Kanada ist zu stark: Seidenberg stürzt den Favoriten nicht

18.5.2017, 22:37 Uhr
Kanada ist zu stark:  Seidenberg stürzt den Favoriten nicht

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Zwölf schöne Tage lang wurde im Kölner Stadtteil Deutz ein herrliches Eishockeyfest gefeiert. Die Wirte rund um die Lanxess Arena freuten sich über das gute Mittags- und das sehr gute Mitternachtsgeschäft, zwischendurch zog der lettischrote-blau-gelbe Gaudiwurm weiter in die herrliche Multifunktionsarena, um ein wenig Eishockey zu schauen und am nächsten Tag konnte der Deutsche Eishockey-Bund (DEB) stolz mit ordentlichen Zuschauerzahlen beeindrucken. Diese 81. Eishockey-WM war zumindest in Köln ein voller Erfolg - bis die russische Mannschaft die Stadt für zwei Tage verlassen musste.

Nicht mehr als Routine

Als die deutsche Eishockey-Nationalmannschaft am Donnerstagabend zu ihrem Viertelfinalspiel gegen Kanada aufs Eis stürmte, sah es auf den Rängen so aus, als würden die Kölner Haie gegen die Fischtown Pinguins aus Bremerhaven antreten. Schon am Nachmittag, als sich Finnland mit einem zynischen 2:0 gegen die USA ins Halbfinale mogelte, wurde die offizielle Zuschauerzahl (8968) dem traurigen Auditorium nicht gerecht. Vielleicht waren die Ticketpreise (45 Euro für einen Stehplatz) zu unverschämt. Vielleicht hatten die treuen Fans nicht mir einer Viertelfinalteilnahme gerechnet. Vielleicht wollten sie aber auch einfach nicht dabei sein, wenn eine tapfer kämpfende deutsche Mannschaft ausscheidet. Denn natürlich war dieses 1:2 nicht mehr als Routine.

Deutschland hatte Chancen, diesem Abend trotz der müden Stimmung in der Arena etwas Schwung zu verleihen: Zum Beispiel, als es Yannic Seidenberg verpasste, den Puck am langen Pfosten aus der Luft ins Tor zu drücken (18. Minute); als Christian Ehrhoff den Querpass des geduldigen Leon Draisaitl nicht kontrollieren konnte; oder als Dennis Seidenberg den Puck auf 152 km/h beschleunigte, Calvin Pickard aber nicht eingreifen musste, weil der Puck hinter ihm in der Bande einschlug und nicht im Netz (38.). Sehr viel mehr Möglichkeiten, ein Tor zu schießen, boten sich den Gastgebern nicht. Weil die Kanadier ihr erstes WM-Spiel in Köln zuweilen etwas lässig angehen ließen, entstand die Illusion einer spannenden Partie. Es schien sogar so, als könnten Brooks Macek, Dennis Reul und der Nürnberger Yasin Ehliz mit harten Checks körperlich mithalten. Tatsächlich aber waren die Kanadier in nahezu jeder entscheidenden Situation handlungsschneller.

Weil Draisaitl nicht wie jener Übermensch auftrat, zu dem er in diesen Tagen emporgeschrieben wird und sich ungewohnt viele kleine technische Fehler leistete, war es allein der deutsche Torhüter der dagegenhalten konte, wenn die Kanadier immer mal wieder Tempo und Intensität steigerten. Im ersten Drittel pflückte Philipp Grubauer einen Pfostenschuss von Ryan O'Reilly herunter (4.), im zweiten Drittel behielt er die Übersicht, als die Kanadier nach der vierten aussichtsreichen, von Konrad Abeltshauser allerdings vergebenen Schusschance für drei Wechsel ernst machten.

Scheifele? Unappetitlich!

Seine Tore erzielte der 26-malige Weltmeister unspektakulär, aber stets zum richtigen Zeitpunkt, um die Moral ihrer Gegner auf dem Gang in die Kabine zu schwächen. Bevor Mark Scheifele ins Toreck jagte, schien O'Reilly den Puck bereits am Pfosten vertändelt zu haben (18.). Und der wendige Jeff Skinner brauchte den Puck nach einem abgewehrten Schuss von Michael Matheson nur mit der Rückhand um Grubauer herum ins Tor zu ziehen (39.). Stimmung kam danach nur noch auf, wenn Plüsch-Asterix und Plüsch-Obelix ein paar Fans zum Tanzen animierten.

Im letzten Drittel dieser WM mit deutscher Beteiligung wurde es nur noch viermal lauter, als Ehrhoff und Felix Schütz (46.) über das Tor schossen und als die offizielle Zuschauerzahl verkündet wurde. Nicht einmal mit allen Spieler, Trainern, Volunteers und Bierverkäufern befanden sich 16.653 Menschen in der Arena. Plötzlich aber erwachte das Auditorium. Ehrhoff hatte Yannic Seidenberg auf die Reise geschickt und als der Kapitän von Meister München den Alleingang souverän abschloss, kehrten Lautstärke und Hoffnung zurück (54.).

Kanada zitterte sich ins Halbfinale. Gegner ist am Samstag Russland. Dann sollte die Arena wieder ausverkauft sein.

Deutschland: Grubauer; Reul/Ehrhoff, Seidenberg/Müller, Abeltshauser/Hördler – Seidenberg/Kahun/Kink, Ehliz/Draisaitl/Reimer, Plachta/Hager/Macek, Wolf/Tiffels/Fauser.

 

Kanada: Pickard; Parayko/Vlasic, Demers/de Haan, Matheson/Morrissey, Lee - MacKinnon/Scheifele/Skinner, Simmonds/Giroux/O'Reilly, Killorn/Couturier/Duchene, Konecny/Point/Marner, Schenn.

 

Tore: 0:1 Scheifele (O'Reilly/Marner – 17:11/5-4), 0:2 Skinner (Matheson/Scheifele – 38:08), 1:2 Y. Seidenberg (Ehrhoff - 53:21/4-5). - Schiedsrichter: Hribik/Stricker. - Zuschauer: 16.653.

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