice Tigers treffen auf Kärpät: "In Oulu sind die Winter lang"

2.9.2018, 14:45 Uhr
Finnischer Fachmann: Jukka Ollila betreut beim EHC 80 Nürnberg die U17 und spielte als Profi in Finnland, Frankreich und Deutschland.

© Foto: Sportfoto Zink Finnischer Fachmann: Jukka Ollila betreut beim EHC 80 Nürnberg die U17 und spielte als Profi in Finnland, Frankreich und Deutschland.

NZ: Sie sind in Oulu geboren worden, aber in Tampere aufgewachsen. Wo spielt ihr Lieblingsteam, Herr Ollila?

Jukka Ollila: Mein Lieblingsteam ist mein Heimatverein Ilves Tampere. Aber Oulun Kärpät ist durch die Verbindung in die Region auch ein Klub, den ich ganz besonders verfolge.

Was bedeutet Kärpät?

Ollila: Kärppä ist ein kleines Tier, ein Hermelin, man sieht auch eines im Wappen des Vereins.

Wenn man es übersetzt, heißt Oulun Kärpät die Hermeline aus Oulu?

Ollila: Ganz genau.

Wie würden Sie Oulu als Stadt beschreiben?

Ollila: Oulu war früher eine Hansestadt, ein Handelspunkt. Jetzt sind viele Unternehmen aus der Technologie dort ansässig, das ist seit den 90er Jahren so. Nokia hatte seinen Hauptsitz dort. In Finnland ist das mittlerweile die Hochburg der IT-Industrie. Und außerdem ist Oulu auch noch eine Universitätsstadt, in dem Bereich ist die Stadt auch Mittelpunkt und Zentrum für die ganze Region Nordfinnland.

Wie wichtig ist Eishockey in Oulu?

Ollila: Sportlich ist es sehr wichtig, nicht nur für Oulu, sondern für die ganze Region. Diese Mannschaft ist eigentlich das Team von ganz Nordfinnland. Normalerweise kommen die Fans bis aus Lappland, sie fahren 200 bis 300 Kilometer für die Spiele. Der Verein bedeutet für die Stadt und die Region sehr viel. Er ist auch ein großer finanzieller Faktor in der Region. Das ist die absolute Nummer eins im Sport dort. Mit Fußball ist es in Oulu deutlich schwerer, die Winter sind lang, die Saison ist deutlich kürzer (lacht).

"Normalerweise ist da einiges los"

Welche Atmosphäre herrscht in der Halle? Wenn die Leute von so weit anreisen, hängen sie doch sicher sehr am Verein. Ist das ein Hexenkessel?

Ollila: Wie die Zuschauerresonanz in der CHL ist, weiß ich nicht genau. Aber normalerweise ist da einiges los.

Ist Oulu mit einem deutschen Verein vergleichbar?

Ollila: Oulu ist eine unglaubliche Talentschmiede. Sie sind amtierender finnischer Meister und bauen jetzt wieder neu auf, weil sie mal wieder viele Spieler in die KHL und die NHL verloren haben. Die besten sechs oder sieben Spieler sind weg, aber sie bringen immer wieder neue, junge Leute. Oulu hat eine wahnsinnige Laufbereitschaft und ist ein junges Team. Aber das eins zu eins mit einem deutschen Klub zu vergleichen, ist praktisch nicht möglich, weil die Strukturen ganz anders sind.

Sie haben die renommierte Nachwuchsarbeit in Oulu schon angesprochen. Gibt es ein bestimmtes Scoutingsystem? Oder ist die Auswahl an Talenten einfach so groß?

Ollila: Erstmal liegt Oulu ganz weit oben im Norden, da ist der Winter verdammt lang (lacht). Da kann man draußen Eishockey spielen. Und dann haben sie tatsächlich eine große Auswahl an Spielern. Wenn es in der ganzen Region Talente gibt, dann landen die, wenn sie 14 oder 15 Jahre alt sind, bei Kärpät. Dort bekommen sie eine gute Ausbildung. Jahr für Jahr. Natürlich gibt es aber nicht nur junge Spieler. Sonst würde Oulu nicht finnischer Meister werden. Sie haben immer wieder auch Top-Ausländer wie den kanadischen Verteidiger Shaun Heshka.

Talente und weite Fahrten

Wenn die Talente aus so einem großen Einzugsgebiet kommen, gibt es in Oulu ein Internat oder ein Nachwuchsleistungszentrum?

Ollila: Ja, da gibt es solche Sachen. Der Verein sucht aktiv die Talente aus der Region und bietet dann die Möglichkeiten, sonst würde man nicht so zahlreiche junge Spiele auf Top-Niveau bringen. Die Voraussetzungen sind dafür sehr gut.

Ist Oulu in der Region auch konkurrenzlos?

Ollila: Die Leute müssen mehr als 300 Kilometer in den Süden fahren, dann gibt es den nächsten Verein. Sie sind in ihrer Region konkurrenzlos – und sie sind im Laufe einer Saison viel unterwegs. Sie müssen immer nach Süden fahren. Das ist ein bisschen so wie bei Bremerhaven. In der Region Oulu gibt es nur einen Verein.

Gilt Verteidiger Lasse Kukkonen noch als Kärpäts großer Star?

Ollila: Er ist ein Urgestein, eine Vaterfigur, ein absoluter Führungsspieler. Er ist nach seiner NHL-Karriere und Stationen in der KHL und Schweden seit fünf Jahren zurück in Oulu. Zur neuen Saison ist aber Atte Ohtamaa Kapitän, der ist mit 30 Jahren sechs Jahre jünger und rückt langsam nach.

Wer rückt von den Talenten nach?

Ollila: Der Torhüter Veini Vehviläinen ist sehr gut, er ist 21 Jahre alt und hat in der vergangenen Saison in den Playoffs unglaublich gehalten. Er könnte der Nächste sein, der in die NHL oder KHL wechselt.

Defensiv- und laufstark

Wie spielt Oulu?

Ollila: Sie haben defensiv eine unglaubliche Qualität. Sie werden hinten sehr gut stehen, läuferisch sehr aktiv sein, hart forechecken. Sie wollen so viel wie möglich die Scheibe halten und so das Spiel dominieren, das ist das Ziel. Puckbesitz, Laufbereitschaft und eine gewisse Härte sind, denke ich, auch zu erwarten.

Was ist der Trainer Mikko Manner für ein Typ?

Ollila: Er ist ein junger Trainer, der viel Wert auf die Kommunikation zwischen den Spielern und dem Trainerstab legt. Er ist ein moderner Coach, der auch schon viel erreicht hat. Er ist zusätzlich Assistenz-Trainer bei der Nationalmannschaft. Kärpäts Spielweise ist deswegen der des Nationalteams ähnlich.

Sieht Oulu als amtierender finnischer Meister ein Team aus Deutschland als Außenseiter? Wie ernst nimmt man Nürnberg?

Ollila: Natürlich wird Nürnberg ernst genommen. Heutzutage verfolgt jeder jede Liga. Da kann man sich informieren. Ich glaube schon, dass Kärpät sich selbst als Favorit sieht, aber sie werden die Ice Tigers sehr ernst nehmen. Auch in Oulu weiß man, dass Nürnberg eine absolute Top-Mannschaft ist. Dass jemand unterschätzt wird, das wird es nicht geben. Das wird einfach ein schweres Spiel.

Keine feste Prognose

Ist die CHL in Finnland populär?

Ollila: Das hat sich mittlerweile stabilisiert, am Anfang hat es mehr den Eindruck gemacht, als würde das als Vorbereitungsturnier angesehen. Aber in den vergangenen drei Jahren hat die CHL deutlich an Stellenwert gewonnen, das Ansehen des Wettbewerbs hat sich sehr vergrößert. Die Teams nehmen das sehr ernst, 2015 war Oulu im Halbfinale, 2016 haben sie gegen die Frölunda Indians aus Göteborg im Finale verloren. Als finnischer Meister wird Kärpät mit allen Mitteln versuchen, in der CHL so weit wie möglich zu kommen.

Wie lautet Ihr Tipp?

Ollila: Eine Prognose möchte ich nicht abgeben. Es wird auf jeden Fall total interessant, ich habe richtig Bock drauf zu sehen, wie Nürnberg und Oulu gegeneinander spielen, denn die Ice Tigers sind nach so langer Zeit hier auch zu meinem Verein geworden. Es wird eng, ich denke mit einem Tor Unterschied hin oder her.

Keine Kommentare