Jan Frodeno greift in Roth nach der Bestmarke

12.7.2016, 12:52 Uhr
Will die Zeit von Andreas Raelert noch einmal nach oben setzen: Jan Frodeno startet erstmals beim Challenge Roth und hat sein Ziel fest im Blick.

© Arne Dedert Will die Zeit von Andreas Raelert noch einmal nach oben setzen: Jan Frodeno startet erstmals beim Challenge Roth und hat sein Ziel fest im Blick.

Die Behauptung, dass in Roth schon wieder das Triathlon-Fieber grassieren würde, ist zumindest Stand gestern noch leicht übertrieben. Natürlich hängen an allen größeren Zufahrtsstraßen Banner, die die Triathleten und Triathletinnen aus aller Welt willkommen heißen. Und an den heißen Wettkampfpunkten – also im Zielbereich am Stadtgarten und an den Wechselzonen – wachsen schon längst die großen Zelte aus dem Boden. Die Logistik für den Datev Challenge ist Jahr für Jahr eine Herkulesaufgabe, für die rund 5000 freiwillige Helfer teilweise schon Tage vorher bienenfleißig werkeln.

Aber gemessen daran, dass am kommenden Sonntag Roth mal wieder Schauplatz einer heißen Weltrekordjagd sein könnte, läuft das Leben in der Kreisstadt südlich von Nürnberg doch erstaunlich ruhig ab. Die Rother sind es eben seit über 30 Jahren gewohnt, dass bei ihnen immer an einem Sonntag im Juli die Luft brennt.

Seit der weltbeste Triathlet Jan Frodeno im Februar angekündigt hat, diesmal den Challenge dem Ironman von Frankfurt vorzuziehen, heizt aber plötzlich wieder ein Thema die Vorfreude an, das eigentlich seit 2011 zu den Akten gelegt schien: Die Weltrekordzeit auf der Ultrastrecke über 3,8 km Schwimmen, 180 km Radfahren und 42 km Laufen. Frodeno hat selbst anklingen lassen, dass ihn dieses Ziel durchaus reizen würde, und Roth, das "Best Old Race", mit seinem bekannt schnellen Strecken ist wohl am besten geeignet dafür.

McCormack knackt die Bestzeit nicht

Veranstalter Felix Walchshöfer hat diese Idee im Kopf Frodenos gar nicht mit einer zusätzlichen Weltrekordprämie anheizen müssen, so, wie man das 2007 bei dem Australier Chris McCormack getan hatte. 85 000 US-Dollar Prämie waren 2007 ausgesetzt, abgesichert durch eine Versicherungsgebühr von 20 000 Euro.

Die Jahre zuvor war McCormack erfolglos gegen die Ultra-Schallmauer angelaufen, die der Belgier Luc van Lierde in 7:50:27 Stunden zementiert hatte. Wo? Natürlich am Festplatz in Roth. Das war schon 1997, das Jahr, in dem Jan Ullrich auch als erster Deutscher die Tour de France gewonnen hatte.

McCormack holte sich 2007 zwar seinen vierten Challenge-Sieg hintereinander, aber in 7:54 Stunden prallte er wieder einmal an van Lierdes Marke ab. Es sollte dann bis 2011 dauern, bis wieder ziemlich dicke Neueinträge in den Rekordlisten verzeichnet wurden. Erst drückte der Belgier Mario Vanhoenacker die Zeit seines Landsmannes um fast fünf Minuten nach unten. Das war beim Ironman in Klagenfurt, und damit war das Rother Rekordpflaster plötzlich seinen Ruf als schnellste Strecke der Welt los.

Außergewöhnliche Leistungen 2011

Weil sich die Ironman- und die Challenge-Serie damals ungefähr schon so gut vertrugen wie Chris McCormack und Lothar Leder, wenn sie miteinander auf der Ziellinie ankamen, gab’s einige Diskussionen über angeblich falsch vermessene Strecken in Klagenfurt – und wenig später ähnliche Streitgespräche über Roth.

Jan Frodeno greift in Roth nach der Bestmarke

Auslöser waren zwei ganz außergewöhnliche Leistungen am 10. Juli 2011. Es war die zehnte Austragung des Challenge, der 2002 die Ironman-Serie abgelöst hatte, und es war ein angemessenes Geburtstagsgeschenk. Andreas Raelert aus Rostock hatte in einem Triathlon der Superlative vor 180 000 Zuschauern die Bestzeit auf 7:41:33 Stunden gedrückt. Fiel einem für diese Leistung schon nur der Ausdruck "Wahnsinn" ein, machte einen der Auftritt einer fast immer strahlend lachenden Britin nur noch sprachlos.

Triathlon-Wunder-Frau Chrissie Wellington stellte in Roth schon ihre dritte Weltbestzeit auf: Diesmal 8:18:13 Stunden! Eine Marke wohl für die Ewigkeit, weil man sich derzeit einfach nicht vorstellen kann, dass in absehbarer Zeit noch einmal eine Triathletin in derartige Leistungsbereiche vordringen kann.

Enorm ausgeglichen

Bei Jan Frodeno ist das sehr wohl vorstellbar. Raelerts Bestzeit zwar von ganz hoher Qualität, aber sie ist eben nicht von einem anderen Stern. Frodeno, der mal in Saarbrücken, mal in Girona/Spanien lebt, kann alle drei Disziplinen auf höchsten Niveau absolvieren, ist ausgeglichen wie derzeit kein zweiter Triathlet der Weltspitze. Und der Olympiasieger von 2008 in Peking, bringt von seinen Jahren auf der Kurzstrecke eine Grundschnelligkeit in den Langstreckenbereich, die schlichtweg famos ist.

All dies und sein persönlicher Ehrgeiz könnten genau die Mischung ergeben, die am Sonntag auf dem Festplatz so kurz nach 14 Uhr die Rother Triathlon-Traumfabrik wieder mit einer neuen Weltbestzeit befeuern könnte. Es wäre dann schon die zwölfte – ja, und vermutlich nicht die letzte.

Hier gibt es eine Grafik zur Strecke

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