Julia Gajer hat Hawaii im Blickfeld

4.7.2012, 17:38 Uhr
Julia Gajer hat Hawaii im Blickfeld

© Distler

„Julia Wagner glückte ein Traum-Debüt“, titelte im vergangenen Jahr die NZ über die Zweitplatzierte bei der zehnten Auflage des Challenge Roth. In 8:56:23 Stunden wurde die Triathletin aus Tübingen bei ihrem ersten Rennen über die Langdistanz auf Anhieb Zweite mit einer Zeit, die bei anderen Rennen für den ersten Platz gereicht hätte. Schließlich musste Julia Wagner nur Chrissie Wellington vorbeiziehen lassen, die Ausnahmeathletin aus Großbritannien, die zum zweiten Mal in Folge ihre eigene Weltbestzeit in Roth unterbot (8:18:13 Stunden).

In diesem Jahr pausiert Wellington. Julia Gajer, wie die Vorjahreszweite nach ihrer Hochzeit im November vergangenen Jahres heißt, gilt beim Challenge Roth am Sonntag (Start 6.30 Uhr) als Favoritin. Spannender soll es in jedem Fall werden als im Vorjahr, hofft Rennleiter Felix Walchshöfer. „Das Damenfeld ist ausgeglichener als 2011.“ Die Regensburgerin Sonja Tajsich und die Engländerin Rachel Joyce hält er für die größten Konkurrentinnen der Senkrechtstarterin des vergangenen Jahres.

Im Leben von Julia Gajer hat sich in den vergangenen zwölf Monaten eine Menge verändert: Sie hat nicht nur geheiratet, sondern ist Anfang des Jahres auch nach Ditzingen umgezogen und nach ihrer abgeschlossenen Promotion in pharmazeutischer Chemie seit dieser Saison Vollprofi. Ende 2007 hat die heute 29-Jährige ihr Studium abgeschlossen, anschließend vier Jahre lang promoviert. „Ich habe ganztags im Labor gearbeitet.“ Sie hat an der Universität Freiburg Testsysteme für neue Krebsmedikamente entwickelt. Heute hilft sie nur ab und zu stundenweise in einer Apotheke in Stuttgart aus. Die volle Konzentration gilt dem Triathlon, ihren Trainingsumfang hat sie auf 25 bis 30 Stunden pro Woche erhöht.

Zum Triathlon ist die gebürtige Hannoveranerin während ihrer Studienzeit gekommen. Als sie noch zur Schule ging, begann sie zu schwimmen. Damals hatte sie nur im Fernsehen mitverfolgt, dass Thomas Hellriegel als erster deutscher Athlet den Ironman Hawaii 1997 gewonnen hatte. Weil das Studium sehr zeitintensiv gewesen sei, hat sie nach ihrem Abitur zwei Jahre lang pausiert. Dann begann sie zu laufen. „Ich wollte einen Ausgleich haben“, sagt sie. „Als ich in einer Uni-Sportgruppe war, habe ich mir dann 2006 ein Rennrad gekauft.“ Im Jahr 2008 bestritt sie ihren ersten Triathlon über die olympische Kurzdistanz.

Der Wettkampf am Sonntag über 3,8km Schwimmen, 180km Radfahren und 42,195km Laufen wird erst Julia Gajers zweites Rennen über die Langdistanz sein. Ihre Ergebnisse aus der Vorbereitung stimmen sie optimistisch: Mitte Juni hat sie beim Challenge Kraichgau den Europameistertitel über die Mitteldistanz geholt. „Außerdem läuft das Training richtig rund“, meint sie.

Der Challenge Roth sei heuer ihr absoluter Saisonhöhepunkt. Auf Hawaii startet sie 2012 noch nicht. Seit der Qualifikationsmodus auf ein neues System umgestellt worden ist, sei es viel schwieriger, sich ein Ticket für den legendären Ironman zu sichern. „Mein ganz großes Ziel ist es, das nächstes Jahr zu schaffen.“ Deshalb wolle sie ab Herbst Punkte für Hawaii 2013 sammeln.

Ihre Karriere als Pharmazeutin wird Julia Gajer während ihrer aktiven Sportlerlaufbahn zurückstellen: „Beides auf hohem Niveau zu machen, geht nicht.“ Der Triathlon sei eine einmalige Chance, die sie in drei Jahren nicht mehr bekommen werde. „Apotheker werden überall gesucht, auch in der Industrie, in Krankenhäusern und in der Forschung, auch wenn mir klar ist, dass ich eine wissenschaftliche Karriere dann nicht mehr einschlagen brauche.“ Das Studium und die Promotion im Hintergrund lassen sie gelassener an ihren Sport herangehen. „Meine größte Stärke ist meine Ausgeglichenheit und die mentale Stärke, dass ich niemals aufgebe“, sagt die 29-Jährige, deren Mann Doktor der Biologie ist.

Wenn Julia Gajer am Sonntag gewinnt, steht ihre richtig große Party dennoch erst am 29. September an: Dann heiratet sie auch noch kirchlich. Den Zeitpunkt hat sie zum einen ausgesucht, weil das Wetter in den Vorjahren im September immer schöner gewesen sei als im Juli und August. Außerdem hat sie natürlich auf ihren Wettkampfkalender geblickt: „Eine Woche nach Roth hätte ich zum Beispiel nicht auf hohen Schuhen laufen können.“

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